YouTube-Familie vergleicht Abtreibung mit dem Holocaust
Der YouTube-Kanal „The LaBrant Fam“ ist eigentlich bekannt dafür, Vlogs über das Leben der christlichen Familie LaBrant zu zeigen. In einer neuen Dokumentation wollen sich die Eltern Cole und Savannah jetzt jedoch dem Thema Abtreibung widmen – und vergleichen diese prompt mit dem Holocaust.
Für ihre Aussagen bekommen die beiden jetzt einen Shitstorm.
YouTube-Dokumentation über Abtreibung
Mit mehr als 13 Millionen Abonennten zählt „The LaBrant Fam“ zu einem der erfolgreichsten Familien-Channel auf YouTube. Das Ehepaar Cole und Savannah zeigt dabei in regelmäßigen Vlogs den Alltag der fünfköpfigen Familie. Sie posten unter anderem Video zu den Tanzkursen der ältesten Tochter, Geburtstagsparys und Savannahs Schwangerschaft mit Baby Nummer 4. Häufig thematisiert wird auch der christliche Glaube der Familie.
Vater Cole machte etwa kein Geheimnis daraus, dass er seine Jungfräulichkeit erst nach der Hochzeit mit Savannah verlieren wollte und postete im Anschluss stolz auf Twitter darüber. Der Glaube an Gott war auch ein Grund für das neueste Projekt der Familie: Eine Dokumentation zum Thema Abtreibung
YouTuber vergleichen Abtreibung mit Holocaust
Die Dokumentation startet mit Bildern eines wachsenden Fötus und zeigt die Entwicklung des Babys im Mutterleib. Anschließend wird erklärt: „Die Abtreibung ist die wohl am stärksten polarisierende, hitzige und kontroverse Bürgerrechtsfrage seit 1973, als die Abtreibung in den USA legalisiert wurde. Es gibt so viel Leidenschaft auf beiden Seiten
und es scheint keinen Mittelweg zu geben und praktisch keine humanen Gespräche.“
Die Rede ist von „so viel Wut und so viel Hass“, wenn es um das Thema Abtreibung geht. Doch mit dem Video will die Familie ein Ziel erreichen: „Inmitten von all dem glauben wir wirklich dass Liebe die Antwort ist. Anstatt pro-life zu sein oder pro-choice; ist es für uns möglich, pro-love zu sein? Ist es uns möglich, sowohl die Mutter als auch das Baby zu lieben?“
Im Anschluss an diese einleitenden Worte werden Zahlen auf dem Bildschirm gezeigt. Zahlen, die scheinbar verdeutlichen sollen, welche Ausmaße Abtreibung in Amerika hat. Zunächst werden dafür die Opfer des Genozids in Ruanda, dann die Opfer des Holocaust in Zahlen verdeutlicht. Abschließend werden dann die Abtreibungen in den USA gezeigt.
„Wo ist Gottes Herz, wo ist die Wahrheit und der Frieden inmitten all des Chaos und der Lügen.“
Wem die Meinung der LaBrants noch nicht eindeutig genug ist, bekommt diese kurze Zeit später noch deutlicher zu spüren als in der Dokumentation erklärt wird: „Jeden Tag sterben in Amerika 100 Menschen bei Autounfällen 1.300 Menschen sterben durch Rauchen. 800 Menschen sterben an Herzkrankheiten, die laut CDC [Anm. Centers for Disease Control and Prevention; eine Behörde des US-amerikanischen Gesundheitsministeriums] die häufigste Todesursache in den USA sind. Aber es gibt noch eine andere, noch tödlichere Todesursache als Herzkrankheiten“, sagt die moderierende Stimme, bevor die Definition der Abtreibung beschrieben wird.
Das Ehepaar will mit der Dokumentation Aufklärungsarbeit leisten. Sie wollen herausfinden: „Wo ist Gottes Herz, wo ist die Wahrheit und der Frieden inmitten all des Chaos und der Lügen.“ Dass ihre Ansichten dabei auf viel Kritik stoßen könnte, scheint ihnen bewusst zu sein. Aber: „Wenn nur ein einziges Baby davor bewahrt wird, wenn eine einzige Mutter sich dafür entscheidet, ihr Baby davor zu bewahren, dann ist es das alles wert“, sind sich die beiden sicher.
Eigene Erfahrungen als Legitimierung für „pro-love“-Einstellung
Eine Entscheidung, die Savannah auch mit ihrer eigenen Erfahrung legitimieren will. Denn sie wurde mit 19 Jahren schwanger. Damals war sie noch nicht mit Cole verheiratet, sondern hatte einen anderen Partner. Sie entschied sich dafür, das Baby zu behalten, auch wenn sie „Angst davor hatte, wie die Zukunft aussehen würde, wie mein Leben aussehen würde“.
Rückblickend ist sich Savannah sicher: „Am Ende war es das wert.“ Auch Coles Großmutter wäre beinahe zu einer Abtreibung gezwungen worden, da sie mit 18 Jahren schwanger wurde. Doch sie bekam das Baby. Ein Grund mehr für Cole, jetzt für seine „pro-love“ Einstellung zu werben. Teil der Dokumentation sind unter anderem Ärzte, religiöse Vertreter, Teen-Moms und Aktivistinnen und Aktivisten, die sich gegen die Abtreibung einsetzen.
Am Ende der Dokumentation wird dann noch Psalm 139 aus der Bibel zitiert. Die Dokumentation endet also mit den Worten: „Denn du hast mein Inneres geschaffen, mich gewoben im Schoß meiner Mutter. Ich danke dir, dass du mich so wunderbar gestaltet hast.“
Dokumentation sorgt für Shitstorm
Die 38-minütige Dokumentation wurde mittlerweile mehr als 2,5 Millionen Mal gesehen – und stößt kurz nach der Veröffentlichung auf viel Kritik. Denn für viele ist das Video einfach nur geschmacklos. User betonen online, dass die LaBrant-Familie mit ihrer Meinung vor allem toxische „pro-life“-Meinungen verbreitet und die Rechte der Frauen auf eine eigene Entscheidung nicht schätzt oder fördert.
Eine Userin nennt das Video etwa „ein einseitiges Schuldzuweisungsvideo“ und kritisiert, dass die Familie nur eine einseitige Dokumentation veröffentlicht hat, in der die Schwierigkeiten einer ungewollten Schwangerschaft nicht erwähnt werden. „Ein Schwangerschaftsabbruch ist eine Entscheidung, ganz einfach. Eure Überzeugungen haben KEINEN Einfluss auf das Recht einer anderen Person, sich zu entscheiden. Dieser Dokumentarfilm schürt nur die offensichtlichen Bestrebungen, diese Entscheidung illegal zu machen. Vielen Dank an die Familie Labrant für ihre Angstmacherei und religiösen Schuldzuweisungen“, fährt die Userin fort.
Besonders kritisch sehen viele die Doku auch, da die LaBrant Familie eine sehr junge Community und Fanbase hat. Viele kritisieren, dass das neue Video eben diese jungen Follower jetzt manipuliert. Es sei eine der „ekelhaftesten Nutzungen einer Online-Plattform, die ich je gesehen habe“, betont eine Userin etwa. Besonders viel Kritik gibt es abschließend auch für den Vergleich der Todeszahlen und den Vergleich einer Abtreibung mit dem Holocaust. „Die Familie LaBrant und alle, die mit dieser ‚Dokumentation‘ zu tun haben, sollten sich wirklich schämen“, schreibt eine Userin.
Bisher haben sich weder Cole noch Savannah ausführlich zu dem Shitstorm geäußert. Die Kommentare wurden unter dem Video deaktiviert; auch Coles Twitter-Account enthält keine Tweets mehr. Auf Instagram posten beide jedoch weiterhin Storys und teilten unter anderem einen Bibelvers.