„Wir haben Platz“ in Deutschland und Österreich: Menschen demonstrieren gegen Flüchtlingspolitik
Nach dem Brand im griechischen Flüchtlingslager Moria, kam es in Deutschland und Österreich zu Demonstrationen. Unter dem Motto „Wir haben Platz“ setzen sich Menschen für die Aufnahme von Geflüchteten aus Moria ein.
In Berlin, Leipzig, Hannover und der österreichischen Hauptstadt Wien gingen Menschen auf die Straße, um gegen die europäische Flüchtlingspolitik zu demonstrieren.
„Wir haben Platz“ für Flüchtlinge
Am 9. September kam es in zahlreichen deutschen Städten sowie in Wien zu Demonstrationen. Die Teilnehmer der Demos forderten eine menschenwürdige Politik und die Aufnahme von Flüchtlingen. „Wir haben Platz“, so lautete das Motto der Demonstranten. In Wien marschierten etwa 350 Menschen vom Platz der Menschenrechte über die Ringstraße schließlich zum Haus der Europäischen Union. Für 11. September ist zudem erneut eine Demo geplant. Sammelort ist der Ballhausplatz. Der Aufruf zur spontanen Demonstration in der österreichischen Hauptstadt kam übrigens von „Cross Border Solidarity Wien“ und „Migrantifa Wien“. Diese fordern eine sofortige Evakuierung der rund 13.000 Bewohner von Moria und vollständige Reisefreiheit für die Geflüchteten.
In Berlin waren es bei der Demo am Mittwoch sogar rund 3.000 Menschen. Zu den Kundgebungen in Deutschland hatte die Internationale Liga für Menschenrechte aufgerufen. Mehrere deutsche Bundesländer, darunter auch Berlin, haben sich bereit erklärt, Geflüchtete aufzunehmen. Dies werde allerdings durch die Bundesregierung verhindert, erklärt die Liga für Menschenrechte. „Wir fordern die EU-Kommission und Bundesregierung auf, sofort zu handeln, die Menschen aus den Lagern zu holen und in der Europäischen Union aufzunehmen!“, hieß es.
„Diesen Brand hat Europa gelegt“
Auf Transparenten und Schildern in Wien war in Anspielung auf die Abschottungspolitik der EU unter anderem zu lesen „This fire was set by Europe“ („Diesen Brand hat Europa gelegt“) sowie „Entmenschlichung und Mord, das ist europäische Tradition“. In der Nacht von 8. September auf 9. September brannte das größte griechische Flüchtlingslager Moria auf der Insel Lesbos ab. Mehr als 12.000 Menschen wurden dort durch das Feuer obdachlos. Der Vorfall führte zudem innerhalb der EU erneut zu einem Streit über die europäische Flüchtlingspolitik aus. Denn diese sei laut den Kritikern unmenschlich.
Deutschland und Frankreich wollen Minderjährige aufnehmen
Vor allem Deutschland und Frankreich haben nach dem Brand angekündigt, unbegleitete Minderjährige aus dem abgebrannten Camp aufzunehmen. Die deutsche Bundesregierung habe sich mit rund zehn EU-Ländern darauf verständigt, etwa 400 unbegleitete Minderjährige aufzunehmen. Damit werde Deutschland voraussichtlich 100 bis 150 Minderjährige aufnehmen, sagte der Bundesinnenminister auf einer Pressekonferenz mit dem Vizepräsidenten der EU-Kommission, Margaritis Schinas. Frankreich werde neben Deutschland außerdem die meisten Menschen ins Land lassen.
Österreichs Außenminister hält die Debatte für zu emotional
Österreich und die Niederlande hingegen haben sich gegen eine Aufnahme von Migranten aus dem Lager in Moria ausgesprochen. „Wir müssen sehr vorsichtig sein, dass wir hier nicht Signale ausschicken, die dann eine Kettenreaktion auslösen, der wir vielleicht nicht mehr Herr werden“, sagte der österreichische Außenminister Alexander Schallenberg in der ZiB2. Er hält die Debatte für zu emotional. Die Koalition aus ÖVP und Grüne scheint bei diesem Thema aber gespalten zu sein. Der grüne Vizekanzler Kogler reagierte im Gespräch mit der Tageszeitung „der Standard“ auf die Aussagen des ÖVP-Außenministers. „Ich erwarte mir mehr europäischen Geist und mehr Menschlichkeit und weniger Zynismus. Österreichs internationales Ansehen war immer getragen von dieser Menschlichkeit und solidarischem Verhalten in Europa und in der Welt.“ Der Vizekanzler fordert die Aufnahme von Flüchtlingen.
Auch der österreichische Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat auf Facebook indirekt eine Aufnahme von Flüchtlingen gefordert. Geflüchtete Menschen in Moria und besonders Kinder ohne Eltern „brauchen jetzt unsere Hilfe“.