Wie man Depressionen vorbeugen kann
Gerade in der grauen Jahreszeit kennen viele diese Gedanken: Wenn ich mir doch jetzt einfach die Decke über den Kopf ziehen könnte und gar nicht erst aufstehen müsste! Meist verziehen sich diese trüben Gefühle von ganz allein wieder. Depressiv ist man erst, wenn mehrere Anzeichen zusammenkommen und mindestens zwei Wochen permanent anhalten. Wer ständig bedrückt, freudlos und erschöpft ist, schlecht schläft, keinen Appetit hat oder sich nicht konzentrieren kann, hat möglicherweise eine Depression entwickelt, erläutert Prof. Ulrich Hegerl.
Dass es für die miese Stimmung eines an Depression Erkrankten einen Grund geben muss, ist ein häufig vorkommendes Missverständnis. Ob jemand depressiv wird oder nicht, hat vielmehr mit Veranlagung zu tun. „Es gibt Menschen, die erleben viel Frust und bekommen nie eine echte Depression.“ Bei anderen fragt man sich: Wie kann dieser gesunde, erfolgreiche und in einer glücklichen Partnerschaft lebende Mensch bitte depressiv sein? „Dass sie jeden treffen kann und nicht nur den, der scheinbar Gründe dafür hat, das ist eine ganz wichtige Erkenntnis.“
Wer die Veranlagung hat, ist nie davor gefeit, in eine Depression zu rutschen. Trotzdem kann jeder das Risiko ein wenig minimieren. „Da ist die oft zitierte Achtsamkeit sich selbst gegenüber“, sagt Experte Armin Rösl. „Wenn man merkt, man bürdet sich zu viel auf, sollte man sich selbst gegenüber ehrlich sein und sagen: „Ich muss mal kürzertreten“.“
Erdrückende Depression abfangen
Eine Depression, betont der Experte, habe nie eine einzige Ursache. Meist schleppt man schon seit langer Zeit einen Rucksack mit sich herum, der immer schwerer geworden ist. Um in dem Bild zu bleiben: Es gibt Menschen, die können einen Rucksack mit 20 oder 30 Kilo tragen. Aber wenn dann noch ein weiteres Kilo dazukommt, brechen sie zusammen. Darum ist es wichtig, Zeit für sich zu haben – zum Sport, zum Lesen, zur Entspannung.
Was Rösl immer wieder hilft, ist das Zurückziehen in sich selbst, wie er sagt. Damit meint er nicht das Grübeln, sondern ein Besinnen auf die eigenen Stärken. „Vielleicht hilft es als Schutz, dass man sich selbst immer wieder egoistisch auf die Schulter klopft und sagt: Ja, ich habe was geschafft, ja, ich habe hier auf der Welt meinen Platz.“
Nicht nur für Depressionsanfällige, sondern für jeden Menschen hilfreich ist laut Hegerl, im Leben eine gewisse Balance zu halten. Was will ich? Was kann ich? Und was tue ich also? Statt sich mit übertriebenen Ansprüchen selbst zu überfordern, gelte es zu lernen, sich auch mal abzugrenzen und „Nein“ zu sagen. Selbst jemand, der eine Veranlagung für depressive Krankheitsphasen hat, kann so sein Risiko, in eine Depression zu rutschen, reduzieren.
Ungünstig ist – so paradox es klingt – viel Schlaf. Da entsteht ein Teufelskreis, beschreibt Hegerl: Die Menschen sind erschöpft und müde, gehen früh schlafen, „wachen am Morgen aber nie erholt auf.“ In Depressionsstationen wird deshalb Schlafentzug angeboten. Aber auch der Einzelne kann das in Maßen im Blick haben. „Man kann versuchen, etwas gegenzusteuern, indem man die Zeit im Bett auf circa acht Stunden beschränkt und sich auch tagsüber nicht hinlegt.“
Was jedoch bei aller Vorbeugung wichtig ist: schnell zu reagieren, wenn die Depression da ist. „Alleine kommt man nicht raus“, betont Rösl. Der Weg führt oft zuerst zum Hausarzt. Dort werden laut Hegerl die meisten depressiv Erkrankten behandelt. „Wenn sich die Depression auch nach mehreren Wochen nicht bessert oder schwer ausgeprägt ist, dann kann man auch direkt zu einem Facharzt gehen, das heißt zu einem Psychiater oder Nervenarzt.“