Wer hat Angst vorm Krampus?
Der 5. Dezember ist der Tag, an dem unsere schlimmsten Kindheitserinnerungen wieder anklopfen. Es ist der Tag des Krampus. Aber woher kommt der finstere Geselle eigentlich? Weil Konfrontation bekanntlich die wirksamste Technik gegen Furcht ist, haben wir uns über ihn schlau gemacht.
Der Krampustag: Ein Tag zwischen Adrenalinkick und Todespanik
Woher kommt der Krampus?
Es gibt einen Tag im Jahr, an dem wir versuchen vor Einbruch der Dunkelheit im Schutz der eigenen vier Wände zu sein. Ein Tag, an dem wir bei Glockengeläut regelrecht zusammenzucken. Es ist der 5. Dezember und es ist der Krampustag. Ein Moment im Jahr, wo im besonderen Landkinder wie ich von alten Ängsten heimgesucht werden. Es sind Erinnerungen, wie wir beim Anblick vom Krampus voller Panik unter den nächstbesten Rockkittel gekrochen sind. Tja, auch Mama kann sich daran noch gut erinnern ;-). Dieses Jahr wollen wir es anders machen. Anstatt uns zu verkriechen, wollen wir uns dem Dämon stellen. Und wie könnten wir das besser, als uns über ihn schlau zu machen? Hier sind die Fakten.
Der Name der pelzigen Teufelsgestalt kommt aus dem mittelhochdeutschen „Krampen“ für Kralle oder im bairischen „Krampn“ als Bezeichnung für etwas Lebloses, Vertrocknetes. Wie diese Assoziation bereits erahnen lässt, sieht die Figur ziemlich furchterregend aus. Fies dreinblickende Fratze, spitze Hörner, zotteliges Fell – eine dämonische Gestalt eben. Seine Accessoires sind Glocken, mit denen er laut bimmelnd auf sich aufmerksam macht, eine Rute, von der er auch Gebrauch macht und eine rasselnde Kette, die an den in der Hölle angeketteten gefallenen Engel Luzifer erinnern soll. Und weil das noch nicht genug des Bösen wäre, ist er nicht alleine unterwegs, sondern scharrt eine Reihe anderer Fratzengesellen um sich.
War der Krampus immer schon böse?
Doch die mythologische Erscheinung des Krampus war nicht immer „Evil“. Die gruselige Verkleidung und der Krach in langen Winternächten war nämlich ursprünglich da, um das Böse zu vertreiben. Um 400 n. Chr. findet sich bei Kirchenlehrer Augustinus ein erster schriftlicher Hinweis, der das Brauchtum zu etwas Ungesetzlichem und Verbotenem erklärte. Niemandem war mehr erlaubt, sich als teuflische Gestalt zu verkleiden. An schwer zugänglichen Berggebieten wurde die Tradition jedoch weitergeführt.
Anderenorts durfte der Krampus nur noch an der Seite des heiligen Nikolaus raus. Seither ziehen die beiden gemeinsam um die Häuser. Während der Nikolaus Kinder prüft und brave beschenkt, werden unartige Kinder vom Krampus bestraft. Heute ist dieser Brauch zum Glück als „schwarze Pädagogik“ verpönt. Der Nikolaus kommt nur noch bestellt in milder Form und ohne den Krampus in die Häuser.
Der heutige Krampus
Parallel dazu verbreiteten sich wieder seit Ende des 19. Jahrhunderts die Krampusumzüge im gesamten Habsburgerreich. Die sogenannten Krampuspassen machten wieder mit lautem Lärm die Gassen unsicher. Diesmal aber vielmehr, um vorbeikommende Passanten zu erschrecken. Und sie machten Gebrauch von ihrer Rute. Es galt auch, als verbreitete Mutprobe, die Krampen zu reizen und von ihnen gejagt zu werden, ohne sich dabei erwischen zu lassen. Nach zahlreichen Ausschreitungen und Gewaltausbrüchen von Seiten der Krampen und den Passanten gibt sich der „gute Kampus“ heute wieder zahmer.
Beim Krampusknigge gilt absolutes Alkoholverbot. Der renommierte Krampus soll sich mit guter Menschenkenntnis auf zwischenmenschliche Situationen einstellen können und dementsprechend zahm oder wild auftreten. Mit seiner Rute soll er heute vielmehr unterhalten, als zuschlagen. Heute wird das Brauchtum eventträchtig und kinderfreundlich vermarktet. Die Krampen posieren geduldig fürs Familienalbum, nehmen ihre Masken zwischendurch ab und lassen Kinder mitlaufen. Zu den größten Umzügen gehört der Krampuslauf im österreichischen St. Johann im Pongau, der am 6. Dezember stattfindet.
Letzter Versuch: Zehenwackeln
Krampus gut – Ende gut? Wer noch nicht ganz vom „guten Krampus“ überzeugt ist, der kann eines der zahlreichen Angst-Seminare besuchen, die von Krampusvereinen alljährlich angeboten werden. Hier lernt man die Menschen hinter den Masken kennen, kann auch mal selbst die Perspektive eines Krampus einnehmen und das alte Brauchtum zu schätzen lernen. Und wer bei Glockengeläut immer noch in Panik gerät, dem raten Mentalexperten einfach ein paar Minuten mit den Zehen zu wackeln. Das soll uns nicht nur ablenken, sondern unserem Gehirn Signale senden, dass alles in bester Ordnung ist.