Was uns die Corona-Krise über Frauen als Führungskräfte sagt
Deutschland, Neuseeland, Taiwan, Finnland, Dänemark und Island: Diese Länder sind mit der Corona-Pandemie im weltweiten Vergleich bisher sehr erfolgreich umgegangen. Doch die Staaten eint noch ein weiteres Detail.
Denn sie alle haben Frauen an der Regierungsspitze.
Der große Corona-Ländervergleich
Die Pandemie hat nahezu alle Länder der Welt getroffen. Besonders am Anfang hat das Coronavirus die mediale Berichterstattung dominiert. Mehrmals täglich wurden die Infektionszahlen wie auch die Todeszahlen pro Land upgedatet. Irgendwie entwickelte sich das Ganze schließlich zu einem Wettbewerb. Wer ist auf Platz Eins? Wer hat am meisten Fälle? Wie hoch sind die Todeszahlen im Verhältnis? Wen trifft die Krise am härtesten?
Es wurden die Notfallstrategien der Länder verglichen. Gibt es einen Lockdown? Wie streng ist er? Sind die Maßnahmen früh genug gesetzt worden? Wie verhalten sich die Politiker? Wie verhält sich die Bevölkerung? Menschen vergleichen sich gerne. Das hat auch die Corona-Krise gezeigt. Und in dieser Vielzahl an Rankings kristallisierte sich heraus, dass besonders jene Länder, an deren Regierungsspitze Frauen sitzen, glimpflich durch die Ausnahmesituation kamen. Und so war es auch nur eine Frage der Zeit, bis es zum nächsten Vergleich kam: männliche vs. weibliche Führungskräfte!
Frauen scheinen Corona-Krise gut im Griff zu haben
Taiwan gilt als eines der Länder, das die Corona-Krise relativ schnell in den Griff bekommen hat. Bei einer Einwohnerzahl von 24 Millionen Menschen melden die Behörden unter 500 Infizierte. Die taiwanesische Regierung unter Präsidentin Tsai Ing-wen hat zudem Hilfspakete von rund zwei Milliarden US-Dollar beschlossen, um die Auswirkungen der Krise auf die Wirtschaft zu bremsen. 9.079 Kilometer südlich von Taiwan verkündete vor wenigen Tagen Neuseelands Premierministerin Jacinda Ardern, dass ihr Land keine aktiven Coronavirus-Fälle mehr verzeichne. Der Lockdown in Neuseeland galt als einer der strengsten weltweit. Man wollte die Ausbreitung des Virus nicht verlangsamen, sondern auslöschen. Auch Deutschland, Finnland, Dänemark und Island kamen vergleichsweise gut durch die Krise. Sie alle haben mit Angela Merkel, Sanna Marin, Mette Frederiksen, und Katrin Jakobsdottir Regierungschefinnen.
Aufgrund dieser Tatsache kam es bald zu Berichten darüber, wieso gerade Frauen scheinbar unbeirrt und stark ihre Länder durch die Krise führen. Frauen hätten einen anderen Führungsstil, eine andere Art und Weise, Macht auszuüben. Sie hätten mehr Empathie und Vertrauen. Gegenüber der Zeit erklärte die israelische Soziologin Eva Illouz: „Frauen achten auf Menschen und deren Wohlergehen, Männer indes auf Ökonomie.“ Demnach seien Frauen so sozialisiert, dass die „ökonomisch, medizinisch und sozial vorausschauender“ handeln würden.
Frauen werden in Geschlechterrollen gesteckt
Man wollte wohl die Riege der erfolgreichen Regierungschefinnen hernehmen, um mit dem weiterhin bestehenden Geschlechterklischee, dass Frauen die schlechteren Führungskräfte seien, endlich aufzuräumen. Das ist gut so. Denn diese veraltete Sicht der Dinge gehört auch endlich abgeschafft. Frauen sind ebenso gute Führungskräfte wie Männer oder binäre Personen. Denn das Geschlecht hat nichts mit der Qualifikation für eine Führungsposition zu tun. Doch während man Berichte darüber verfasste, dass Frauen wohl die besseren Regierungsspitzen seien und analysierte, wieso das denn so ist, hat man die betroffenen Politikerinnen ganz nebenbei erneut in Geschlechterrollen gesteckt. Jacinda Ardern, Angela Merkel, Tsai Ing-wen: Sie alle sind gute Führungskräfte, weil sie als Frauen empathischer und friedlicher agieren? Nein! Sie sind gute Premierministerinnen, Präsidentinnen und Kanzlerinnen, weil sie eben gut sind, indem was sie tun.
Donald Trump und Boris Johnson haben während Krise wohl international für das ein oder andere Kopfkratzen gesorgt. Der US-Präsident ging dabei sogar so weit, dass er nahelegte, Forscher sollen prüfen, ob eine Injektion mit Desinfektionsmittel gegen das Coronavirus helfen könnte. Hat man ihren Führungsstil darauf reduziert, dass sie Männer sind? Wieso macht man es dann mit Jacinda Ardern und Co.?