Was an Clubhouse so problematisch ist
Clubhouse heißt der neue Hype auf Social Media. Die App, die auf Audioinhalte und Exklusivität setzt, spaltet die Internet-Community.
Während einige das neue Angebot großartig finden, klagen viele über Hatespeech und Belästigung in den einzelnen Räumen. User berichten sogar von antisemitischen, rassistischen oder sexistischen Inhalten.
Das nicht mehr so exklusive Clubhouse
Als Kinder wollten wir alle Teil eines exklusiven Clubs sein. Irgendwie scheint das auch in unseren erwachsenen Köpfen noch verankert zu sein. Das erklärt, wieso die neue Clubhouse-App so boomt. In den letzten Wochen gab es einen regelrechten Hype darum, zumindest bei deutschen und österreichischen Influencern. Clubhouse nutzt nämlich die größte Angst des Menschen, um Aufmerksamkeit zu bekommen: FOMO. Die „Fear of missing out“ ist im digitalen Zeitalter mittlerweile regelrecht in unserer DNA verankert. Keiner möchte den neuesten Internet-Trend verpassen. Dieses Phänomen machen sich die Gründer von Clubhouse zunutze. Denn nur wer eine Einladung erhält, kann der neuen App, die sich noch immer im Beta-Stadium befindet, beitreten – so lautet zumindest die Legende. Tatsächlich gib es auch eine Warteliste, auf die man sich setzen lassen kann, um einen Zugang zu erhalten.
Eine gefinkelte Marketing-Strategie, die sich bezahlt macht. Denn war die App im Frühjahr 2020 lediglich ein Geheimtipp in der Gründerszene der US-Westküste, wurde sie im Mai bereits auf 100 Millionen US-Dollar geschätzt. Damals verzeichnete sie ein paar tausend User. Im Dezember kletterte die Zahl der Nutzer auf etwa 600.000. Das dahinter stehende Start-Up wurde durch den Stanford-Absolventen und ehemaligen Pinterest-Mitarbeiter Paul Davison und den ehemaligen Google-Mitarbeiter Rohan Seth gegründet.
Doch tatsächlich ist die Exklusivität der App nicht viel mehr als ein Marketing-Gag. Projektleiter von Saferinternet Matthias Jax erzählt: „Die Exklusivität ist nur eine künstliche Verknappung. Wenn man möchte, kriegt man einen Zugang.“ Er selbst habe sich nur auf eine Warteliste setzen lassen und kann die App mittlerweile benutzen.
Zu wenig Engagement gegen Hatespeech
Die Meinungen sind gespalten. Denn während die audiobasierte App, auf der User bei Gesprächsrunden zuhören und auch aktiv an ihnen teilnehmen können, frischen Wind in die Social Media-Landschaft bringt, hagelt es Kritik wegen Ausgrenzung, aber auch wegen rassistischen, rechtsradikalen oder sexistischen Gruppierungen, die auf der neuen Plattform eine Stimme erhalten. Für Influencerin, Aktivistin und Autorin Madeleine Alizadeh alias dariadaria ein Grund, der App keine zweite Chance mehr zu geben. Eugen Prosquill von Warda hingegen nutzt Clubhouse mittlerweile aktiv, um wöchentlich den Kontaktshark Club zu hosten und darin Business Talks zu führen.
„Das Problem ist, dass unterschätzt wird, wie schnell sich in so einer App Gruppierungen wiederfinden, die versuchen, zu provozieren und Grenzen auszuloten. Das ist ein ganz natürlicher Vorgang in jedem sozialen Netzwerk“, erklärt Matthias Jax. „Da wäre es schön gewesen, wenn sich die Gründer vorab Gedanken gemacht hätten, um Melde-Tools und Mechanismen einzuführen, die effektiv dagegen vorgehen“, fügt er hinzu. Und tatsächlich gibt es wachsende Kritik, dass sich unter die sogenannten „Räume“ von Clubhouse auch antisemitische, rechtsradikale, homophobe und sexistische Gesprächsrunden gemischt haben. Den Gründern der Szene wird vorgeworfen nicht genügend dagegen zu machen.
Live-Podcast in der Beta-Phase
Das junge soziale Netzwerk muss sich nun in seiner Beta-Phase mit demselben Problem auseinandersetzen, das die alten Haudegen wie Facebook, Twitter, Instagram oder auch Telegram schon lange kennen: Hatespeech. Die Gefahren kennen wir: Auf Telegram tummeln sich rechtsradikale Verschwörungstheoretiker. Und wie wichtig Social Media für die Radikalisierung von Gruppen ist, zeigte zuletzt der Twitter-Auftritt des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump. Anders als die großen Veteranen basiert Clubhouse aber rein auf Audio. Laut den Gründern erschwert es das, die „Räume“ zu moderieren und zu kontrollieren, da es nur eine Audioaufzeichnung gibt.
„Das ist die Ausrede der Gründer der App. Aber das stimmt nicht ganz. Denn die Räume selbst haben auch eine Bezeichnung. Das heißt, alleine durch die Bezeichnung der einzelnen Räume entscheide ich mich als Nutzer bewusst dafür, dort beizutreten und weiß, um welches Thema es geht. Und wenn ich sehe, dass es zum Beispiel ein antisemitisches Thema ist, dann kann man als Plattform bereits vorab reagieren“, erklärt Matthias Jax von Saferinternet. Doch das brauche auch Menschen im Hintergrund. „Wir sehen es bei Facebook und den anderen großen sozialen Netzwerken: Die haben große Probleme das in den Griff zu bekommen, weil es sich nicht komplett automatisieren lässt“, so Jax. Doch Clubhouse ist trotz des momentanen Hypes und seinem erfolgreichen ersten Jahr noch immer in der Anfangsphase.
Die Live-Podcast-App ist vielleicht das „Next Big Thing“ in der Welt von Social Media, aber ganz „Big“ ist sie eben noch nicht. Matthias Jax betrachtet die aktuelle Aufregung nüchtern: „Die App selbst hat eigentlich eine bedingte Reichweite. Es sind nicht unendlich viele Menschen darin. Und wenn ich mich mit dem Thema Antisemitismus oder anderen extremen Themen beschäftigen möchte, bietet das offene Internet noch immer viel mehr Möglichkeiten. Clubhouse ist momentan einfach interessant, weil es neu und hip ist.“
Willkommen im Club… oder doch nicht?
Die Gründer von Clubhouse haben bereits angekündigt, an den Problemen mit Hatespeech zu arbeiten. Doch es ist nicht die einzige Kritik, mit der sie sich auseinandersetzen müssen. Datenschützer geben zu bedenken, dass Nutzer der App Zugang zu ihrem Adressbuch geben müssen, um andere Menschen einladen zu können. Bei der werbefreien und kostenlosen App spielen Nutzerdaten natürlich eine große Rolle. Laxe Datenschutz-Regeln könnten laut Experten in Europa zu rechtlichen Problemen führen. Und dann gibt es noch das Problem mit der Exklusivität: Denn gehörlose Menschen können dem exklusiven Club von Clubhouse auch dann nicht beitreten, wenn sie eingeladen werden.
Das Klubhaus wird also vermutlich weiter wachsen. Ob es die Gründer schaffen, die Probleme der Beta-Phase zu überwinden oder nicht, wird sich zeigen.