Warum wir uns in Gesprächen selber ins Gesicht greifen
Stell‘ dir folgende Situation vor: Du stehst im Aufzug im Büro, gemeinsam mit einem Arbeitskollegen, den du nicht sonderlich gut kennst…
Der Kollege beginnt einen Smalltalk, stellt dir Fragen, um den peinlichen Moment der Stille zu überbrücken. Du antwortest, lachst – und fasst dir dabei immer wieder ans Ohr, an die Nase oder an den Hals.
Na, kommt dir diese Situation bekannt vor? Wir verraten dir, warum wir Menschen das machen.
Stress? Einmal Streicheln, bitte!
Es gibt auf der Welt keine Tiere, die sich selber anfassen, außer dann, wenn es einen offensichtlichen Grund gibt, sie zum Beispiel eine Fliege verscheuchen wollen. Außer Affen: Sie fassen sich selber aus einem bestimmten Grund an. Es ist ein Verhalten, das Forschern jahrelang ein Rätsel war. Nun will man herausgefunden haben, dass das eine Stressreaktion ist. Um den Körper also dazu zu bringen, Dopamin und Oxytocin, die Botenstoffe, die für das Wohlbefinden zuständig sind, auszuschütten, berühren sich Menschen selbst.
Hirnforschern um Martin Grunwald von der Universität Leipzig haben herausgefunden, dass sich bestimmte elektrische Potenziale des Gehirns durch die Selbstberührung („Eigenstimulation“) verändern – und zwar jene, die Informationen im Arbeitsgedächtnis speichern und mit unserem emotionalen Befinden in Verbindung stehen.
Emotionale Schwankungen ausgleichen
Kurz bevor sich die Testpersonen selbst berührten, sanken diese Parameter, was bedeutet, dass der Arbeitsspeicher ausgelastet ist – und das wiederum führt zu einem Gefühl emotionaler Belastung. Nachdem sich die Probanden im Gesicht berührt hatten, stiegen diese Parameter wieder an.
Dadurch, dass man sich also selber berührt, balanciert man emotionale Schwankungen und Störungen bei der Informationsverarbeitung aus.
Wer sich an die Nase greift, lügt?
Im Bereich der nonverbalen Kommunikation, also Kommunikation, die unterbewusst abläuft und Signale, die unser Körper sendet, wird ein Griff an die Nase häufig als Hinweis auf eine Lüge des Gesagten interpretiert – oder auf Verlegenheit. In jedem Fall signalisiert es Unsicherheit.
Wer sich ans Ohr greift, der nimmt seinem Gegenüber das Gesagte übel, so heißt es. Auch, wenn zahlreiche Flirtratgeber immer wieder behaupten, Frauen würden Balzverhalten zeigen, wenn sie sich selber am Hals, Dekolleté oder an den Haaren berühren: Das konnte bislang wissenschaftlich nicht bestätigt werden.