Warum „The Banshees of Inisherin“ die beste Werbung für Therapie ist
Das Drama „The Banshees of Inisherin“ ist derzeit im Rennen um den Oscar als bester Film. Eine ziemlich interessante Entscheidung, denn der Film zeigt so gut wie kaum ein anderer, was toxische Maskulinität mit Männern machen kann.
Man könnte den Film deshalb auch als ultimative Werbung für Therapie sehen.
„The Banshees of Inisherin“: Wenn eine Freundschaft plötzlich vorbei ist
„Ich mag dich einfach nicht mehr!“ Mit diesen Worten kündigt Colm in „The Banshees of Inisherin“ seinem ehemals guten Freund Pádraic aus heiterem Himmel die Freundschaft. Eine Beziehung, die für Pádraic eigentlich alles bedeutet hat. Denn das Leben auf der abgelegenen irischen Insel ist für ihn ziemlich einsam. Seine einzige Bezugsperson – abgesehen von Colm – ist seine Schwester. So, und jetzt kommt die Preisfrage: wie würdet ihr auf dieses Ende der Freundschaft reagieren? Würdet ihr die Abfuhr einfach so hinnehmen oder genau hinterfragen, was denn hinter dem plötzlichen Aus steht.
Tja, auch Pádraic versucht, der Sache auf die Spur zu gehen. Doch statt einem klärenden Gespräch droht sein ehemaliger bester Freund mit Selbstverletzungen. Wenn er ihn nicht in Ruhe lässt, wird er sich nach und nach die eigenen Finger abschneiden – als Mahnung, dass er endlich seine Ruhe haben möchte. Eine Drohung, die er im Laufe des Films auch wahr werden lässt. Denn Unterhaltungen scheinen Colm wirklich nicht zu gefallen. Und Pádraic will einfach nicht akzeptieren, dass die Freundschaft einfach so vorbei ist.
Die Folgen von toxischer Maskulinität
Und genau da wären wir auch schon bei der Kernthematik von „The Banshees of Inisherin“: Selbstzerstörung. Denn in jeder Sekunde von „The Banshees of Inisherin“ schwebt eine Schwere über der Handlung. Man will alle Protagonist:innen einfach nur schütteln und schreien: geht doch bitte einfach in Therapie! Zwar kann der Konflikt zwischen den beiden Männern auch als klare Allegorie auf den Irischen Bürgerkrieg gesehen werden, zu dessen Zeit der Film spielt, dennoch finden sich in dem Film auch bedrückende Thematiken im Bereich mental health.
Denn niemand will in diesem Film einsehen, wie wichtig es ist, auch einmal über die eigenen Gefühle zu sprechen – vor allem als Mann. Eine Problematik, der wir in diversen Studien und Untersuchungen nur allzu oft begegnen. Denn toxische Maskulinität hat oft zur Folge, dass Männer nur ungern über ihre eigenen Emotionen sprechen – der Weg zur Therapie ist für sie oft ein besonders schwerer Schritt.
Welche Auswirkungen das haben kann, zeigt kaum ein Film so gut und bedrückend wie „The Banshees of Inisherin“. Beide Männer sind frustriert und unzufrieden mit ihrer aktuellen Situation. Sie hängen auf dieser Insel fest, mit Menschen, die ihnen eigentlich kaum etwas bedeuten, unter Umständen, die sie selbst nicht beeinflussen können und mit einer Zukunft, die einfach nur trist aussieht. Denn ein Ausstieg aus dem einfachen Inselleben scheint für beide Männer ein Ding der Unmöglichkeit. Doch während Pádraic (gespielt von Colin Farrell) diesen Kummer verdrängt und seine nette, fröhliche Art als Aushängeschild sieht, will sich Colm zurückziehen. Keiner von beiden spricht allerdings über die mentalen Belastungen in ihrem Leben. Die einzigen Wesen, denen sie sich wirklich anvertrauen, sind ihre Haustiere.
Hat „The Banshees of Inisherin“ den Oscar verdient?
Colm will aus diesem Teufelskreis aus Pub-Besuchen und den immer gleichen Gesprächen ausbrechen, schafft es aber einfach nicht, zu artikulieren, warum er all das satthat. Stattdessen versteckt er sich hinter passiv-aggressiven Drohungen und Selbstzerstörung. Er hackt sich letztlich sogar lieber die eigenen Finger ab, bevor er mit einem anderen Mann über seine Emotionen spricht. Pádraic schafft es im Gegenzug aber nicht, klar zu artikulieren, warum ihm das Ende dieser Freundschaft so zusetzt und wie verletzend es für ihn ist, dass die gesamte Gemeinde die Situation als kleine Auseinandersetzung hinunterspielt.
Letztendlich schaukeln sich die beiden Protagonisten gegenseitig so hoch, dass es im absoluten Chaos eskaliert. Ein Chaos, das mit wenigen ehrlichen Worten eigentlich ziemlich einfach hätte verhindert werden können. Ob dieses Chaos allerdings auch Oscar-würdig ist, wird sich demnächst entscheiden. Denn bei der Verleihung in der Nacht von 12. auf 13. März hat „The Banshees of Inisherin“ die Chance auf neun Oscar-Trophäen.