Vorsorge für Fruchtbarkeit: Deshalb sollten wir unsere Fruchtbarkeit nicht als selbstverständlich ansehen
Wisst ihr eigentlich den Status eurer Fruchtbarkeit? Die meisten Menschen gehen wohl grundsätzlich davon aus, dass das Kinderkriegen schon kein Problem werden wird. Doch der Glaube, dass man ohnehin fruchtbar ist, kann schnell zu Enttäuschungen führen.
Ein Gynäkologe will dahingehend jetzt aber einen Paradigmenwechsel einführen.
Warum gibt es eigentlich keine Vorsorge zur Fruchtbarkeit?
Wir alle hören es wohl irgendwann in unserem Umfeld, den Medien oder beim Arzt: Das Thema der Familienplanung. Denn vor allem Frauen werden im Erwachsenenalter nur zu gerne gefragt, wie es denn mit dem Kinderwunsch aussieht. Doch der Zeitpunkt hat sich in den vergangenen Jahren ganz schön gewandelt. Denn immer mehr tendieren Menschen dazu, erst später im Leben ein Kind zu bekommen. Waren Frauen in den 1970er-Jahren noch durchschnittlich 24 Jahre alt bei der Geburt ihres ersten Kindes, so bekommen Frauen heutzutage durchschnittlich im Alter von ca. 31 Jahren ihr erstes Kind.
Die Gründe dafür sind enorm vielfältig; Emanzipation, Feminismus und die zunehmende Selbstbestimmung der Frauen haben unter anderem dazu geführt, dass das Kinder bekommen eben nicht mehr an oberster Stelle der Lebensziele ist beziehungsweise erst dann zum Thema wird, wenn man das Gefühl hat, andere Lebensbereiche im Griff zu haben, sich beruflich schon ideal weiterentwickelt zu haben oder andere Lebensziele wie Weltreisen, eigene Wohnung oder allgemein ein gewisser Lebensstandard erreicht sind. „Das kostet alles vor allen Dingen eines: Zeit!“, betont der Gynäkologe und Kinderwunsch-Experte Dr. Alexander Just. Zeit, die wir uns alle gerne nehmen wollen, die in den Augen des Gynäkologen jedoch schnell auch zum Problem werden kann.
Gynäkologe will Fruchtbarkeit in Fokus rücken
Denn in seiner Arbeit hat er in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten ebenfalls bemerkt, dass Frauen mit dem Thema Kinderwunsch immer länger warten möchten. Auch medial werden immer wieder Sonderfälle gefeiert, in denen Frauen ihr erstes Kind erst „spät“ im Leben bekommen haben. Für den Großteil der Frauen kann das aber in der Realität schwierig werden, betont er. Denn: „Es geht nicht darum, wie jung man sich fühlt: die Eizelle interessiert sich dafür nicht. Keine Zelle altert schneller und früher wie die Eizelle. Sie fängt schon mit 32 Jahren an zu altern – und das tut sie relativ schnell. Mit 42 Jahren gibt es sehr wenige Frauen, die über eine hohe natürliche Fruchtbarkeit verfügen.“ Die fruchtbarste Altersspanne liege zwischen 19 und 32 Jahren; ein Zeitraum, in dem viele Frauen den Kinderwunsch noch gar nicht konkretisieren wollen.
Eng verbunden damit ist ein großes Problem, dass auch der Gynäkologe in seinem Alltag kennt. Denn grundlegend gehen viele erst einmal davon aus, dass sie sowieso fruchtbar sind. Gibt es keine gröberen gesundheitlichen Komplikationen ist das Thema Unfruchtbarkeit wohl für die wenigsten Menschen wirklich relevant; umso härter kann einen dann die Erkenntnis treffen, dass der Kinderwunsch auf natürlichem Wege nur schwer möglich sein wird. Der Gynäkologe warnt in diesem Zusammenhang auch vor dem Irrglauben, dass die künstliche Befruchtung auch dann noch alle Kinderwünsche erfüllen kann. „Die künstliche Befruchtung wird oft als Allheilmittel für jede Situation gepriesen und in vielen Fällen kann sie das auch sein. Aber wenn eine Patientin keine Eizellen mehr hat, dann kann auch die künstliche Befruchtung nicht mehr helfen!“, betont der Experte.
Eine Möglichkeit, selbst noch handeln zu können
Just setzt sich deshalb für einen Paradigmenwechsel beim Thema Kinderwunsch ein und plädiert für eine große Veränderung bei der Annahme der Fruchtbarkeit. „Es gibt eine Vorsorge für jegliche Art von Krebs oder Demenz aber für die Fruchtbarkeit gibt es das bisher noch nicht, dabei ist das so ein Herzensthema.“ Eben das möchte der Gynäkologe mit seiner „JUST-ONE-STEP“-Methode ändern; einem ganzheitlichen, langfristigen und personalisierten Ansatz.
Dabei wird den Patientinnen Blut abgenommen, um dann eine genaue Zellanalyse durchführen zu können. Evaluiert werden unter anderem der AMH-Wert (Anm. das Anti-Müller-Hormon, das Hinweise auf die Eizellreserve gibt). Aber auch die körperliche Fitness, der Lebensstil und die Ernährung werden miteinbezogen.
So funktioniert die Vorsorge
Anschließend bekommen die Patientinnen einen ganz individuellen Plan, der die Zellgesundheit der Frauen verbessern kann. „Bei dem Gespräch ist ein Therapieplan inkludiert, der aus fünf Teilen besteht“, erklärt Just. „Zum einen geht es darum, was gesunde Ernährung ist, dann auch darum, welche speziellen Nahrungsmittel vielleicht bevorzugt werden sollten, wie etwa Brokkoli oder Rosenkohl. Im dritten Teil werden dann konkret abgestimmte Nahrungsergänzungsmittel empfohlen. Das ist immer eine individualisierte, personalisierte Kombination. Der vierte Teil sind dann Infusionen. Damit kann ich die Veränderung in der Zelle relativ schnell fortführen. Teil fünf ist abschließend ein genauer Blick auf die Lebensweise.“
Just nennt in diesem Zusammenhang etwa die Schlafqualität, Lebensfreude, die Ernährung und die Sportvorlieben. All das kann die Zellgesundheit verbessern; und somit auch Auswirkungen auf die Fruchtbarkeit haben. Wichtig ist Just in diesem Zusammenhang aber vor allem eines: Frauen sollen möglichst früh die Chance haben, zu wissen, wie es denn überhaupt um ihre eigene Fruchtbarkeit steht.
Mit seiner Vorsorge-Methode will Just Frauen ab 25 Jahren eine Möglichkeit geben, Gewissheit über ihre Fruchtbarkeit zu haben; auch dann, wenn der Kinderwunsch vielleicht noch nicht aktiv da ist. Denn zu wissen, wie es um die eigene Eizellenqualität steht, kann einem helfen, die Optionen wie etwa das Einfrieren der Eizellen zu erwägen, betont er. „Natürlich ist das keine schöne Information, wenn man einer 25- oder 28-Jährigen sagen muss, dass sie weniger Eizellen hat, als es ihrem Alter entspricht. Aber der Punkt ist, wenn ich es ihr mit 38 Jahren sagen muss, hat sie keine Optionen mehr. Mit 28 sehr wohl!“, so Just.