Früh aufstehen, Sport, Planung und positive Gedanken: Das stand eine Woche lang auf der täglichen To-do-Liste von Redakteurin Laura. Und dabei ist sie nicht etwa unter die Fitnessgurus gegangen, wie manch einer annehmen würde – sie hat den Selbstversuch gewagt und wollte sehen, wie sich Selbstoptimierung à la Instagram auf ihre physische und psychische Gesundheit auswirkt.

Wie es Laura bei dem Versuch ging, erfahrt ihr hier.

Tryout: Eine Woche Selbstoptimierung

Für mich klang Selbstoptimierung immer nach etwas Maschinellem – sich selbst so weit zu verbessern, dass man eher an ein körperliches Update denkt als an eine geistige Weiterentwicklung. Dabei dürfen wir nicht vergessen, dass wir keine Maschinen sind, auch wenn wir uns in sämtlichen Lebensbereichen immer weiter verbessern wollen, wie etwa im Job oder in Beziehungen.

Was dabei immer zu kurz gekommen ist, war der eigene Körper, zumindest vor Zeiten von Instagram und Co. Jetzt weist dich jeder zweite Account darauf hin, welche Listen du befolgen sollst, damit du das Beste aus dir rausholst. Wenn diese To-dos aber tatsächlich so wirksam und wohltuend sind, dann probiere ich’s lieber mal aus, bevor ich mich in Vorurteilen verstricke. Mal sehen, wie es mir nach einer Woche geht, in der ich ausschließlich nach so einer Liste lebe.

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Auf los geht’s los

Warum tue ich mir das noch mal an? Auch wenn diese Frage nur für eine Millisekunde in meinem Kopf war (zugegeben: Das war, als der Wecker um sechs Uhr morgens geklingelt hat), musste ich mich mit meinem neuen Alltag auseinandersetzen. Und ein Part davon war, eine Liste mit all den Dingen zu schreiben, die ich eine Woche lang jeden Tag abarbei…, ich meine erledigen werde. Aber so supercute To-do-Listen oft aussehen und so befriedigend das Gefühl ist, etwas darauf abzuhaken, so stressig können sie auch sein.

Doch mit negativen Gedanken in das Experiment zu starten ist wohl eher kon­traproduktiv. Also versuchen wir es noch mal: Ich bin dankbar, diese Möglichkeit zu nutzen, und freue mich, das Beste aus mir herauszuholen. Noch einmal kurz im Kopf alles durch­gehen: Wecker ist gestellt, Sportgewand liegt bereit und mental bin ich auch vorbereitet. Gute Nacht!

Start your day right

Der erste Tag lief unerwartet gut. Ich bin pünktlich aus dem Bett gekommen, habe mich erneut kurz verflucht, weil das frühe Aufstehen einfach hart ist, und bin dann sofort raus in die kühle Morgenluft, um zu joggen. Und spätestens als ich die ersten Sonnenstrahlen auf der Haut spürte und im Laufschritt durch den 18. Wiener Bezirk huschte, war ich wirklich froh darüber, diese
Chance genutzt zu haben. Langsam begann ich zu verstehen, wieso sämtliche Influencer und Fitnessblogger auf Morgensport schwören. So, was war noch mal Punkt drei auf meiner Liste? Ach ja, ein vitaminreiches Frühstück (mein Lieblings-To-do)! Ei mit Gemüse? Smoothie-Bowl? Avocadotoast? So viele Möglichkeiten!

Glücklicherweise begleitet mich diese Art von Frühstück schon etwas länger, also musste ich daran auch nichts verändern. Punkt vier, ausreichend Wasser trinken, bereitete mir schon eher Probleme. Der größte Fehler, den ich immer wieder mache, ist, nur dann zu trinken, wenn ich durstig bin. Das sollte nun der Vergangenheit angehören, denn ab jetzt wollte ich drei Liter pro Tag schaffen – Fingers crossed! Dann stand auch schon die Tagesplanung am Programm, die je nach Officetag bzw. Wochenendtag variierte.

„Was machst du da?!“

Mit dieser Frage sollte ich die kommenden Tage noch öfter konfrontiert werden. Die ersten verwirrten Blicke erhielt ich bereits, als ich sämtliche Pflanzen in der Redaktion rund um meinen Schreibtisch platzierte. „Wird wohl wieder für eine aberwitzige Instagram-Story sein“, dachten sich wohl die meisten.

Laura an ihrem Arbeitsplatz.

Als ich dann aber mit mehreren Krügen Wasser ankam, um nur ja auf die drei Liter zu kommen, stellten die ersten Kollegen auch schon Fragen. Eine kurze Yogasession in der Mittagspause, während alle anderen genüsslich ihre Pizza mampften, trug auch nicht gerade zur Aufklärung bei. Ein weiterer Tipp, den diverse Instagram-Accounts mit bestem Wissen und Gewissen rund um das Thema Selbstoptimierung geben, ist ein sauberer Arbeitsplatz. Leichter gesagt als getan! Manche nennen es Unordnung, andere wiederum kreatives Chaos. Ratet mal, zu welcher Gruppe ich zähle  …

Schritt für Schritt

Was mir unerwarteterweise mehr Stress als Freude bereitete, war Punkt acht: mit Freunden sprechen. Möglicherweise lag es daran, dass die meisten gar nicht erreichbar waren und sich dann zu unchristlichen Zeiten zurückmeldeten, in denen mir alles andere als nach einem netten „Wie geht es dir, gut, und dir, danke, ciao!“-Pläuschchen war. Punkt neun, den Tag zu reflektieren, gelang mir eigentlich immer ganz gut. Und damit meine ich nicht, an sämtliche peinlichen Situationen, die im Laufe des Tages passierten, zurückzudenken, sondern einfach darüber nachzudenken, was mich an dem Tag glücklich gemacht und was mir eher weniger gefallen hat. Punkt zehn: jemandem sagen, dass man ihn gerne hat. „Schatz?“, holte ich meinen Freund aus seinen Gedanken, der gerade voll und ganz in eine neue Netflix-Serie vertieft war.

„Ich bin froh, dass es dich gibt und dass wir jeden Abend zusammen verbringen“, sagte ich schnell, bevor seine Aufmerksamkeit wieder verschwand. Was dann kam, war ein verwunderter Blick, gefolgt von einem Lächeln seinerseits – und ein gutes Gefühl, jemanden glücklich gemacht zu haben, meinerseits. Nachdem ich hinter fast allen Kästchen der To-do-Liste ein Häkchen setzen konnte, war es nun an der Zeit, ein kleines Lob an mich auszusprechen und mit meiner Leistung zufrieden zu sein. Check! Ob sich der letzte Punkt, sieben Stunden Schlaf, auch noch ausgeht? Spoiler alert: Leider nicht …

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The Winner takes it all

Ich würde lügen, würde ich behaupten, dass der Selbstversuch jeden Tag aufs Neue so geklappt hat wie in meinen Vorstellungen. Und auch die Sache mit dem Schlaf ist gar nicht mal so einfach, wenn
einem unzähligen Dinge im Kopf herumschwirren und man von dem Gedanken eingeholt wird, nicht alles zu schaffen. Immer wieder musste ich mir also sagen, dass es ja gar nicht Sinn und Zweck dieses Selbstversuchs war, zu „gewinnen“, indem ich tagtäglich alles schaffe – denn das verursacht genau das Gegenteil des Erwünschten: Stress statt Ausgewogenheit und zusätzlichen Druck statt Zufriedenheit. Also schaltete ich einen Gang zurück und ersetzte die Laufrunde jeden zweiten Tag durch eine gemütliche Online-Yogastunde. Insgeheim glaube ich ohnehin, dass die Insta-Gurus mit ihren Empfehlungen zu „sportlichen Aktivitäten“ ausschließlich Yoga meinen. Soll mir recht sein!

Denn zur Selbstoptimierung zählt neben der offensichtlichen physischen Gesundheit auch die psychische. Dazu gehört definitiv auch die Vorfreude auf einen weniger anstrengenden Tag, Selbstversuch hin oder her.

Kann man Zufriedenheit optimieren?

Nachdem ich nun versucht habe, die berühmte To-do-­Liste auch wirklich jeden Tag zu befolgen, so gut es geht, stelle ich mir erneut die Frage, was Selbstoptimierung nun genau ist. Ist es die
Leistungssteigerung, die von uns erwartet wird?
Ein Leben wie im Bilderbuch zu führen, das uns in den sozialen Netzwerken vorgezeigt wird? Oder sich wirklich mal mit sich selbst, seinen Bedürfnissen und seinem Körper zu beschäftigen?

Ich habe das Gefühl, in dieser Hinsicht wird Druck von zwei Seiten aufgebaut: Das Engelchen flüstert, wir müssen uns mal locker machen und nicht jedem gesellschaftlichen Ideal entsprechen; das Teufelchen kontert, dass wir uns immer weiter verbessern müssen. Was denn jetzt? Am besten ist wohl ein Mittelding aus beidem, eh klar. Klar ist auch in vielerlei Hinsicht, wie man sich selbst optimieren kann. Eine Steigerung der körperlichen Aktivitäten kann leicht gemessen werden, indem man sieht, wie viel an Gewicht man beim Sport halten kann, wie viele Sit-ups man schafft oder inwieweit man beim Yoga während bestimmter Positionen seine Füße berühren kann. Und auch im Job ist es ein Einfaches, Leistung zu messen.

Doch wie sieht es mit Glück und Zufriedenheit aus? Da es sich dabei um subjektive Empfindungen handelt, lassen sie sich auch nur sehr schwer messen. Die einzige Maßeinheit wäre eben das eigene Befinden. Und genau darauf sollte auch dieser Selbstversuch abzielen: meinen Alltag so weit zu ändern, dass sich mein Wohlbefinden steigert und ich dadurch zufriedener bin. Check!

Mein Fazit

Während der Woche à la Instagram-Selbstopti­mierung habe ich definitiv etwas gelernt: über mich, meine Grenzen und darüber, und wie weit ich gehen würde, das Beste herauszuholen. Und auch, wenn es Mitte der Woche zunehmend anstrengender wurde (wo ist das nicht so?), lief es am Wochenende wiederum perfekt. Ich fühlte mich tatsächlich fitter, energiegeladener und war stolz auf mich, dass ich vor allem den sportlichen Aspekt durchgezogen habe. Am Ende des Tages war die Liste für den Anfang vielleicht doch etwas zu vollgepackt. Ein paar Punkte weniger hätten bestimmt denselben Effekt gehabt. Natürlich eignen sich Homeoffice und Wochenenden besser dazu, Listen wie diese zu befolgen. Im Alltag müsste dann einfach abgewogen werden, welche Punkte für einen selbst die wichtigsten sind und ob man sich dadurch auch wirklich besser fühlt.

Fest steht aber: Das eine oder andere To-do werde ich in meine Routine aufnehmen. Dazu zählt, öfter Sport oder zumindest Bewegung zu machen, mit mir und meiner Leistung zufrieden zu sein und viel Wasser zu trinken. Auch wenn mir Letzteres in diesem Tryout nicht zu 100 Prozent gelungen ist – aber das kann ich ja immer wieder selbst optimieren. *Zwinkersmiley*