So zerstört der Fleischkonsum unseren Planeten
Für die Herstellung eines Burgers braucht man im Durchschnitt 2.500 Liter Wasser. Das ist etwa so viel Wasser, wie ein Mensch in zwei Monaten zum Duschen verbraucht. Ein Steak braucht sogar 4.000 Liter.
Und du dachtest, es würde reichen, wenn du beim Zähneputzen das Wasser abdrehst und Energiespar-Glühbirnen in deine Ikea-Lampen zu drehen, um den Klimawandel zu stoppen?
Die industrielle Herstellung tierischer Erzeugnisse ist der größte Faktor für Klimaerwärmung weltweit: Etwa 51 % der gesamten CO2-Emissionen sind der Viehzucht geschuldet. Und das ist nur die Spitze des Eisbergs: Grundwasserverunreinigung, Monokultur und Regenwaldrodung bei der Futtermittelherstellung sowie ein extrem hoher Wasserbedarf sind der lange Schatten bei der Herstellung tierischer Erzeugnisse. Die Versorgungskette ist lang. Sehr lang. Denn dein Steak muss ja auch was essen: Soja aus Südamerika, zum Beispiel. Weil man sonst den Eiweißbedarf nicht decken könnte. Es muss auch trinken und produziert Mist. Viel, viel Mist. Und so hinterlässt jedes Tier einen ökologischen Fußabdruck. Einen Fußabdruck, den die Umwelt schon lange nicht mehr ertragen kann, angesichts der Masse an Fleisch, die produziert werden soll, um den weltweiten Appetit zu stillen.
2014 startete mit dem Film Cowspiracy von Kip Andersen und Keegan Kuhn ein weltweiter Aufschrei gegen die industrielle Fleischproduktion: Der Dokumentarfilm legte die Auswirkungen dieser auf die Umwelt schonungslos offen. Zudem zeigte er, warum sich Amerikas NGOs (Nicht-Regierungsorganisationen, wie z.B. Greenpeace) bei diesem Thema so zurückhalten und welchen Einfluss die mächtige Fleisch-Lobby hat. Ein Film, der uns Menschen den Spiegel vorhält: Dann das, was unsere Umwelt am ehesten zerstört, ist unsere unendliche Gier nach billigem Fleisch.
„Es ist, als würde man über Lungenkrebs reden und nicht das Rauchen ignorieren„, so Andersen im Film über die Verschwiegenheit der NGO’s zum Thema Viehproduktion. Damit hat er recht: Kaum eine NGO thematisiert deren Einfluss auf ihrer Homepage. Es gibt kaum Kampagnen zum Thema. „Greenpeace geht deshalb nicht darauf ein, weil sie ihre Spendeneinnahmen nicht gefährden wollen“, sagt er im Film. Spendeneinnahmen der Big Player. Und tatsächlich wirkt es eigenartig, wenn man sich die Websites der größten NGOs der Welt ansieht, auf denen kaum ein Wort über die industrielle Fleischwirtschaft verloren wird. Man redet über fossile Brennstoffe, den Verkehr, über sparsames Duschen: Nicht darüber, dass ein Kilogramm Rindfleisch in der Herstellung fast 15.000 Liter Wasser verbraucht und Viehzucht für etwa 51 % des weltweiten CO2-Ausstoßes verantwortlich ist.
Über den Einfluss und diese Zahl diskutiert man seit dem Film heftig: Die in Cowspiracy genannten 51 % Anteil an Treibhausgasemissionen gehen auf Berechnung des World Watch Institutes zurück, bei denen Methan und Landnutzung in die Berechnungen miteinbezogen werden. Andere Studie nennen Werte zwischen 18 und 40 %. In einer Studie aus dem Jahre 2012 (Vermeulen et al.) wird der Anteil der Lebensmittelproduktion an den Treibhausgasemissionen auf 19 bis 29 % geschätzt.
Und wer meint, dass die Liebe zum Steak ein amerikanisches Phänomen sei, der irrt: Europa steht Amerika in Sachen Fleischkonsum und -produktion in nichts nach. 312 Millionen Tonnen Fleisch werden heuer laut FAO weltweit produziert. Bis 2050 soll die Fleischproduktion auf 465 Millionen Tonnen steigen. Etwa 70 % der landwirtschaftlichen Flächen weltweit dienen laut Schätzungen des Weltagrarrats der Unesco der Nutztierhaltung.
Europa: Eine Insel der Seeligen
Im Jahr 2011 hatte Österreich den meisten Fleischverbrauch in der gesamten EU: Mit 106 kg Fleisch pro Person. Unser Inlandsverbrauch an Eiern und Fleisch sind laut Alexander Gurtner, Geflügelzüchter aus Oberösterreich, bei weitem nicht gedeckt. Deshalb werden günstige, billig produzierte tierische Erzeugnisse zugekauft. Häufig aus den neuen EU-Ländern „oder auch aus Asien„, so Gurtner. Also nicht alles, was du in Österreich oder Deutschland isst, ist auch von hier.
Österreich, Luxemburg, Spanien, Portugal, Frankreich und Deutschland zählen zu den Ländern mit dem höchsten Fleischverbrauch. Laut FAOSTAT werden in Amerika seit Jahren konstant rund 120 kg pro Kopf jährlich verzehrt: „Sündenbock Amerika?“ In diesem Fall ist das wohl nicht ganz so einfach.
„Aber Europa ist eine schöne Insel der Seligen, aufgrund relativ strenger Vorgaben, im internationalen Vergleich. Das ist in Nord- und Südamerika ganz anders. Wobei die ethischen Standards auch innerhalb Europa stark variieren. Fleisch aus Italien kann man auch nicht mit Bio-Fleisch aus Österreich vergleichen. Auch von den ethischen Standards her, also wie da mit Tieren umgegangen wird. Wir haben in Österreich auch noch ein anderes Verhältnis zum Fleisch. Problematisch ist das Fast-Food-Phänomen: Jenes Fleisch und Eier, die im Essen beim Schnellimbiss um die Ecke enthalten sind und häufig auch in der Gastro„, so Gurtner, „da kann man fast sicher sein, dass kein Qualitätsprodukt aus österreichischer Herstellung ist“.
Nachhaltige Viehwirtschaft: Ein Mythos?
Aber ist es denn wirklich möglich, nachhaltig Tiere zu halten, zu schlachten und zu essen? Laut Gurtner ja: „In Österreich ist die industrielle Tierhaltung relativ gut geregelt. Wir haben bestimmte Vorgaben in der Düngemittelausbringung, es dürfen nicht so viele Tiere gehalten werden, dass sich nachhatlige Viehwirtschaft nicht ausgeht. Genug Ackerfläche muss vorhanden sein und pro m2 darf nur eine bestimmte Menge an Tieren gehalten werden.“ Aber der ökologische Fußabdruck, den jedes Tier hinterlässt, der lässt sich nicht so einfach neutralisieren. Nachhaltige Viehwirtschaft? Ein Mythos. Definitiv.
„In vielen Darstellungen wird nicht berücksichtigt, dass dem Fleisch zugerechnete CO2-Emissionen zu einem großen Teil im vorangegangenen Produktionsprozess gebunden wurden: Tiere fressen keine Braunkohle und trinken kein Erdöl, sondern sie bekommen Gras, Getreide, Mais und diverse Eiweißträger, die auf Feldern gewachsen sind und – je nach Pflanzenart – jährlich zwischen 14 und 26 Tonnen CO2 je Hektar aus der Atmosphäre aufnehmen und in den Pflanzen binden“, der Meinung ist man auf fleischexperten.de. Was man hier allerdings vernachlässigt, ist, dass für die Futtermittelherstellung Regenwald gerodet wird. Dass der Anbau von Soja mehr Wasser benötigt als Weizen. Dass die Tiere selbst Wasser benötigen. Man vergisst darauf, dass Viehhaltung für 1/3 des weltweiten Methanausstoßes verantwortlich ist (laut FAO).
„Bei der konventionellen Rindfleischproduktion trägt die enterogene Fermentation (Ausstoß von CO2 und CH4 bei Wiederkäuern) am meisten zur schlechten CO2 eq-Bilanz bei, gefolgt von den Eiweißfuttermitteln, die meist importiert werden. Beim konventionell produzierten Schweinefleisch sind CO2 eq des Eiweißfutters der größte Faktor in der Bilanz. Wobei Schweinefleisch ein Drittel (4,95 kg CO2 eq pro kg) der Treibhausgasemissionen (THG-Emissionen) von Rindfleisch (15,1 kg CO2 eq pro kg) verursacht.
Tofu verursacht weniger als die Hälfte der THG-Emissionen (2 kg CO2 eq pro kg) von Schweinefleisch und ein Achtel der THG-Emissionen von Rindfleisch. Der biologische Gemüseanbau verursacht am wenigsten klimaschädigende Emissionen.“, sagt man uns bei Greenpeace, die bei uns bereitwilliger Auskunft geben als in Amerika, aber ebenso wenig Viehzucht als Umweltbelastungsfaktor Nummer 1 öffentlich thematisieren. Zum Vergleich: CO2 eq von Rindfleisch pro kg: Etwa 15 kg. Der CO2 eq von Gemüse liegt bei etwa 0,7 kg.
Obwohl es einem subjektiv vielleicht gar nicht so vorkommt, weil Trends wie Veganismus boomen, so steigt der Fleischverbrauch stetig. Aber nicht nur das: Kleinbetriebe sterben, dafür geht der Trend zu Megamastanlagen weiter. Der weltweite Fleischverbrauch hat sich in den letzten 50 Jahren vervierfacht. Und das wiederum hat extreme Auswirkungen auf die Umwelt: „Tierfabriken werden geplant, wo die Auswirkungen der Fleischindustrie bereits am deutlichsten zu spüren sind. Dort sind die Ammoniak-Emissionen aus den Ställen und die Nitratwerte im Grundwasser jetzt schon inakzeptabel hoch“, meint man bei bund.net. „Das Verwerflichste bei der Fleischproduktion ist der immense Wasserverbrauch und die Verschmutzung: Deshalb erleben wir extreme Wachstumssteigerung bei der Geflügelzucht, weil das ein so genügsames Tier ist“, so Gurtner.
Was wir tun können
Zunächst, ganz klar: Unseren Konsum von tierischen Produkten reduzieren. Mehr hinterfragen: Woher kommen eigentlich die Eier im Frühstückscroissant? Die Butter? Woher kommt der Schinken im Brötchen vom Bäcker?
Auf den Speiseplan zurückkehren sollten definitiv die als Kohlehydratbomben beschimpften Lebensmittel Weizen und Kartoffel. Gemüse. Wer nicht auf Fleisch verzichten kann oder will (und nein, eine ausgewogene Ernährung ist laut Cowspiracy auch gänzlich vegan möglich, ohne Mangelerscheinungen): „Man muss den eigenen Umgang mit Fleisch überdenken: Früher hat man z.B. das gesamte Tier verwendet, eine halbe Sau gekauft und eingefroren. Heute kann man sich genau aussuchen, was vom Tier man haben will: Filet, Flügel, etc. Niemand hat mehr ein schlechtes Gewissen, wenn man Fleisch wegwirft. Und Fleisch wegzuwerfen ist eigentlich eine noch größere Sünde als alles andere“, so Gurtner. Also wenn schon Fleisch, dann hochwertig.
Aber woran erkennt man hochwertiges Fleisch? Und wo kann man es kaufen? Als Konsument sollte man auf die Zertifizierung des Fleisches mit dem AMA-Gütesiegel achten, so Gurtner. Außerdem empfiehlt er, Fleisch nur beim Metzger zu kaufen, wo Herkunft und Aufzucht bekannt sind. Auf Fast-Food sollte man verzichten, also das „schnelle Schinkenweckerl zwischendurch“ vom Speiseplan streichen.
Oder am besten ganz auf Fleisch verzichten? „Weniger Fleisch zu essen, wäre sicher klüger, aber kein Fleisch zu essen, wäre auch nicht richtig“, so Gurtner. Wobei, natürlich, am nachhaltigsten ist vegane Ernährung, das ist unbestreitbar.
Man darf nicht vergessen: Die Versorgung mit Fleisch ist in vielen Regionen der Welt unverzichtbar für die Ernährung der Bevölkerung. Wo Landwirtschaft schwierig ist und nur Gras wächst, sind Rinder eine wichtige Nahrungsquelle. Manche Experten weisen auch auf die positiven Auswirkungen von Weideland auf die Klimabilanz hin, da CO2 im Boden gebunden wird.
Fakt ist, dass Fleisch zu einer anonymen Massenware geworden ist, die möglichst billig sein soll. Dass wir gar nicht wissen, in wie vielen Produkten tierische Erzeugnisse enthalten sind und woher die Butter, Eier und Fette in unseren Lebensmitteln stammen. Und das wir definitiv bewusster damit umgehen müssen, wenn wir schon Tiere und ihre Erzeugnisse essen wollen.