SMS und WhatsApp schaden der Liebe
„Ich liebe dich“, und dann noch zwei Herzchen – dank Smartphone war es noch nie so leicht, rund um die Uhr mit der oder dem Allerliebsten in Kontakt zu sein. Schnell eine kleine Liebesbotschaft, ein kurzer Gruß oder eine Information zur Planung des gemeinsamen Abends: Alles kein Problem mit Messengern wie WhatsApp.
„Früher hat man einen Zettel an den Spiegel geklebt oder eine Nachricht in die Butterbrotdose gelegt, heute schickt man sich solche Nachrichten mit dem Handy„, sagt der Psychologe und Paartherapeut Jörg Wesner. „Das ist zunächst ganz einfach eine gute Möglichkeit, seine Zuneigung zum Ausdruck zu bringen.“ Durch den lieben Gruß weiß der Partner: Ich denke an Dich. Und das fühlt sich gut an.
Nachrichten sorgen für Stress
Trotzdem sorgen die kurzen Nachrichten in vielen Beziehungen für Stress. Wer schreibt, hofft auf schnelle Antwort und ist enttäuscht, wenn der oder die Liebste nicht reagiert. Und der Empfänger ist womöglich genervt, weil gerade die zehnte Herzchen-Botschaft binnen einer Stunde auf dem Sperrbildschirm aufblinkt. Viele erwarten, dass der Partner permanent für sie verfügbar ist“.
Welche Auswirkungen das auf die Partnerschaft hat, erforscht die Psychologin Manuela Sirrenberg: „Ungleichgewichte sind in einer Partnerschaft mit einer geringeren Beziehungsstabilität und mit einer höheren Trennungsabsicht verbunden“, erläutert sie. Die Befragung von mehr als 500 Menschen habe gezeigt: „Das gilt auch für die mediale Kommunikation.“ Wenn einer der Partner immer das Gefühl hat, dass seine Botschaften ins Leere laufen oder nicht richtig gewürdigt werden, dann stellt er die Beziehung schneller in Frage.
Denn oft kommt auch Eifersucht ins Spiel. Der Partner antwortet nicht, obwohl die Statusmeldung verrät, dass er online ist. Womöglich kommentiert er stattdessen gerade die neuesten Bilder seiner Ex-Freundin auf Facebook. „Wenn ich eifersüchtig sein will, bekomme ich über die sozialen Netzwerke viel mehr Verdachtsgelegenheiten“, sagt Paartherapeut Wesner. Warum chattet die Freundin neuerdings so viel mit diesem neuen Kollegen? Und warum nennt ihr Friseur sie Schatzi?
Kein Ersatz für ein Gespräch
Dem schnellen Chat fehlen wichtige Elemente des Gesprächs von Angesicht zu Angesicht. Man kann nicht erkennen, ob der Partner aufmerksam zuhört, ob er etwas nicht verstanden hat oder ob er sich langweilt. Bei Paaren, „die ähnlich ticken“, können die schnellen Nachrichten trotzdem gut funktionieren. Wenn beide aber feststellen, dass die Handy-Nachrichten mehr nerven als erfreuen, sollten sie Konsequenzen ziehen. Etwa indem sie vereinbaren, dass beide ihren Online-Status verbergen.
Streiten sollten Paare per Textnachricht auf gar keinen Fall, sagt Jörg Wesner: „Das kann nur schiefgehen, weil der Partner nicht erkennt, in welcher Stimmung der andere seine Kritik äußert.“ Wenn ein Streit schon schriftlich ausgetragen werden müsse, dann in einer E-Mail oder – ganz klassisch – in einem Brief: Dafür nimmt man sich mehr Zeit, schreibt in ganzen Sätzen und liest meist alles auch noch einmal durch, bevor man es absendet. Das schafft Abstand und nimmt manchem Vorwurf die Schärfe. Und auch die eigentliche Funktion des Smartphones gerate viel zu oft in Vergessenheit, sagt Wesner: „Statt unzählige Nachrichten hin und her zu schicken, wäre manches Problem mit einem Telefonat viel schneller gelöst.“