Skandal um defekte Verhütungsspiralen: Betroffene wehren sich
Bei einer Charge der Verhütungsspiralen des spanischen Herstellers Eurogine ist es zu Brüchen der Seitenarme gekommen. Die Bruchstücke mussten bei einigen Frauen operativ entfernt werden. Einigen musste mitunter sogar die Gebärmutter entfernt werden. In manchen Fällen kam es auch zu ungewollten Schwangerschaften. Betroffene machen jetzt mobil und wehren sich.
Immer mehr Schockmeldungen kommen rund um die defekten Verhütungsspiralen ans Licht.
Defekte Verhütungsspiralen: Hunderte Frauen klagen an
Stell dir mal vor, du bekommst Blutungen und beim nächsten Toilettengang kommt dir deine Verhütungsspirale entgegen, nur um dann im nächsten Moment festzustellen, dass die Hälfte davon fehlt und wahrscheinlich noch in deinem Körper ist. So ist es bei Johanna aus Wien geschehen. Ihr wurde beim anschließenden Frauenarztbesuch dann nicht nur mitgeteilt, dass einer der Seitenarme noch in ihrer Gebärmutter steckt, sondern sie zudem in der 5. Woche schwanger sei. Johanna ist nur eine von vielen. In ihren Insta-Stories auf 93nailsbae erzählt sie ihre Leidensgeschichte und macht auf eine Online-Petition aufmerksam, die ihr und anderen Opfern helfen soll.
Indem ihr die Petition des Verbraucherschutzes unterschreibt, könnt ihr zumindest einen Beitrag leisten. Hier gehts zur Petition.
Ein Materialfehler der Verhütungsspiralen führte zu Spontanbrüchen
Die Herstellerfirma Eurogine hat ihren Sitz bei Barcelona. Diese lieferte Verhütungsspiralen in 50 Länder, darunter auch Österreich. Bei einer Reihe von Produkten führte ein Materialfehler dazu, dass die Arme der Spiralen brechen konnten. Besonders gefährlich wird es, wenn es zu Spontanbrüchen zum Beispiel während der Regelblutungen kommt. Dann kann es nämlich passieren, dass die gebrochenen Teile nicht natürlich abgehen und diese in der Gebärmutter verbleiben. Wenn das nicht bemerkt wird, kann das später inzwischen gewünschte Schwangerschaft verhindern. Zudem sollen laut VSV bereits ein Drittel bis ein Viertel der betroffenen Frauen ungewollt schwanger geworden sein. Während es in Österreich und Deutschland derzeit nur Produktwarnungen gibt, wurde der Vertrieb in Frankreich bereits komplett verboten.
Die betroffenen Frauen wurden vom Hersteller nicht informiert
Das Problem: Der Hersteller hat die Patienten wissentlich nicht darüber informiert. Hinzu kommt, dass die meisten Opfer keine Rechtsschutzversicherung haben. Damit können sie sich rechtlich nicht wehren und sind auf den Verbraucherschutz angewiesen. Der österreichische Verbraucherschutzverein (VSV) hatte nach der Meldung mehrerer Frauen eine Sammelklage initiiert. In Österreich sollen sich mehr als 750 Frauen daran beteiligen. Erst vergangenen Dienstag wurde dazu im oststeirischen Fürstenfeld ein erster Prozess begonnen.
Der Vorwurf der Kläger an den Hersteller Eurogine sei, dass dieser bereits seit Februar 2018 von Defekten gewusst, davor aber nicht ausreichend gewarnt habe. „Hätte die beklagte Partei schon im Frühjahr 2018 die Gynäkologen, die Anwenderinnen und die Öffentlichkeit informiert, so hätten zahlreiche Schäden vermieden werden können“, so die Kläger. So wurden auch weiterhin Spiralen der betroffenen Charge eingesetzt.
Auch die Republik Österreich muss sich verantworten
Das Unternehmen weist die Vorwürfe von sich. Ihrer Meinung nach seien Händler und nationale Behörden sehr wohl informiert worden. Diese hätten die Frauen und die Ärzte warnen sollen. Denn dem Unternehmen seien die Ärzte, die das betroffene Produkt eingesetzt haben, nicht bekannt. Nun muss sich neben dem Hersteller auch die Republik Österreich auf dem Wege einer Amtshaftungsklage verantworten. Die Bundesagentur für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) habe nämlich fast zwei Jahre gebraucht, bis sie reagierte. Nach der Verständigung des Herstellers 2018 habe man erst im Herbst 2020 erstmals auf der Webseite vor Materialfehlern gewarnt. Für Frauen wie Johanna kam die Warnung jedoch viel zu spät.