Sammelklage gegen Uber: Mehr als 500 Fälle der sexuellen Belästigung
In den USA wird der Fahrtendienst Uber derzeit mit einer großen Sammelklage konfrontiert. Denn 550 Frauen werfen dem Unternehmen vor, bei einer Fahrt sexuell belästigt worden zu sein.
Die Klage wurde am Mittwoch in Kalifornien eingereicht.
Sammelklage gegen Uber: 550 Klägerinnen beteiligt
Sexueller Missbrauch, Entführung, Vergewaltigung. Die Anschuldigungen, die rund 550 Frauen jetzt gegen das Fahrtunternehmen Uber erheben, sind schwerwiegend. Und sie treffen einen umso härter, wenn man bedenkt, wofür das Unternehmen ja eigentlich steht. Für einen sicheren Heimweg. Denn Uber, genauso wie andere Fahrtendienste, Taxis und Co, sollten doch eigentlich die Alternative zum betrunkenen Autofahren oder den beängstigenden Öffifahrten spätnachts sein.
Doch für die 550 Frauen, die jetzt in Kalifornien Klage einreichen, entpuppte sich die Fahrt als ein einziges Martyrium, für das sie jetzt Gerechtigkeit verlangen. Denn eine einzige Fahrt hatte für manche zur Konsequenz, gestalkt oder belästigt zu werden. Sie wurden misshandelt, begrapscht, entführt oder gegen ihren Willen eingesperrt.
Bisher haben sich 550 Frauen für die Klage gemeldet, erklärt die zuständige Kanzlei Slater Slater Schulman LLP „und wir untersuchen mindestens 150 weitere“, betont der zuständige Anwalt der Kanzlei, Adam Slater, weiter.
Frauen erzählen von Missbrauch während Fahrt
Wie dramatisch und angsteinflößend die Fahrten für manche Frauen enden, schildert jetzt auch eine der Klägerinnen im Detail. Denn die 37-jährige Liz erzählt der „New York Post“ von einem prägenden Erlebnis Anfang des Jahres. Liz war eigentlich keine regelmäßige Nutzerin des Fahrtendienstes, doch als sie im Februar an einem Abend ein paar Drinks hatte und zu einer nahegelegenen Tankstelle wollte, beschloss sie auf Nummer sicher zu gehen und auf das Autofahren zu verzichten. Stattdessen bestellte sie ein Uber – eine Entscheidung, die sie schon kurze Zeit später bereute.
Denn der Fahrer bestand darauf, dass sie sich auf den Vordersitz setze. Der Grund: Es läge zu viel Zeugs auf der Rückbank. Liz setzt sich also neben ihn – kurze Zeit später wird der Mann übergriffig. „Er hat versucht, mir unter den Rock zu greifen. Ich habe ihn immer wieder weggestoßen und er wurde immer energischer, also habe ich versucht, die Tür zu öffnen und er hat die Tür verriegelt und ich habe versucht, sie zu öffnen“, erzählt die Frau. Kurze Zeit später versuchte er, die junge Frau auf die Rückbank zu zerren, um sie zu vergewaltigen. Doch Liz wehrte sich und schaffte es nach einem minutenlangen Kampf, den Mann abzuwehren. Er entriegelt schließlich die Tür und Liz kann aus dem Auto flüchten.
Heute nennt die Frau die Erfahrung einen einzigen „Albtraum“; auch aufgrund der Reaktion von Uber. Denn als die Frau Beschwerde einreicht, erhält sie kaum Rückmeldungen. Letztlich sperrt Uber sogar ihren Account.
Hunderte Fälle von sexuellem Missbrauch, Vergewaltigung und Übergriffen
Liz, wie viele andere Frauen der Sammelklage, beklagen bei Uber nicht nur die Tatsache, dass es überhaupt zu sexuellen Übergriffen gekommen ist, sondern auch, wie das Unternehmen damit umgeht. Denn Fälle von sexueller Misshandlung, Vergewaltigung und anderen Straftaten seien schon lange bekannt, betonen die Klägerinnen. Denn seit 2014 wisse das Management hinter Uber, dass es immer wieder zu solchen Fällen komme. Die Gegenmaßnahmen seien ihrer Meinung nach einfach nicht groß und effizient genug gewesen.
Dass Uber durchaus von den Problemen weiß, zeigt sich auch bei dem Sicherheitsbericht, den das Unternehmen erst kürzlich veröffentlichte. Denn darin heißt es, dass alleine im Jahr 2020 998 Fälle von sexuellen Übergriffen gemeldet wurden. 141 davon waren Vergewaltigungen (diese Zahlen beziehen sich ausschließlich auf Amerika!). Doch das Unternehmen betont in diesem Zusammenhang auch, dass es eine Verbesserung gegeben habe. Denn in dem Bericht von 2017 bis 2018 wurden knapp 6.000 Fälle von sexuellen Übergriffen gemeldet; von 2019 bis 2020 waren es 3.824.
Uber reagiert auf Vorwürfe
Grund für diese sinkenden Zahlen sei laut dem Unternehmen ein aktives Handeln. Neue Sicherheitsprotokolle – die unter anderem intensive Backgroundchecks beinhalteten – wurden eingeführt und rund 80.000 Fahrer wurden aus der App ausgeschlossen. „Sexuelle Übergriffe sind ein schreckliches Verbrechen und wir nehmen jede einzelne Meldung ernst. Es gibt nichts Wichtigeres als Sicherheit, und deshalb hat Uber neue Sicherheitsfunktionen entwickelt, überlebensorientierte Richtlinien eingeführt und ist bei schwerwiegenden Vorfällen transparenter geworden“, betont Uber auch in einem Statement gegenüber der „New York Post'“.
Doch für die Klägerinnen reichen diese Handlungen einfach noch nicht aus. Auch die Anwälte der Klägerinnen betonen, dass das Unternehmen so viel mehr machen könnte, um die Sicherheit der Fahrgäste zu gewährleisten. Etwa: „Kameras, um Angriffe zu verhindern, robustere Background-Checks für Fahrer, ein Warnsystem, wenn Fahrer von ihren Routen abweichen“, erklärt der Anwalt Adam Slater. Stattdessen vermarkte sich Uber aber als sichere Alternative zu Alkohol am Steuer, was das Unternehmen zu einem „Magneten für Sexualstraftäter“ mache, die betrunkene Frauen angreifen wollen, ist sich der Anwalt sicher. Und genau das wolle man in Zukunft verhindern.