Ruth Bader Ginsburg gestorben: Ikone der US-Frauenbewegung
Ruth Bader Ginsburg, eine prominente liberale Richterin am Obersten Gerichtshof der USA, ist tot. Die 87-Jährige sei am Freitag im Kreis ihrer Familie an den Folgen einer Krebserkrankung gestorben, teilte das Gericht mit.
„Unsere Nation hat eine Juristin von historischer Statur verloren“, erklärte der Oberste Richter John Roberts. Ginsburg war 27 Jahre lang Richterin am Supreme Court und eine Ikone der US-Frauenbewegung.
Tod von Ruth Bader Ginsburg löst Polit-Streit über Nachfolger aus
Präsident Donald Trump und andere Politiker beider Parteien würdigten Ginsburg. „Sie führte ein erstaunliches Leben“, sagte Trump. „Sie war eine erstaunliche Frau.“ Sofort nach der Bekanntgabe ihres Todes brach zwischen Republikanern und Demokraten ein Streit über einen Nachfolger aus. Da dieser vom Präsidenten nominiert und vom Senat bestätigt wird, könnten die Republikaner die konservative Ausrichtung des Verfassungsgerichts auf Jahrzehnte zementieren.
US-Richterin & Kämpferin für Frauenrechte gestorben
Ginsburg war die älteste Richterin am Supreme Court und eine Ikone liberaler Amerikaner. Sie wurde 1993 vom demokratischen Präsidenten Bill Clinton an das mit Abstand wichtigste Gericht des Landes berufen. Dort machte sie sich insbesondere als Verfechterin von Frauenrechten einen Namen. Außerdem war sie auch maßgeblich an Entscheidungen zu Fragen der Rechte von Homosexuellen sowie dem Abtreibungsrecht beteiligt.
„Richterin Ginsburg ebnete den Weg für so viele Frauen, auch für mich“, schrieb die frühere demokratische Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton auf Twitter.
Trump kann Nachfolger auf Lebenszeit nominieren
„Mein größter Wunsch ist, dass meine Richterstelle nicht besetzt wird, bevor ein neuer Präsident vereidigt ist.“, sagte Ginsburg noch vor wenigen Tagen zu ihrer Enkelin. Denn der US-Präsident kann Verfassungsrichter auf Lebenszeit nominieren und den Supreme Court somit weit über die Amtszeit hinaus prägen. Seit seiner Wahl 2016 hat Donald Trump bereits zwei konservative Richter berufen. Mit dem Tod von Ginsburg bekommt er nun erneut die Chance, die Zukunft des US-Höchstgericht durch seine Nominierung zu prägen.
Einen konkreten Vorschlag für die Nachfolge gibt es bislang noch nicht. Trump hatte vor einigen Tagen allerdings eine Liste mit 20 potenziellen Kandidaten veröffentlicht. Viele Experten erwarten, dass er eine Frau nominieren wird, möglicherweise die konservative Bundesberufungsrichterin Amy Coney Barrett.
Die Ernennung von Verfassungsrichtern ist in den USA ein hochpolitischer Prozess. Denn die neun auf Lebenszeit ernannten Richter werden offen politischen Flügeln zugeordnet. Bis zum Tod von Ginsburg galten fünf von ihnen als konservativ. Zwei von diesen wurden von Trump nominiert – Neil Gorsuch 2017 und Brett Kavanaugh 2018. Ein Kandidat muss zudem vom Senat bestätigt werden, wo die Republikaner eine knappe Mehrheit haben. Sollten sie erneut einen vergleichsweise jungen Kandidat durchbringen – Gorsuch ist heute 53 Jahre alt, Kavanaugh 55 Jahre – dann könnte das auf Jahrzehnte hinaus zu einer soliden konservativen Mehrheit von sechs zu drei Stimmen im Supreme Court führen.
Streit über Nachfolge
Entsprechend forderten führende Demokraten am Freitag, den Nominierungsprozess bis nach der Präsidenten- und Kongresswahl Anfang November zu verschieben. Sie können sich Umfragen zufolge Hoffnungen machen, das Weiße Haus und den Senat zu übernehmen. Der nächste Präsident solle den Nachfolger bestimmen, forderte auch der demokratische Präsidentschaftskandidat Joe Biden. Der Sender NRP berichtete, Ginsburg selbst habe vor ihrem Tod ihrer Urenkelin eine Erklärung diktiert, wonach sie eine Ernennung ihres Nachfolgers durch den nächsten Präsidenten befürworte. Dies sei ihr „innigster Wunsch“.
Der Mehrheitsführer im Senat, Mitch McConnell, erteilte dem eine Absage. Die Kongresskammer werde über einen von Trump nominierten Kandidaten abstimmen, erklärte er. Vor vier Jahren hatte McConnell in einer ähnlichen Situation genau umgekehrt entschieden. Denn damals weigerte er sich, noch vor der Wahl 2016 einen gemäßigten Kandidaten des demokratischen Präsidenten Barack Obama zur Abstimmung zuzulassen. Einige Demokraten haben vorgeschlagen, im Falle eines Wahlsiegs im November die Zahl der Richter am Supreme Court aufzustocken, um so die konservative Mehrheit zu brechen.
(Quelle: Reuters)