ProSiebenSat.1: Was der Einstieg von Silvio Berlusconi und Mediaset bedeutet
Der italienische Privatfernseh-Konzern Mediaset von Silvio Berlusconi steigt bei ProSiebenSat.1 ein und will damit seine Idee einer europaweiten Fernseh-Allianz durchsetzen.
- Mediaset steigt mit 9,6 Prozent bei ProSiebenSat.1 ein
- Italiener betonen freundliche Absichten
- ProSiebenSat.1-Führung hatte Fusion stets abgelehnt
- Engeres Zusammenrücken beflügelt ProSieben-Aktien
Die vom ehemaligen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi kontrollierte Mediaset meldete am Mittwoch, sie habe eine Beteiligung von 9,6 Prozent an ProSiebenSat.1 gekauft. Das Aktienpaket, mit dem Mediaset zum größten strategischen Anteilseigner der deutschen Senderkette aufsteigt, war zum Schlusskurs vom Dienstag rund 330 Millionen Euro wert.
In Branchen- und Finanzkreisen hieß es, der Einstieg sei noch nicht der letzte Schritt. Ein Insider sagte aber, die Italiener hätten derzeit keine Pläne, den Anteil aufzustocken. Die gebeutelten ProSiebenSat.1-Aktien sprangen um fünf Prozent auf 15,37 Euro nach oben.
ProSiebenSat.1-Führung begrüßt das Investment
Berlusconis Sohn Pier Silvio, der Mediaset seit 18 Jahren führt, betonte die freundlichen Absichten des Konzerns und seine Wertschätzung für die ProSiebenSat.1-Führung um Max Conze, der eine Übernahme stets abgelehnt hatte. Am Mittwoch gab sich Conze konziliant: „Wir begrüßen das Investment von Mediaset und werten es als Vertrauensbeweis für unsere Strategie und das Team.“
Er treibt derzeit vor allem eine Internet-Plattform für TV-Inhalte voran und will dafür auch andere Fernsehanbieter ins Boot holen. Damit will Conze Streaming-Anbietern wie Netflix und Amazon Prime Paroli bieten, die vor allem ein junges Publikum anziehen und dem traditionellen Fernsehen das Wasser abgraben. Sie zielt zunächst auf Deutschland ab, könnte aber später auch europaweit aufgestellt werden.
Eine langfristige Entscheidung
Der Mediaset-Chef erklärte, der Einstieg bei ProSiebenSat.1 sei „eine langfristige Entscheidung, die darauf abzielt, mit einer zunehmend internationalen Ausrichtung Werte zu schaffen. Mediaset ist stolz darauf, in die Zukunft des frei empfangbaren europäischen Fernsehens zu investieren.“ Davon profitierten am Ende beide Unternehmen. Vorgewarnt worden war ProSiebenSat.1 von dem Schritt aber nicht.
Gerüchte um ein Interesse von Mediaset an ProSiebenSat.1 waren in den vergangenen Monaten immer wieder von Italien nach Deutschland geschwappt. Vorstandschef Berlusconi hatte sie eher noch befeuert: Er sprach erst im April von einer „europäischen Fernseh-Allianz“, für die Mediaset der „Motor“ sein wolle. Seine Pläne dafür wolle er bis Ende Juli vorstellen. Operativ arbeiten Mediaset, ProSiebenSat.1 und der britische Privatsender Channel Four sowie neun kleinere Sender seit längeren zusammen.
Fusionspläne hatten ProSiebenSat.1 und Mediaset aber dementiert. Conze sieht „keine industrielle Logik“ darin, wie er im April klar machte. Sein Stellvertreter Conrad Albert wurde noch deutlicher: „Wenn ich auf die harten Fakten schaue und mir die Bilanz von Mediaset anschaue, weiß ich, dass eine Übernahme völlig illusorisch ist.“
Tiefe Tasche dank Berlusconi
Operativ steht Mediaset schlechter da als die Kette aus ProSieben, Sat.1 und Kabel 1. Die Berlusconi-Holding Fininvest, die Mediaset mit 44 Prozent der Anteile kontrolliert, hat allerdings tiefe Taschen. „Berlusconi hat nun einen Fuß in der Tür. Bisher wollten nicht viele mit ihm reden, jetzt kommen sie nicht an ihm vorbei“, sagte eine Person aus dem Umfeld von Mediaset. Finanzvorstand Marco Giordani hatte zuletzt gesagt, man könne für Übernahmen eine Milliarde Euro aufnehmen.
Mediaset liegt seit Jahren im Streit mit seinem zweiten Großaktionär, dem französischen Medienkonzern Vivendi („Canal Plus“), der seit einer gescheiterten Allianz mit den Italienern 29,9 Prozent der Anteile hält.