Polen: Großdemo nach Tod von schwangerer Frau
Zehntausende Menschen haben sich in Polen zu einer Großdemo versammelt. Der Grund: Eine schwangere Frau ist aufgrund des Abtreibungsverbotes gestorben.
Die 30-Jährige soll laut Angaben das erste Opfer des neuen Gesetzes sein.
Abtreibungsverbot: Großdemo in Polen
In Polen sind zehntausende Menschen auf die Straße gegangen, um gegen das umstrittene, nahezu vollständige, Abtreibungsverbot zu protestieren. Im Oktober ist eine 30-Jährige aufgrund des neuen Gesetzes gestorben. Denn Izabela, wie die Frau hieß, wurde in ein Krankenhaus in Pszczyna im Süden des Landes eingeliefert. Sie hatte mit großen Problemen in der 22. Schwangerschaftswoche zu kämpfen. „Die Ärzte haben den Tod des Fötus abgewartet. Der Fötus ist tot, die Patientin ist tot, septischer Schock„, teilt die Anwältin der Familie, Jolanta Budzowska, mit.
Laut der Juristin haben es die Ärzte nicht gewagt, das Leben der Frau durch einen Schwangerschaftsabbruch zu retten. Laut offiziellen Berichten sollen die behandelten Krankenhausärzte von ihrem Dienst suspendiert worden sein. Die Staatsanwaltschaft hat die Ermittlungen aufgenommen.
Die Demonstranten zogen mit ihren Protestzügen unter anderem durch Polens Hauptstadt Warschau. „Nicht eine Einzige mehr“ war auf Schildern zu lesen, dazu ein Foto der 30-jährigen Izabela. Die Schwangere sei nach Angaben von Frauenrechtsgruppen „das erste Opfer des seit einem Jahr geltenden nahezu vollständigen Abtreibungsverbotes.“
„Das aktuelle Recht tötet Frauen“
Seit einem Jahr finden immer wieder Proteste gegen das Verbot statt. Der Tod von Izabela hat den Demonstranten einen erneuten traurigen Grund gegeben, um sich gegen das Verbot stark zu machen. „Ich bin hier, damit keine einzige Frau mehr in Gefahr ist„, berichtet eine Demonstrantin der Nachrichtenagentur AFP. „Das aktuelle Recht tötet Frauen.“
Im Oktober 2020 hat das Oberste Gericht mit der Unterstützung der polnischen Regierung das Abtreibungsrecht in dem Land noch weiter verschärft. Denn seit einem Jahr ist es auch verboten, schwer fehlgebildete Föten abzutreiben. Dieses wird als verfassungswidrig angesehen. Eine Abtreibung sei „nur“ noch nach einer Vergewaltigung und bei Lebensgefahr der Mutter möglich. Im Fall der 30-jährigen Izabela endete das Verbot nun tödlich.
Etwa 200.000 illegale Abtreibungen im Jahr
Schwangere müssen nun auch Kinder gebären, die keine Überlebenschance nach der Geburt haben. Der Vorsitzende der Regierungspartei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS), Jarosław Kaczyński, begründet die Entscheidung damit, dass diese Kinder dann im katholischen Sinne „getauft und beerdigt werden und einen Namen bekommen können„.
Pro Jahr soll es in Polen weniger als 2.000 legale Abtreibungen geben. Laut Frauenrechtsorganisationen soll die Dunkelziffer, also die Zahl jener Frauen, die eine illegale Abtreibung durchführen, jährlich etwa 200.000 betragen. Viele schwangere Polinnen sollen dafür auch ins Ausland gehen.