One Night Stand
Die geschwollenen Augen öffnen sich, nur ein Schlitz, mehr geht noch nicht. Der Kopf brummt. Der Körper ist schwer. Der Magen fühlt sich wie ein wuseliger Ameisenhaufen an. Die Augen sind jetzt halb offen. Das Genick bemüht sich um eine sanfte Drehung Richtung Handy. Nicht so schnell, der Magen! 12 Uhr 48 zeigt es an. Ich sage krächzend: „Oh Nooo!“ Ich schmeiße es unbedacht wieder auf seinen Platz. Ich merke, das ist eigentlich nicht „sein“ Platz!
Ah, stimmt. Ich bin nicht zuhause. Ich bin bei – eeeh – Namen vergessen. Macht nichts. Er schläft noch. Meine Bewegungen verlangsamen sich um das Zehnfache. Leise sein, nicht das – eeeh – Namen vergessen aufwacht! Denk nach, wo hat er dein Höschen hingeschmissen. Denk nach, denk nach! Da liegt es, neben dem Bett, classic. Schnell, langsam und leise weiter anziehen. Zimmer scannen, um nichts zu vergessen. Ich schaue ihn wieder an. Er schläft noch immer. Gut! Verdammt, wie heißt er!?
Bevor es rausgeht noch schnell auf die Toilette. Ah, das ist die Küche. Ups, jetzt steh ich im Zimmer seines WG-Buddies.
Verdammt, wo ist diese Toilette.
Jetzt heißt es nochmal super vorsichtig sein und die Schuhe anziehen. Gleichgewicht, wir müssen jetzt zusammenarbeiten. Schuhlöffel fliegt runter. Du Bastard! Kurz eingefrorene Pose einnehmen und lauschen, ob sich was aus seinem Zimmer tut. Nichts!
Soll ich meine Nummer hinterlassen? Ach, ich weiß nicht mal, wie er heißt. Geh einfach. Große braune Eingangstür. Diese leise zu schließen, ist unmöglich. Macht aber nichts, bin ja dann eh auf der anderen Seite. *Boom* Tür zu, ich weg.
„Guten Tag“, sagt er, ich nicke zurück. Weiß der Nachbar jetzt auch Bescheid.
Ein Blick im Spiegel wäre noch gut gewesen. Egal, wird schon passen. Ich draußen, vor mir ein Auto, es spiegelt mein Abbild – hat nicht gepasst. Ich zieh den Rock runter, er rutsch rauf, dasselbe Spiel hundertmal bis zur U-Bahn. Danke vergangenes Ich für die Sonnenbrille. Nun ist es halb so schlimm. Danke vergangenes Ich für die Entscheidung, High-Heels zu tragen, kaum peinlich, mitten am Tag, so halb betrunken. Doch wieder schlimm.
U-Bahn, ein Sitzplatz, geil. Schweißausbruch. Ich rieche nach Schweiß und Penis oder halt Sex. Frau neben mir setzt sich weg. „It’s ok, girl“, denke ich. Würde ich auch machen. Mein Bummsfilz aka. meine Haare, die ich ohne Haargummi nicht bändigen kann, und mein knappes Outfit, das am Vorabend noch „super cute“ war, lassen mich wie Lindsay Lohan an ihren besten Tagen aussehen.
Nur noch paar Meter, ich höre meine Dusche schon. Ich öffne die Tür, Mitbewohnerin fragt wo ich war. Bei „Eeeh Name vergessen!“