YouTube-Star Michael Buchinger hat es wieder getan und nach seinem ersten Buch „Der Letzte macht den Mund zu“ nun ein zweites Buch, inklusive Hörbuch veröffentlicht. „Lange Beine, kurze Lügen“ heißt sein neuestes Werk, in dem er über witzige Geschichte aus seinem Alltag schreibt und von seinem Problem mit dem Lügen erzählt. Wir haben Michael Buchinger zum Interview getroffen.

In deinem neuen Buch geht vor allem um kleine Notlügen im Alltag und dass es dir manchmal auch schwer fällt, ehrlich zu sein. Ist das auf Dauer nicht ein bisschen anstrengend für dich?

Natürlich ist es anstrengend für mich, aber ich glaube für die anderen Leute ist es sehr angenehm, wenn sie von mir immer in so eine sich wohl anfühlende Unwahrheit gehüllt werden. Ich mache es ja vor allem aus Höflichkeit, dass ich halt nicht immer die brutale Wahrheit sage, sondern eher „Ja das passt dir eh gut- schöne Hose, total super!“ und meine eigentliche Meinung ist dann vielleicht anders. Wobei ich sagen muss, seit ich dieses Buch geschrieben habe, habe ich das geändert. Und zu meinen engsten Freunden bin ich natürlich sehr ehrlich, fast zu ehrlich. Aber wenn ich jemanden so flüchtig auf einem Event kennenlerne, dann flunkere ich vielleicht.

Was sind denn so typische Lügen auf die du nie verzichten könntest?

Ich glaube das Typische ist natürlich wenn mich jemand fragt „Wie geht’s dir“ – da sage ich nicht „ Ah total schlecht ich hab schon wieder so einen fürchterlichen Ausschlag“, sondern eher „ Oh alles super, total toll, reine Haut wie eh und je“. Oder im Restaurant, wenn gefragt wird „Hat’s geschmeckt?“ – Ich hasse Konfrontation und wenn ich dann sage „Nein eigentlich nicht. Ich finde der Preis war ungerechtfertigt, dafür, dass es nicht ganz durch war“, würde ich glaub ich auch nicht machen. Also all diese Lügen. Oder wenn mir jemand etwas schenkt und mich fragt „Na gefällt es dir eh?“ – Die Socken, die ich dir jetzt zum 5. Jahr in Folge schenke – da sag ich dann auch „Ja Oma, danke sehr“.

Gibt es für dich auch positive Erlebnisse, die dir in Erinnerung geblieben sind, als du mal wirklich gelogen hast?

Es gibt sicher Einige. Also Lügen… ich habe eher geflunkert. Ich war jetzt bei so einer Messe in Berlin, das war so ein Kongress für Leute in den Medien, der 3 Tage gedauert hat. Und ich habe per se nicht gelogen. Ich hab mich halt an eine Person, von der ich wusste, dass sie Speaker ist, angehängt und durfte dann kostengünstig, um nicht zu sagen gratis, auch rein. Und das war einer meiner größten Lügenkomplotte, ich war natürlich nur mit dieser Person befreundet, weil ich dort unbedingt hin wollte, aber es hat sehr gut geklappt.

Hast du dich schon mal so in ein Lügenkonstrukt verrannt, dass du dann keinen Ausweg mehr gefunden hast?

Ja. Ich bin auch gerade in einer Lüge verstrickt. Weil zum Beispiel meine Schwiegermutter, die Mutter meines Freundes, liebt Scrabble. Und zum ersten Mal, als ich sie kennengelernt habe, hat sie mir all diese Fragen gestellt und ich wollte, dass sie mich mag. Sie wollte wissen, „Michi spielst du gerne Spiele wie Scrabble?“ und ich hab gesagt, „Ja natürlich- wer liebt nicht Scrabble!“. Und ja – ich mag Scrabble eigentlich nicht so gerne, ich finde es etwas langweilig, besonders mit der Schwiegermutter. Ich dachte, das wäre so eine kleine Notlüge, aber jedes Mal, wenn wir uns sehen, sagt sie „Na wenn du jetzt schon da bist, dann spielen wir noch eine Runde Scrabble.“ – Das geht jetzt schon seit 4,5 Jahren und ich kann einfach nicht mehr zurück. Ich hasse es und ich kann nichts machen.

Und was machst du, wenn du jemanden beim Lügen ertappst? Lässt du den auffliegen oder spielst du einfach mit?

Es kommt auf die Lüge an. Manchmal wünsche ich mir, dass die Leute mich eher anlügen. Ich hab mal jemandem ein Buch geborgt, Feuchtgebiete, und die Person hat es verloren. Und die Person sagt „Ah ich hab das verloren, es tut mir so leid etc..“. Da denke ich mir, wieso erzählst du mir das? Schade um die Zeit, lüg doch einfach und sag, es wurde dir gestohlen oder lass dir was Kreatives einfallen. Oder sag’s mir gar nicht, mir wäre es nicht aufgefallen.

Es gibt auch Menschen, die meinen, man sollte immer die Wahrheit sagen? Wie stehst du dazu, wenn Menschen immer die Wahrheit sagen – eben zum Beispiel auch Wahrheiten, die man gar nicht hören will?

Ich habe immer ein Problem damit, wenn Leute ungefragt die Wahrheit sagen und ungefragt Kritik abgeben. Wenn ich jemanden um seine ehrliche Meinung bitte und frage „Hey wie gefällt dir meine rosa Jeansjacke?“, dann erwarte ich mir schon die Wahrheit. Wenn ich das zum Beispiel von einer Freundin verlange. Aber wenn jetzt einfach jemand zu mir kommt und unaufgefordert Klartext spricht, finde ich das ein bisschen komisch. Es gibt so Leute und die sind auch sehr stolz darauf und ich glaube, die sehen das als Teil ihrer Persönlichkeit, dass sie so direkt sind. Und das ist cool für sie, wenn sie damit zufrieden sind – aber ich glaub zu mir passt das nicht ganz und ich versuch, immer nett zu bleiben.

Du sprichst im Buch auch davon, dass du wirklich mal probiert hast, eine Woche lang ehrlich zu sein. Wie war das so für dich?

Das war sehr anstrengend, weil mir da erst aufgefallen ist, wo ich überall lüge. Die typische Lüge ist ja, dass ich in ein Geschäft reingehe und gefragt werde „Suchen Sie etwas Bestimmtes?“ und da sag ich immer „Nein“ obwohl ich immer etwas Bestimmtes suche, sonst würde ich nicht in dieses Geschäft reingehen. Und da habe ich mich erstmal dabei ertappt, wieviel ich eigentlich lüge. Aber es war grundsätzlich gut, weil ich auch einige Konflikte in meinem Leben sehr schnell lösen konnte. Ich hab zu Dingen, auf die ich Lust hatte, „Ja“ gesagt und zu allem Anderen „Nein“ und das war super – ich hatte so viel Zeit wie noch nie zuvor.

Du plauderst in deinem Buch Geheimnisse aus oder Lügen, die du schon mal erzählt hast und sagst zum Beispiel auch über dich selbst: Dein Hass und deine nie enden wollende Böswilligkeit sind eigentlich ein Mythos. Wie ist das jetzt für dich, wenn dich deine Fans eigentlich immer so wahrgenommen haben und du dich in deinem Buch plötzlich von einer anderen Seite zeigst?

Also ich finde das super, ich weiß nicht, wie es die Fans auffassen. Ich finde das erfrischend, weil mein Problem war halt immer, dass ich Leute auf der Straße treffe oder sonst so wo, sie extra hinkommen, um mich zu treffen. Und da sind sie dann immer total unterwürfig oder haben Angst, dass ich jetzt gemein bin oder, dass sie auf meiner Hassliste landen und ich hab das jetzt schon ein paar Mal thematisiert. Und jetzt wo die Leute wissen, dass ich in echt ja eh nett bin, ist der Dialog auch viel offener würde ich sagen. Das genieße ich sehr. Ich weiß nicht, ich kann halt nicht abwägen ob das die Leute immer noch so spannend finden jetzt wo ich den Vorhang vorgezogen habe und die Leute vielleicht wissen, dass meine Hasslisten ein bisschen übertrieben sind. Aber ich glaube, das kann man schon mit sich vereinbaren, ich hab einfach zwei Persönlichkeiten. Eine im Internet und eine im echten Leben.

Du sagst auch „Ich lüge nicht, ich performe“- Was meinst du damit?

Na ja da ging’s im Spezifischen um meine Kabarettauftritte. Da geh ich halt auf die Bühne und sage „Ah ich hab so einen anstrengenden Tag gehabt, ich komme grad von der Taufe meiner kleinen Nichte“ – Das stimmt natürlich nicht. Das hab ich jetzt schon 20 Mal erzählt und die Taufe gab’s halt nur einmal. Solche Dinge meine ich da. Und im Sinne von YouTube – Es soll natürlich unterhaltsam sein, wenn du ein Video schaust und nicht jeder Tag meines Lebens ist unterhaltsam. Das heißt, sobald ich auf „Aufnehmen“ drücke, bin ich ein bisschen lauter und aufgeweckter als sonst und lustiger und dahingehend ist meine YouTube-Persönlichkeit schon eine Performance, weil es sehr übertrieben ist. So ein Best Of meiner wahren Persönlichkeit.

Was ist für dich selbst dein persönliches Lieblingskapitel oder deine Lieblingsstory im Buch?

 Also es gibt ein Kapitel, da bin ich mit meinem Freund Dominik auf Mauritius und wir müssen so tun, als wären wir verheiratet damit wir im Hotel 30 Prozent weniger bezahlen. Und das mag ich sehr gerne, weil das ist so wie eine Folge einer Sitcom, wo einfach jemand seinen Partner zwingt zu lügen, damit der Urlaub ein bisschen günstiger ist und das finde ich einfach sehr witzig. Auch Dominik freut sich glaub ich, wenn er irgendwo vorkommt und Teil meines Lügenkomplotts sein darf und deswegen mag ich dieses Kapitel sehr gerne.

Wie würdest du dieses Buch in drei Worten beschreiben?

FUN FUN FUN!

Michael Buchingers neues Buch „Lange Beine, Kurze Lügen“ ist ab sofort als Buch und Hörbuch erhältlich.