Mahlzeit! Das steckt in Nasenpopel, Wundkruste und Ohrenschmalz
Kleine Kinder tun es ganz offen. Erwachsene, nur wenn sie sich unbeobachtet fühlen: Am eigenen Körper auf Nahrungssuche gehen. Gegessen wird so ziemlich alles, was der Körper so hergibt. Nasenpopel etwa, Wunschschorf oder auch Ohrenschmalz soll für viele verlockend sein. Wir haben uns die fünf beliebtesten Körperquellen mal näher angeschaut.
Die Angewohnheit seine eigenen Körpererzeugnisse hinter geschlossenen Türen herauszuholen und zu vernaschen, ist weiter verbreitet als man denkt.
Nasenpopel und Co: Die 5 beliebtesten „Nahrungsquellen“ des Körpers
Ja es gibt ihn, den kleinen Kannibalismus am eigenen Körper über den natürlich niemand offen spricht. Wer genüsslich eine ordentliche Kruste abpult oder einen fetten Popel aus der Nase zieht, erlebt einen Triumph ähnlich dem Endorphin-Rausch den man verspürt, wenn ein prächtiger Pickel ausgedrückt wird. Und ohne groß darüber nachzudenken, landet die Beute bei so manchem im Mund. Für einige ist das Gefummel und Geschmatze eine kleine, geheime Leidenschaft. Andere empfinden es mehr als Macke. Und wieder andere als Sucht, die bis zur Selbstverstümmelung getrieben und meist nicht mal mit dem eigenen Therapeuten besprochen wird. Wir haben uns gefragt, was in den kleinen Genuss-Marotten denn so drinnen steckt? Und wann wir besser (im wahrsten Sinne des Wortes) die Finger davon lassen sollten. Eine kleine Spurensuche…
1. Nasenpopel
Poppel, Rotz oder Schnoder ist ein Schleim-artiges Sekret, dessen Aufgabe es ist, die Atemluft zu befeuchten und wie ein Filter zu agieren. Bestandteile aus der Luft werden beim Einatmen durch das Nasensekret herausgefiltert. Der Popel hat also – wie alle Körpersekrete – seine Daseinsberechtigung. Seine süßliche Essenz ist ein Gemisch aus Nasensekret, Staub, Pollen und Krankheitserregern. Klingt jetzt eigentlich nicht so gschmackig. Andererseits sind die Nase und der Mund sowieso miteinander verbunden. Wir nehmen also den ganzen Tag mehr oder weniger unser Nasensekret zu uns. Forscher der Harvard University und des Massachusetts Institute of Technology gehen in ihrer Veröffentlichung der Fachzeitschrift „Applied and Environmental Microbiology“ sogar so weit zu behaupten, Popel-Essen würde unser Immunsystem stärken.
Der Studie nach sollen Bakterien im Nasenschleim vor Karies schützen und sich positiv auf den Magen- und Darmtrakt auswirken. Eine kleine Schluckimpfung sozusagen, von der selbst der reservierte Jogi Löw trotz zahlreicher Kameras am Fußballfeld nicht die Finger lassen konnte. In Zeiten der Corona-Pandemie sollten sich Nasenbohrer aber dennoch zurückhalten. So birgt das Gepule doch Gefahr, Keime in die verletzten Schleimhäute zu bringen. Mediziner warnen generell davor, mit dem Finger Verletzungen an den Schleimhäuten anzurichten. Mitunter ist das Verlangen dann auch stark, die entstandenen Krusten wieder zu entfernen. Wer öfter Nasenbluten hat, sollte dies als Warnung betrachten und sich beim nächsten Mal lieber auf die Finger klopfen.
2. Ohrenschmalz
Im Inneren des Gehörgangs wird am laufenden Band eine zähe, klebrige, gelbe Substanz produziert. Der Ohrenschmalz, in der Fachsprache Cerumen genannt, besteht aus verschiedenen Fettsäuren und Cholesterin. Es hält den Gehörgang geschmeidig, verhindert das dieser austrocknet und zu jucken anfängt. Zudem hält das Cerumen den Säureschutzmantel aufrecht, der das Eindringen von Krankheitserregern verhindert. Das verkannte Ausscheidungsprodukt soll sogar gegen Herpes helfen wie eine wissenschaftliche Studie belegt.
Wer die Mischung schon mal „gekostet hat“ weiß, der klebrige Schmalz schmeckt bitter. Die Bitterstoffe darin sind keimtötende Substanzen, die auch kleine Insekten davor abschrecken, sich in unseren Ohren zu verkriechen. Wer also daran Interesse hat, seine Gehörgänge frei von Tieren und Keimen zu halten, sollte besser auf Wattestäbchen und zu viel Genasche verzichten. Im Grunde genommen reinigt sich der Gehörgang durch Kaubewegungen und winzige Härchen, die den Schmutz in Richtung Ohrmuschel transportieren, von selbst. Was dort ankommt, ist eine Mischung aus Ohrenschmalz, Hautschüppchen und Schmutzpartikel. Ungesund ist der Ohrcocktail nicht, viel eher besteht allerdings wieder die Gefahr, dass durch die Finger Verletzungen im Ohr entstehen und Keime in die offenen Stellen kommen.
3. Wundschorf
„Ich habe Schürfwunden, die ich immer wieder aufkratze und manchmal esse ich sogar die Kruste, die darüber gewachsen ist. Das ist doch nicht normal! Ich weiß nicht, wieso ich das mache und wie es angefangen hat, aber ich kann nicht aufhören!“, schreibt etwa Anonymus-Anonym in einem Psychologie-Forum. „Also ich mache das manchmal auch. Zum Beispiel den Kopf mit den Fingernägeln absuchen und die Komedone auskratzen. Das mache ich abends als Ritual vorm TV. Und gegessen hab ich das auch schon. Ich weiß, das ist ekelig. Aber ich habe nie über das WARUM nachgedacht“, so die Antwort von Benutzerin005. Wenn man sich in diversen Foren umschaut, scheint Wundschorf zu pulen und zu knabbern ein regelrechter Fetisch zu sein.
Wir sagen jetzt mal: Leute das ist keine gute Idee! Immerhin hat der Schorf zwei Funktionen: Zu verteidigen und zu reparieren. Er ist die Schutzbarriere unseres Körpers. Bei Verletzungen tritt aus den Gefäßen eiweißhaltiges Blutplasma. Trocknet das Plasma auf der Haut bildet es einen klebrigen, gelblichen Film. Und der sollte da so lange wie möglich drauf bleiben. Wer so weit geht, in stressigen Situation ständig an Hautunebenheiten herumzukratzen bis es blutet, sollte besser hellhörig werden. Skin Picking ist eine psychische Erkrankung, die zu den Zwangsstörungen zählt. Betroffene verspüren den starken inneren Drang, ihre Haut zu bearbeiten. Eine Verhaltenstherapie kann hier Abhilfe schaffen.
4. Fingernägel
Die Fingernägel sind im Grunde genommen eine Verlängerung der Haut. Die Nagelplatte besteht aus verhärteten Hautzellen und dem Hornsubstanz Keratin. Sie dient vor allem dem Schutz unserer Fingerkuppen, da diese mit über 3.400 Nervenenden ziemlich empfindlich sind. Zudem unterstützt der Fingernagel die Greiffunktion und den Tastsinn. Der Leidenschaft des Nagelbeißens sind wir größtenteils als Kinder nachgegangen. Und das scheint für unser Immunsystem auch ganz gut gewesen zu sein wie eine Langzeitstudie aus Neuseeland herausgefunden hat. Weil wir als Nagel-kauende-Kinder mit mehr Bakterien in Kontakt gekommen sind, haben wir unser Immunsystem für Infektionskrankheiten starkgemacht.
Und gleichzeitig soll die Gewohnheit auch eine gute Vorbeugung gegen Allergien sein. Klingt also nach einer Marotte, der man getrost nachgehen kann. Aber besser wohl nicht in Pandemie-Zeiten. Und gefährlich wird es, wenn man sich die Nägel bis zur Nagelsohle vornimmt oder die Haut an den Fingerkuppen knabbert. Dadurch verkürzt sich die Nagelplatte und es kann zu bakteriellen oder viralen Entzündungen, Blutungen und Fehlbildungen kommen. Und auch die Zähne und der Mundraum können in Mitleidenschaft gezogen werden.
5. Haarschuppen
Jetzt wirds nochmal heavy für all jene, die ständig auf der Kopfhaut rumknibbeln und dem Verlangen nachgehen, den Kopfschorf und die Hautschuppen zu essen. Denn auf unseren Köpfen lebt ein mikroskopisch kleiner Hefepilz namens Malassezia globosa. Dieser Hefepilz ist eigentlich ganz harmlos. Er ernährt sich von den natürlichen Fetten unserer Kopfhaut und hinterlässt als Nebenprodukt eine Ölsäure. Diese dient unserem Haupt als Schutzschild und hält es vor Umwelteinflüssen fern. Leider reagieren viele von uns aber mit Hautreizungen und jucken auf diese Ölsäure. Natürlich will der Körper das juckende Zeugs loswerden und beschleunigt daher die Zellerneuerung. Die gereizte Haut wird abgestreift und mehr Schuppen entstehen. In dem Fall heißt es: Finger weg, sonst nimmt der Teufelskreis kein Ende. Zudem kann durch zu viel Kopfgekratze auch die Haarstruktur beschädigt werden. Das wollen wir doch nicht, oder?