Klimaerwärmung lässt unser Gehirn schrumpfen – laut Studie
Schmelzende Gletscher, steigende Meeresspiegel, Wetterextreme – die Folgen der Erderwärmung sind massiv und vielfältig. Doch Forschende aus den USA fanden nun heraus, dass sich der Klimawandel offenbar auch negativ auf das menschliche Gehirn auswirkt.
Einer neuen Studie zufolge sollen die steigenden Temperaturen auch das Denkvermögen beeinflussen.
Studie: So wirkt sich der Klimawandel auf das menschliche Gehirn aus
Der Klimawandel ist eine der größten globalen Herausforderungen unserer Zeit. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse sind eindeutig: Die Temperaturen steigen, Gletscher schmelzen, das Meeresspiegel steigt und extreme Wetterereignisse nehmen zu. Doch die Klimaerwärmung wirkt sich offenbar auch auf den menschlichen Körper aus. Forschende aus den USA haben nun herausgefunden, dass dieser Klimaanstieg potenziell evolutionäre Auswirkungen auf die Menschheit haben könnte.
Kurzer Ausflug in die Geschichte der menschlichen Evolution: Während des Evolutionsprozesses hat sich das menschliche Gehirn kontinuierlich vergrößert. Bei unseren Vorfahren war es noch deutlich kleiner, bis vor etwa zwei Millionen Jahren das Hirnwachstum der Homo-Gattung rapide beschleunigt wurde, was letztendlich zur Entwicklung des modernen Homo sapiens führte. Bei diesem Prozess spielten verschiedene Faktoren eine bedeutende Rolle, darunter veränderte Ernährungsgewohnheiten, die Entstehung neuer Werkzeuge sowie Umweltbedingungen.
Rückgang des Gehirnvolumens
Doch inwiefern beeinflusste das Klima die Entwicklung des menschlichen Gehirns? Mit dieser Frage beschäftigte sich ein Forschungsteam vom Naturhistorischen Museum in Kalifornien in den USA. Und ihre Erkenntnisse, die jetzt im Fachjournal „Brain, Behavior and Evolution“ veröffentlicht wurden, sorgen für Aufsehen: Denn die Wissenschaftler:innen stellten in ihrer Studie fest, dass Klimaveränderungen in Richtung höhere Temperaturen in der Vergangenheit zu einem Rückgang der menschlichen Gehirngröße geführt haben. Demnach ließen also wärmere Klimaphasen das menschliche Gehirn schrumpfen.
Zwar hatte die Menschheit schon immer mit Temperaturschwankungen zu kämpfen, vorherige Studien gingen aber meist davon aus, dass das Gehirnvolumen im Verlauf der Zeit bis heute stetig angewachsen ist. Doch auch wenn es beim Gehirn eine grundsätzliche Wachstumstendenz gab, so ging diese nicht immer nur stetig nach oben. Vor allem höhere Temperaturen sollen das Gehirnwachstum negativ beeinflusst und zu Unterbrechungen geführt haben.
Team untersuchte 50.000 Jahre Menschheitsgeschichte
Für ihre Erkenntnis sind die Forschenden 50.000 Jahre in der Menschheitsgeschichte zurückgegangen und haben gemessen, wie sich das Gehirnvolumen des Menschen bis heute in Abhängigkeit zu vorliegenden Daten zu Temperaturen, Luftfeuchtigkeit und Niederschlägen verändert hat. Im Datenabgleich konnten die Forschenden eine klare Tendenz herausarbeiten, die zeigte: Das Volumen des menschlichen Gehirns verringerte sich nach der letzten Eiszeit während der gesamten Wärmeperiode des Holozäns deutlich. Im Durchschnitt schrumpfte es im Verlauf um etwas mehr als 10,7 Prozent. „Die Veränderungen der Gehirngröße scheinen Tausende von Jahren nach den Klimaveränderungen stattzufinden“, erklärt der Studienleiter Jeff Morgan Stibel dazu. Eine Erkenntnis, die offenbar düstere Prognosen für die Zukunft aufwirft.
Experte befürchtet schädliche Auswirkungen auf menschliche Kognition
Der Forscher befürchtet, dass die fortschreitende globale Erwärmung langfristig auch schädliche Auswirkungen auf die menschliche Kognition haben könnte. Er erklärt dazu: „Selbst eine geringfügige Verringerung der Gehirngröße beim Menschen könnte unsere Physiologie auf eine noch nicht vollständig verstandene Weise beeinflussen.“ Es bleibt allerdings vorerst ein Rätsel, was genau die Variationen in der Gehirngröße unserer Vorfahren verursacht hat, da das Klima nicht allein für die gesamte evolutionäre Vielfalt verantwortlich zu sein scheint. Laut Stibel könnten auch ökosystemische Faktoren wie Raubtiere, indirekte Klimaeffekte wie Vegetation und Nettoprimärproduktion oder nicht-klimabedingte Einflussfaktoren wie Kultur und Technologie zu den Veränderungen in der Gehirngröße beigetragen haben.
Er fasst aber zusammen: „Insgesamt deuten die Ergebnisse aber darauf hin, dass der Klimawandel die Gehirngröße von Homo sapiens beeinflusst hat und dass bestimmte evolutionäre Veränderungen im Gehirn eine Reaktion auf Umweltbelastungen sein könnten.“ Zur Stützung dieser These seien nun allerdings auch noch weiterführende Studien nötig.