Ich habe Anmachsprüche getestet und so gut haben sie funktioniert
Ich bin Feministin, schreibe mir zu, dass ich gleichberechtigt denke, handle und lebe. Ich fordere die Gleichstellung beider Geschlechter, egal, in welchen Bereichen. Und dennoch konnte ich mir nicht vorstellen, einen Mann anzusprechen. Immerhin hat mir die Gesellschaft suggeriert, es ist Männersache.
Aber genau so, wie ich von Männern fordere, ihre alten Denkmuster aufzubrechen, so sehr will ich es selbst auch können. Also wollte ich herausfinden, wie man am besten jemanden anspricht, was funktionieren kann, was nicht und ob es tatsächlich so viel Überwindung kostet, wie man es erwarten würde.
Wie spricht man jemanden an, wenn man es zuvor noch nie getan hat?
Seit ich denken kann, glaube ich zu wissen, dass es die Sache der Männer ist Frauen anzusprechen. Und da ich mich zu dem weiblichen Geschlecht zähle, habe ich niemals einen Gedanken daran verschwendet, dass es auch umgekehrt funktionieren sollte. Ziemlich schade, finde ich. Immerhin sollte man sich nicht auf die Stereotypen der Geschlechter fixieren, noch sollte man etwas fordern, das man selbst nicht geben will. Also habe ich mir eine Party ausgesucht, an der ich die Rolle übernehmen möchte, die eigentlich von der Gesellschaft dem Mann zugeschrieben wird: Die Rolle der Person, die anspricht.
Als ich zu der Party gekommen bin, wusste ich natürlich nicht, wie man die Sache am besten angehen könnte. Woher auch, immerhin war es der erste Abend, an dem ich den aktiven Part übernehmen wollte. Also habe ich einfach alles, was mir eingefallen ist, probiert. Von Sätzen, die ich selbst gehört habe, Gesten, die man kennt oder Aktionen, die ich irgendwo aufgeschnappt hatte. Alles, was ich versucht hatte, ist mir selbst bereits passiert. Somit konnte ich eine weibliche mit einer männlichen Reaktion vergleichen – auch, wenn sich aus zwei Menschen womöglich keine repräsentative Studie ergeben wird.
1. Frage, ob er ein Feuerzeug hat
So funktioniert’s: Man geht hin und fragt, ob er ein Feuer hat. Das, was ich mir durch eine subtile Anmache, wie diese erwarte, ist ein Gesprächsbeginn. Zumindest stell ich es mir so vor, wenn man in eine neutrale Unterhaltung einsteigen möchte.
Also bin ich zu jemanden hin und habe ihn gefragt, ob er ein Feuer hat. Daraufhin hat mir die Person ein Feuerzeug in die Hand gedrückt. Dann habe ich mich bedankt und gefragt, wie er heißt. Irgendwann haben wir dann begonnen wirklich zu reden, sicher über 20 Minuten. Was er so macht, was ich so mache, wie wir die Party finden und was ein Gespräch dieser Art so hergibt. Tatsächlich hatte die Frage gereicht, um ein Gespräch daraus zu gewinnen.
Irgendwann musste ich aber auch schon weiter, also bin ich gegangen und habe gemeint, wir können später noch was gemeinsam trinken. Das haben wir schlussendlich auch. Und ich finde, diese Art jemanden anzusprechen ist die, die am wenigsten Überwindung kosten muss. Es ist neutral, niemand fühlt sich so, als würde man gerade seine Komfortzone verlassen.
2. Schick eine Freundin vor
Es gibt selten eine Art jemanden anzusprechen, die ich so unnötig finde, wie einen Freund vorzuschicken. Ich verstehe, warum man es macht, immerhin ist es weniger Aufwand und für schüchterne Leute sicher angenehmer. Nur kann ich mir einfach nicht vorstellen, dass es tatsächlich schon einmal funktioniert hat. Wenn jemand zu mir kommt und mir erklärt, er habe einen Freund, der mich kennenlernen will, dann frage ich mich nur: Und warum bist dann du hier und nicht dein Freund?
Aber genau das habe ich gemacht: Ich habe einer Freundin gesagt, sie soll zu einem Mann gehen und ihm sagen, ich will ihn kennenlernen. Das hat sie dann auch gemacht. Mit hoher Wahrscheinlichkeit war das einer der unangenehmsten Momente, die mir in diesem Jahr widerfahren sind. Als sie zu ihm gegangen ist, beide hergeschaut haben und sie auf mich gezeigt hat, hab ich einfach gewunken – was man halt in einem Moment wie diesem so macht. Hergekommen ist er trotzdem, wir haben kurz geredet, aber die Peinlichkeit, die solch eine Situation mit sich bringt, haben wir beide nicht überwunden. Ein Annäherungsversuch, den ich nicht empfehlen würde.
3. Lade ihn auf ein Getränk ein
Irgendwann bin ich zu jemanden hin und habe ihn gefragt, ob er ein Bier trinken will. Er meinte, gerne und wir gingen zur Bar. Also bestellte ich zwei Bier und wir redeten darüber, welches Bier wohl das Beste ist. Als die Rechnung gekommen ist, wollte er zahlen. Als ich ihm gesagt habe, dass ich ihn einladen will, ihn auch deswegen gefragt habe, ob er eines trinken möchte, dachte er, ich mache Spaß. Er hat bis zur letzten Sekunde den Geldschein hingehalten. Ich habe gemerkt, dass er nicht glauben konnte, dass ich ihn einlade – so ganz ohne Gegenleistung.
Er hatte auch das gesamte Gespräch über, das ein ganzes Bier dauerte, das Gefühl, er müsse sich revanchieren. Zumindest war das meine Empfindung, denn er lenkte die Unterhaltung immer wieder darauf, dass er mir unbedingt danach auch ein Getränk kaufen möchte, egal welches ich möchte. Irgendwie war es uns im Endeffekt dann beiden fast unangenehm. Mir, weil er das Gefühl hatte, er muss sich revanchieren und ihm, weil es offensichtlich das erste Mal gewesen ist, dass er von einer Frau eingeladen wurde und nicht wusste, wie er damit umgehen soll. Und, ob ich ihn schlussendlich nicht doch nur auf den Arm genommen habe.
Eigentlich finde ich es eine nette Geste, jemanden, den man interessant findet, auf ein Bier einzuladen. In der Praxis kann es sich nur als schwieriger herausstellen – für beide Seiten.
4. Sag einfach, Hallo
Ich weiß nicht, wie ich auf diese glorreiche Idee gekommen bin, aber getan habe ich es trotzdem. In meiner Vorstellung ergibt sich dann ein tolles, langes Gespräch. Nur muss man schon mehr Bemühung reinpacken, als ich es vielleicht getan habe.
Ich bin zur Bar gegangen und habe einen Typen, der dort gestanden ist, begrüßt. Beziehungsweise habe ich einfach „Hey“ gesagt. Daraufhin hat er gelächelt und mich auch begrüßt. Darauf folgten zwei Minuten Stille, in denen sowohl ich, als auch er, erwartetet hatten, dass der andere etwas sagt. Dem war aber nicht so. Er hat nur gefragt, ob wir uns kennen, aber das taten wir nicht, also verneinte ich. Dann sind wir beide in verschiedene Richtungen gegangen und ich habe ihn nie wieder gesehen.
5. Frag ihn, ob es wehgetan hat, als er vom Himmel gefallen ist
Die klassischen Sprüche, die man von einem Pick-Up Artist hört, sind wahrscheinlich nicht der beste Weg, jemanden kennenzulernen. Probiert habe ich es trotzdem, also habe ich einen Mann gefragt, ob es weh getan hat. Daraufhin fragte er mich, was ich meine. „Na, als du vom Himmel gefallen bist“.
Dann hat er gelacht und ich auch. Ich hätte mir nicht gedacht, dass es ein Weg sein kann, der tatsächlich funktioniert. Aber das hat es, immerhin haben wir dann recht lange geredet und er hat mich auf ein Getränk eingeladen. Ich glaube, wenn man die Situation nicht so ernst nimmt und solch einen Spruch witzig formuliert, dann ist es kein schlechter Weg, jemanden anzusprechen. Ich hätte nie gedacht, dass ich diese Art empfehlen würde, aber das tue ich: Traut euch!
6. Schau hin, dann wieder weg und wiederhole es öfter
Diese Art jemanden anzusprechen, ist wahrscheinlich noch feiger als die, einen Freund vorzuschicken. Aber getan habe ich es dennoch, immerhin wollte ich wissen, wie das so ist. Also habe ich einen Mann angeschaut, dann weg, dann wieder hin, und immer so weiter. Zwischendurch habe ich ihn auch einmal angelächelt, glaube ich. Schlussendlich ist er hergekommen.
Während dieses Annäherungsversuches ist mir aufgefallen, dass ich das sicher schon einmal gemacht habe. Sicher nicht so konzentriert wie an diesem Abend, aber unterbewusst schon. Es ist auch nicht die Art, jemanden aktiv anzusprechen, immerhin ist er zuerst hergekommen, aber wer weiß schon, ob er ohne meine Blicke von alleine gekommen wäre. Und ich muss auch sagen, ich finde diese Art sehr angenehm. Weil ich hatte das Gefühl, er ist bereits ruhiger ins Gespräch hereingekommen, weil er bereits dachte, ich habe Interesse. Und für mich war es auch angenehm, weil ich dachte, er ist interessiert, da er herkommen ist. Zwar weiß ich es heute immer noch nicht sicher, aber nachdem ich ihn kennengelernt habe, kann ich nur sagen: Falls ihr jemanden interessant findet, euch aber noch nicht ganz traut, dann ist das eine gute Möglichkeit euch heranzutasten.
7. Sag ihm, dass du ihn fesch findest
Bei dieser Taktik habe ich mir gedacht, ich gehe einfach hin und sag ihm, ich finde ihn gutaussehend. Das habe ich dann auch gemacht. Also bin ich zu jemanden rüber und habe gesagt: „Ich find dich fesch.“ Das mag zwar nicht die einfallsreichste Methode sein, aber wer hört nicht gerne, dass ihn jemand schön findet. Der junge Mann hat sich auch wirklich gefreut. So sehr, dass er ganz rot geworden ist und dann begonnen hat, irgendwas über meine Haare zu erzählen.
Das Gespräch war vielleicht nicht das interessanteste, dennoch zahlt es sich aus. Immerhin beginnt man sich zu unterhalten und die Freude, die man der anderen Person macht, ist wirklich schön. Ich glaube immer noch, dass das breite Grinsen, das er den restlichen Abend hatte, diesem einen Satz zu verdanken ist.
Fazit
Schlussendlich kann ich sagen, dass es wirklich nicht schlimm ist als Frau jemanden anzusprechen. Es ist eher die Hürde, die man davor hat. Und die Erfahrung, die ich gemacht habe, hat mir gezeigt, dass sich eigentlich jeder Mann darüber freut, einmal angesprochen zu werden.