„Hunger Games“-Prequel: Bitte hört auf, für Präsident Snow zu schwärmen!
Es geht zurück nach Panem: In dem Prequel zu den „Hunger Games“ – „Die Tribute von Panem – The Ballad of Songbirds & Snakes“ – erfahren wir, wie Präsident Snow zu dem furchtbaren Wesen wurde, das wir aus der Trilogie kennen.
Und im Fokus steht ein Tribut von Distrikt 12, von der wir davor noch nie gehört haben: Lucy Gray Baird.
„Hunger Games“ bekommt eine Vorgeschichte
Dass die Gräuel aus der „Hunger Games“-Reihe nur der emotionale Höhepunkt in der dystopischen Welt von Panem waren, wissen Fans der Reihe schon seit dem ersten Buch. Das Prequel „Die Tribute von Panem – The Ballad of Songbirds & Snakes“ widmet sich jetzt ganz genau der Frage, wie die Spiele denn so weit eskalieren konnten. In der Geschichte dreht sich nämlich alles um Coriolanus Snow; den Mann, der später zum grausamen Präsidenten aufsteigt, dessen großes Feindbild Katniss Everdeen ist.
Und wir lernen: für ihn gab es schon einmal eine Frau aus Distrikt 12, die ihn aus der Bahn warf. Und zwar Lucy Gray Baird. Snow wird in den zehnten Hunger Games zu ihrem Mentor und soll sicherstellen, dass Lucy Gray eine Show abliefert. Nicht nur, um ihr eigenes Überleben bei den Spielen zu sichern, sondern auch, um ihm einen Preis zu garantieren, den er braucht, um seine Familie vor dem finanziellen Ruin zu retten.
Eine Musical-Einlage und jede Menge Nostalgie
Für alle Fans der originalen „Hunger Games“-Reihe ist der neue Kinofilm wohl so etwas wie eine kleine Zeitreise zurück in das Jahr 2012; als scheinbar jedes Teenie-Mädchen zumindest kurz in Erwägung gezogen hat, mit dem Bogenschießen anzufangen. Denn wirklich alles erinnert an die Nostalgie von damals: Im Fokus steht eine Liebesgeschichte, der Soundtrack wird von einem weiblichen Popstar mitgestaltet (damals waren es Taylor Swift und Lorde; heute ist es Olivia Rodrigo) und die Parallelen zur echten Welt sind heute leider noch näher als sie es damals waren. Mal ganz abgesehen davon, dass Regisseur Francis Lawrence auch die ein oder andere Anspielung auf Katniss Everdeen zulässt, die Fans bestimmt zum Schmunzeln bringen.
Pfeil und Bogen werden in „Die Tribute von Panem – The Ballad of Songbirds & Snakes“ jedoch gegen eine Gitarre ausgetauscht. Denn statt Kampfskills hat Lucy Gray (gespielt von Rachel Zegler) hauptsächlich musikalisches Talent. Und das zeigt sie uns bei jeder sich bietenden Gelegenheit. Da bekommt man schon hin und wieder das Gefühl, als wäre das Prequel eine Art Musical-Episode der Reihe. Doch spätestens nach dem ersten Song wird Rachels Talent klar und der kleine Cringe-Moment über die Gesangseinlage ist wie vergessen.
Beeindruckender Cast für „Hunger Games“-Prequel
Bei einem Prequel zu einem so großen Franchise wie „The Hunger Games“ steht natürlich eine große Frage im Raum: Kann denn der neue Film mit den alten mithalten? Und ganz so einfach lässt sich das nicht beantworten. Denn „The Ballad of Songbirds & Snakes“ hat vieles, was einen von der ersten Sekunde an begeistert. Da wäre etwa der beeindruckende Cast. Neben Superstars wie Viola Davis und Peter Dinklage begeistert vor allem das Trio Rachel Zegler, Tom Blyth (als Coriolanus ) und Josh Andrés (als Sejanus).
Die drei sind wie gemacht für ihre Rollen, geben ihnen Tiefe und schaffen Charaktere, mit denen man mitfiebert. Die Actionszenen sind beeindruckend, das Set (ganz besonders die Wälder aus Distrikt 12) versetzen einen sofort zurück in die Dystopie von Panem und das Grauen der Hunger Games ist noch so spürbar wie damals. Auch, wenn sich der Film nicht genug Zeit nimmt, um diesen Horror auch wirklich zu zeigen.
Großer Unterschied zum Buch
Denn hier ist auch schon das kleine Problem des Films: die Zeit. Denn schon die Buchvorlage des Prequels war um einiges länger als die originale Trilogie – und das wird im Film sehr deutlich. Wir bekommen nicht genug Möglichkeiten, uns auch mit den anderen Schüler:innen oder Tributen auseinanderzusetzen und die Spiele, die so extreme Auswirkungen auf ihre Teilnehmer:innen haben, gehen im Gesamtplot ein bisschen unter. Da wäre es vielleicht besser gewesen, den Film tatsächlich auf zwei Teile runterzubrechen (so ungern wir das als Binge-Watcher auch zugeben wollen!)
Stattdessen liegt der Fokus ganz klar auf der Liebesgeschichte zwischen Lucy und Coriolanus! Und da wären wir schon beim zweiten großen Problem. Zugegeben, das ist ein Problem, das wohl nur den Buchfans auffällt; ihnen dafür umso mehr. Denn in dem Buch merken wir durch die inneren Monologe schon früh: alles, was Coriolanus macht, macht er zuallererst für sich selbst. Er sehnt sich nach Ruhm und Anerkennung. Dass er für seine Ziele auch über Leichen gehen würde, ist im Buch nicht überraschend.
Warum schwärmen wir für den „Hunger Games“ Schurken?
Doch Lucy Gray bringt ihn immer wieder in moralische Zwickmühlen. Und eben diese Zwickmühlen wären für den Film perfekt gewesen, gehen aber leider ein bisschen unter. Der große Höhepunkt des Films wirkt dadurch nicht nur überraschend und extrem, sondern auch so, als wäre Coriolanus in dieser Sekunde der Geduldsfaden gerissen; als würde er sich von Lucy verraten fühlen. Die Schuld für seinen Ausbruch hat Lucy Gray.
Dass dahinter aber das Ende eines Planes steckt, mit dem er endlich an sein Ziel kommt, wird nur durch kurze Augenblicke klar. Augenblicke, von denen wir gerne so viel mehr gehabt hätten; weil eben sie ausschlaggebend dafür sind, dass Snow zu dem Monster wird, das wir aus dem Original kennen. Ihr Fehlen sorgt stattdessen dafür, dass online heftig für Coriolanus geschwärmt wird. Dafür ist sicher auch das gute Aussehen von Schauspieler Tom Blyth verantwortlich; aber eben vielleicht auch der Fokus auf die Lovestory und die Tatsache, dass wir erst in den allerletzten Minuten den Fokus auf den Horror setzen. Vielleicht steckt dahinter aber auch der Plan des Regisseurs, dass auch wir reihenweise vor den Bildschirmen in Snows Falle tappen. Wenn man einen Blick in die Sozialen Medien wirft, scheint es so, als wäre dieser Plan vollkommen aufgegangen!