„Guardians of the Galaxy 3“: Der traurigste – und vielleicht beste – Marvel Film aller Zeiten
Das Marvel-Universum stand derzeit nicht gerade unter einem guten Stern. Für die vergangenen Filme gab es jede Menge Kritik und Unzufriedenheit der Fans. Doch mit „Guardians of the Galaxy Volume 3“ gelingt dem Studio jetzt ein Film, der ein Mal mehr zeigt, was das Superheldengenre alles zu bieten hat.
Und dazu gehört auch Taschentuchalarm.
Wie geht es mit dem MCU weiter?
Ist die Blütephase von Marvel vorbei? Diese Frage stellen sich Fans des Marvel Cinematic Universe (MCU) mittlerweile schon seit einigen Monaten. Denn nach den Riesenerfolgen von „Endgame“ und „Spider-Man: No Way Home“ hofften Fans auf weitere Superlative. Zwar gab es mit „WandaVision“ und „Loki“ Serien, die Fans in ihren Bann zogen und Riesen-Blockbuster wie „Black Panther: Wakanda Forever“, doch vor allem die Fortsetzungen standen zuletzt mehr und mehr in der Kritik. Sowohl der letzte „Thor“-Film als auch der dritte Teil von „Ant-Man And The Wasp“ wurden im Vergleich zu ihren Vorgängern weniger zelebriert und unter Fans des Superheldengenres wurde die Frage immer lauter, ob das Ende von Marvel sich ankündige.
Eine absolute Horror-Vorstellung; schließlich ist das MCU seit 2008 ein fixer Bestandteil der Kinolandschaft mit unzähligen Fans. Zugegeben, bei vielen im Publikum war es Nörgeln auf hohem Niveau, doch die Ansprüche an Marvel stiegen in den vergangenen Jahrzehnten einfach mit jedem Film. Dementsprechend groß war jetzt auch der Druck auf den dritten Teil von „Guardians of the Galaxy“. Denn für viele ist die Reihe über die kuriose Space-Superheldentruppe einer der geheimen Favoriten im MCU. Sowohl der erste als auch der zweite Teil waren Riesenerfolge an den Kinokassen; und sorgten für Fandoms rund um einen Baum und einen Waschbären. Und mit dem finalen dritten Teil sollte die Saga jetzt einen würdigen Abschied bekommen.
„Guardians of the Galaxy Volume 3“: Perspektivenwechsel
Doch statt die Geschichten nach Vorschrift weiterzuerzählen und den Fokus auf Hauptrolle Star-Lord (Chris Pratt) und seine große Liebe Gamora (Zoe Saldana) zu richten, entschied sich Regisseur James Gunn für einen drastischen Shift. Denn der dritte finale Teil widmet sich der Hintergrundgeschichte von Rocket, dem dauerhaft genervten und immerzu passiv-aggressiven Waschbären. Das große Finale der Trilogie erklärt also, wie Rocket zu dem wurde, was er heute ist und zeigt in Flashbacks seine Geschichte. Kann das als großes Finale funktionieren?
Die kurze Antwort auf diese Frage ist: JA! Denn auch, wenn eine Vorgeschichte als großes Finale eine sehr außergewöhnliche und unkonventionelle Entscheidung ist, sie lohnt sich in jeder Sekunde. Denn Rockets Geschichte ist furchtbar tragisch und emotional, wirft große gesellschaftspolitische Fragen auf und geht mit dem Thema „wie weit darf und soll Wissenschaft gehen“ extrem sensibel um. Wer nah am Wasser gebaut ist (oder süß animierte Tiere mag) wird hier definitiv die ein oder andere Träne vergießen.
Doch Regisseur James Gunn schafft mit dem Ende der Trilogie nicht nur einen Film zum Schluchzen, er bricht einmal mehr mit den bewährten Formeln des Superhelden-Genres. Wir wissen mittlerweile schließlich genug über Star-Lord und eine Liebes-Odysee wäre dem Franchise wirklich nicht würdig. Warum also nicht endlich auch einmal den Nebencharakteren eine große Bühne geben?
Es ist eine Entscheidung, die wohl die wenigsten überrascht, die sich mit der Arbeit von James Gunn im MCU beschäftigt haben. Schließlich war schon die Entscheidung für „Guardians„ eine sehr unkonventionelle. In den Comicvorlagen galten sie nicht gerade als Highlights oder besonders nennenswert. Doch für Gunn hatten sie Potenzial! Ein Vertrauen, das sich mittlerweile mehr als ausgezahlt hat und das er jetzt ganz besonders auch Rocket geben will.
Packt die Taschentücher aus, es geht um einen Waschbären
Und dann bricht Gunn mit einem weiteren ungeschriebenen MCU-Gesetz: er entscheidet sich nicht für ein Genre. Denn während Rockets Geschichte einen zu Tränen rührt (Jap, die Geschichte eines Waschbären, wir sind uns darüber im Klaren, wie absurd das klingt), folgen im Anschluss auch unterhaltsame Witze, Pointen und der Humor, den wir von den vergangenen „Guardians of the Galaxy“-Teilen kennen. Ein sehr heikler Spagat, den Gunn hier wagt. Und er geht auch nicht immer auf. Manche Witze wirken platt, vorhersehbar oder funktionieren schlichtweg nicht. Einige Übergänge zu Musikklassikern der vergangenen Jahrzehnte, für die die „Guardians of the Galaxy“ mittlerweile berühmt sind“, wirken steif und erzwungen. Und auch der neu eingeführte Charakter des Adam Warlock passt nicht ganz in die große Thematik hinein. Doch das Gros der Handlung landet punktgenau.
Das Ergebnis ist ein Superheldenfilm, der sich irgendwo zwischen Science-Fiction-Action und emotionalem Familiendrama bewegt und das Publikum zum Ende einer Reise führt, die schon seit neun Jahren andauert. Es ist ein Ende, das wirklich allen Charakteren würdig wird und sie an einen Punkt bringt, an dem sich Fans von ihnen verabschieden können. Und das ist eine Errungenschaft, die in den vergangenen Jahren wirklich nur die wenigsten Marvel-Filme so zufriedenstellend geschafft haben.