Frauenmorde in Österreich: Wenn ein Leben nichts zählt
Der Mord am Wiener Hauptbahnhof ist bereits der fünfte Frauenmord im neuen Jahr.
Es geschah in der Nacht von Montag auf Dienstag: Am Wiener Hauptbahnhof wurde eine Frau mit Messerstichen getötet. Der Täter konnte direkt am Tatort von der Polizei verhaftet werden, nach ersten Medienberichten handelt es sich um den Bruder des Opfers. Dienstag früh war die Spurensicherung noch an der Arbeit, als tausende Menschen den Verbindungsgang zwischen Schnellbahn und U-Bahn am Hauptbahnhof nutzten.
4. Mord im neuen Jahr
Es ist bereits der vierte Frauenmord im neuen Jahr, das gerade einmal 15 Tage alt ist. Vorige Woche wurde eine Frau in Amstetten erstochen, ebenfalls in Niederösterreich starb eine Frau nach einer Messerattacke durch ihren Ex-Freund. Und am Wochenende wurde in einem Park in Wiener Neustadt die Leiche einer 16-Jährigen entdeckt, die offenbar vom Ex-Freund umgebracht worden war. In vielen Fällen dieser Art gab es bereits Ermittlungen und sogar Anzeigen gegen die Mörder.
Besonders erschreckend: In keinem anderen Land in Europa ist die Zahl der Frauenmorde im Verhältnis zu männlichen Mordopfern, so hoch wie in Österreich. Nach jüngsten Berechnungen sind im Vorjahr 41 Frauen umgebracht worden; 2017 waren alle Opfer von Beziehungstaten weiblich. In den meisten Fällen sind es die Ehepartner oder Lebensgefährten, die die Tat begehen. Und oftmals ist in den (Boulevard-)Medien nicht von Mord die Rede, sondern es wird schwammig von „Beziehungsdramen“ oder „Familientragödien“ berichtet. Das bedeutet, dass das wahre Ausmaß der Frauenmorde gar nicht ins Bewusstsein der Öffentlichkeit rückt.
Es droht ein schrecklicher Rekord
Es ist zu befürchten, dass 2018 ein trauriger Rekord an Attacken auf Frauen aufgestellt wird. So gab es in Oberösterreich vor kurzem einen Messerangriff eines Mannes auf seine Frau. Auch das beweist wieder: Zwischen Täter und Opfer bestand in den meisten Fällen eine Beziehung; oft münden scheinbar harmlose Streitigkeiten in Gewalttätigkeiten oder sogar in einem Mord. Das zeigt aber auch, dass häusliche Gewalt in Österreich – darunter auch sexuelle Gewalt – noch immer ein Tabu ist. Lieber spricht man über Terrorangst oder sonstige dubiose Bedrohungen. Schätzungen zufolge ist jede fünfte Frau in Österreich von häuslicher Gewalt betroffen.
Linktipps
Interventionsstelle gegen Gewalt in der Familie
Autonome österreichische Frauenhäuser
Netzwerk „Women Against Violence“