Forscher erschaffen Mensch-Tier-Mischwesen: Was ist das eigentlich?
Japan schockierte letzte Woche mit der Meldung, von nun an die Geburt von Mensch-Tier-Wesen zu erlauben. Das Wissenschaftsministerium des Landes erlaubte einem Forscher, Experimente mit menschlichen Zellen in Embryonen von Nagetieren durchzuführen. Jetzt kam auch heraus, dass in China ähnliche Experimente mit Affen stattfinden.
Diese sogenannten Chimären sind wichtig für die Forschung. Aber bedeutet das, es laufen bald kleine Wesen herum, die halb Mensch und halb Tier sind?
Was sind Chimären?
In der griechischen Mythologie ist die Chimära zwar ein Mischwesen aus Löwe, Ziege und Drache, in der Realität ist das Ganze aber etwas komplizierter. In der Medizin sind Chimären Organismen, die aus genetisch unterschiedlichen Zellen aufgebaut sind, also aus verschiedenen befruchteten Eizellen stammen. Forscher vermischen Embryonen zweier Arten und heraus kommt eine Chimäre. Solche Experimente gibt es schon lange. In den 80er Jahren klonten der Forscher Steen Walter Willadsen und sein Team ein Mischwesen aus Ziege und Schaf. Die sogenannte „Schiege“ besaß Körperteile einer Ziege und Körperteile mit dem Erbgut eines Schafs. Angeblich wechselte das Tier auch sein Verhalten – einmal war es mehr wie eine Ziege, dann wieder mehr wie Schaf.
Gibt es bald Rattenmenschen in Japan?
Letzte Woche sorgte die Meldung, dass einem japanischen Forscher die Herstellung eines Mensch-Tier-Chimären erlaubt wurde, für Aufsehen. Konkret soll ein Mischwesen aus Mensch und Nagetier erzeugt werden. Japanische Forscher durften solche Embryonen zwar bereits züchten, die Geburt dieser Chimären war aber bisher verboten. Der Forscher Hiromitsu Nakauchi ist der erste, dem das nun erlaubt ist. In Japan können also von jetzt an menschliche Zellen in Tierembryonen eingepflanzt werden und ein Muttertier trägt das Mischwesen schließlich aus.
Wichtiger Meilenstein in der Forschung
Das Ganze klingt zwar wie ein Horrorszenario aus dem Buch „Die Insel des Dr. Moreau“, hat aber einen ernsten Hintergrund. Ziel der Forscher ist es, Chimären zu erzeugen, denen menschliche Organe wachsen. Diese sollen zukünftig Patientinnen transplantiert werden, die auf ein Spenderorgan warten. Das würde bedeuten, dass Patienten, die eine neue Niere oder ein neues Herz brauchen, nicht mehr auf das Organ eines Unfallopfers warten müssten. Es geht also keinesfalls um die Erschaffung von Monstern. Nakauchi möchte beispielsweise Ratten züchten, denen eine menschliche Bauchspeicheldrüse wächst.
Affen-Experimente in China
Anfang dieser Woche kam außerdem heraus, dass spanische Forscher in China bereits ein Mischwesen aus Affe und Mensch erzeugt haben. Die Experimente fanden aus rechtlichen Gründen in China statt. Laut der Zeitschrift „El País“ wurde die Affen-Mensch-Chimäre aber nicht geboren und die Versuche nach ein paar Tagen abgebrochen. Es waren die ersten bekannten Experimente mit menschlichen Zellen und einem Affenembryo. Im Unterschied zu Japan, wo die Forscher schrittweise vorgehen möchten, setzte man hier gleich aufs Ganze und wollte eine Mischung aus Primat und Affe erzeugen.
Woher rührt die Aufregung?
Die Vorstellung von Tieren, die menschliche Organe in sich tragen, bereitet vielen ein ungutes Gefühl in der Magengrube. Der deutsche Politiker und Gesundheitsexperte Karl Lauterbach sprach von einem „ethischen Megaverstoß“. Kritiker fürchten sich vor allem vor der Möglichkeit, dass sich menschliche Zellen auch an anderen Stellen des Tierkörpers ansiedeln könnten. Schon 2011 hat der deutsche Ethikrat zu Chimären eine Stellungnahme herausgegeben, die eine klare Trennung von Mensch und Tier vorsieht. Der Ethikrat sieht bei den Experimenten in Japan übrigens kein Problem. Die Chimären enthalten zwar jeweils Zellen von Mensch und Tier, diese sind aber getrennt und vermischen sich nicht. Ob die Experimente in Japan erfolgreich sein werden und man bald menschliche Organe aus Tierkörpern im Krankenhaus sehen wird, wird sich aber wohl erst in Zukunft zeigen.