Dreieinhalb Monate ist das Jahr 2021 jung. Dennoch gab es hierzulande bereits sieben registrierte Femizide. Der feministische Verein „Viva La Vulva“ hat gemeinsam mit dem Kollektiv Kimäre nun am Yppenplatz eine Gedenkstätte für die ermordeten Frauen errichtet.

Die meisten Passanten stellen allerdings die Frage, was Femizide überhaupt sind, erzählt uns Ana Badhofer, die Gründerin von „Viva la Vulva“.

In Gedenken an die Opfer von Femizid

Wer dieser Tage am Yppenplatz vorbeigeht, dem springt vielleicht eine große rote 7 auf schwarzem Hintergrund ins Auge. Es ist die Zahl der Femizide, die es seit Anfang des Jahres in Österreich gegeben hat. „Was heißt Femizid?“: Das ist die häufigste Frage, die Ana Badhofer beim Errichten der Gedenkstätte am Yppenplatz von Passanten gestellt bekommt. Sie ist die Gründerin des feministischen Vereins „Viva La Vulva“. Gemeinsam mit dem Kollektiv Kimäre wollen sie den Opfern von Männergewalt ein Denkmal setzen und gleichzeitig Bewusstsein für das Problem von Frauenmorden in Österreich schaffen. Bewusstsein, das es bisher noch nicht in ausreichender Form gibt.

Ausschlaggebend für die Aktion war der Mord an Nadine. Die 35-jährige Trafikantin wurde von ihrem Ex-Partner in einem Anschlag auf ihr Leben mit Benzin übergossen und angezündet. Nach einem vierwöchigen Kampf auf der Intensivstation erlag die Wienerin schließlich ihren Verletzungen. Es ist bereits der siebte Femizid in Österreich seit Anfang 2021. Anders als bei den anderen Fällen kennt man hier den Namen des Opfers. „Killed by Ex-Boyfriend“ steht nun über dem Namen Nadines am Yppenplatz. „Stimmt das?“, fragt einer der Passanten Ana Badhofer und zeigt auf das Graffitto in Erinnerung an die Trafikantin. „Es geht nicht spurlos an den Menschen vorbei“, erklärt die Gründerin von „Viva La Vulva“.

Was heißt Femizid?

Die Menschen, die an der Gedenkstätte am Yppenplatz vorbeigehen, sind also durchaus betroffen von Nadines Schicksal. Doch der Mord an der Trafikantin ist kein Einzelfall. Dennoch, mit dem Begriff „Femizid“ können nur wenige etwas anfangen. Die Wortschöpfung soll ausdrücken, dass hinter solchen Morden oft keine individuellen, sondern gesamtgesellschaftliche Probleme stecken. „Der Mord an Frauen durch Männergewalt ist Resultat eines strukturellen Problems namens Patriarchat“, heißt es in einer Aussendung von „Viva La Vulva“ und dem Kollektiv Kimäre. „Männergewalt ist strukturell“, erklärt Ana Badhofer. Sie verwendet bewusst nicht den Begriff „Gewalt gegen Frauen“. „Dieser Begriff ist zu passiv. Hinter Femiziden steckt aber ganz konkret eine toxische Männlichkeit, die unserem System entspringt“, erläutert die „Viva La Vulva“-Gründerin.

Bild: Viva La Vulva / Kollektiv Kimäre

Österreich bei Frauenmorden an der Spitze Europas

Wir haben in Österreich tatsächlich ein Problem, wenn es um Männergewalt und Femizide geht. 2018 mit 41 und 2019 mit 39 weiblichen Mordopfern lag Österreich an der Spitze Europas. 2020 wurden 31 Femizide in Österreich angezeigt. 2018 veröffentlichte die UN-Organisation UNODC eine Studie, die zeigt, dass 2016 fünf von einer Million Frauen in Österreich innerhalb der Familie oder von ihrem Partner ermordet wurden. Männergewalt beginnt aber nicht erst bei Mord. Schätzungsweise ist jede fünfte Frau in Österreich ist körperlicher und beziehungsweise oder sexueller Gewalt ausgesetzt, jede siebente Frau ist ab ihrem 15. Lebensjahr von Stalking betroffen.

Mit der Gedenkstätte am Yppenplatz möchten „Viva La Vulva“ und das Kollektiv Kimäre mehr öffentliches Bewusstsein für das Thema schaffen. „Die Problematik von Männergewalt sollte auch Abseits von Einzelfällen öffentlich thematisiert werden“, fordert Ana Badhofer.


An diese Stellen können sich von Gewalt Betroffene Frauen wenden: