Ermittlungen gegen Sebastian Kurz wegen Falschaussage im „Ibiza“-U-Ausschuss eingeleitet
Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) hat ein Ermittlungsverfahren gegen Bundeskanzler Sebastian Kurz eingeleitet. Dabei geht es um eine mögliche Falschaussage vor dem Ibiza-Untersuchungsausschuss des Parlaments.
Der ÖVP-Regierungschef bestätigte am Mittwoch Ermittlungen der WKStA gegen ihn und seinen Kabinettschef Bernhard Bonelli.
Sebastian Kurz weist Vorwürfe zurück und schließt Rücktritt aus
Kurz wird vorgeworfen, im Zusammenhang mit Postenbesetzungen bei der Staatsholding ÖBAG nicht die Wahrheit gesagt zu haben. Einen Rücktritt schloss der Regierungschef jedoch aus. Denn er gehe davon aus, dass sich die Vorwürfe auflösen würden: „Wie sie sich vorstellen können, wusste ich ja, dass es eine Wahrheitspflicht im Ausschuss gibt und habe daher selbstverständlich alle Fragen immer wahrheitsgemäß beantwortet“, erklärte Kurz.
Die ÖBAG verwaltet für die Republik die Staatsbeteiligungen an Unternehmen, wie etwa dem Ölkonzern OMV, der Telekom Austria oder dem Stromkonzern Verbund. Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft in Wien bestätigte Reuters die Ermittlungen. „Es gab mehrere Anzeigen“, sagte er. Die Höchststrafe für „Falsche Beweisaussage“ liege bei bis zu drei Jahren Haft.
Nach NEOS-Anzeige: Ermittlungen gegen Sebastian Kurz eingeleitet
Unter anderem gibt es eine Anzeige der Oppositionspartei Neos. Die Partei begründete dies auf Twitter unter anderem damit, dass Kurz behauptet habe, er sei in die Bestellung von Thomas Schmid zum ÖBAG-Chef nicht involviert gewesen. Veröffentlichte Chatverläufe zwischen Kurz und Schmid würden aber darlegen, dass das Gegenteil der Fall war. Die Aussagen von Kurz vor dem Ibiza-Untersuchungsausschuss erfolgten im Juni 2020. Auch gegen ÖBAG-Chef Thomas Schmid wird ermittelt.
Der Ibiza-Untersuchungssausschuss des Parlaments befasst sich mit Korruptionsvorwürfen gegen die frühere Regierung aus ÖVP und rechtspopulistischer FPÖ. Auslöser der Ibiza-Affäre, die 2019 zum Sturz der damaligen Koalition führte, war ein heimlich aufgenommenes Video mit dem früheren Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ). Das Video zeigt, wie Strache einer angeblichen russischen Oligarchin in einer Villa auf Ibiza Staatsaufträge im Gegenzug für Wahlkampfhilfen in Aussicht stellt. Nachdem die ÖVP die Parlamentswahl im Herbst 2019 haushoch gewonnen hatte, regiert sie seitdem mit den Grünen.
Kurz ist nach Finanzminister Gernot Blümel das zweite direkte Regierungsmitglied der ÖVP, gegen den ermittelt wird. Blümel, ein enger Vertrauter des Kanzlers, ist wegen des Verdachts einer möglichen Parteienspendenaffäre im Visier der Behörden.
Scharfe Kritik der Opposition
Die Neos-Vorsitzende Beate Meinl-Reisinger bezeichnete es unterdessen als „einzigartig und äußerst bestürzend“, dass mit Kurz und Bonelli sowie Finanzminister Blümel und ÖBAG-Chef Thomas Schmid gleich vier „Spitzen der Republik“ als Beschuldigte geführt werden. „Sebastian Kurz hat aus der Regierung ein zwielichtiges Kabinett gemacht. Das schadet unserem Land und dem Vertrauen in die Politik massiv.“
SPÖ-Chefin Pamela Renid-Wagner sagte, die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft müssten natürlich abgewartet werden. Sollte es aber zu einer Anklage gegen Kurz wegen Falschaussage kommen, sei eine rote Linie überschritten. „Ein amtierender Bundeskanzler, der angeklagt ist und vor Gericht steht, kann sein Amt nicht mehr ausüben und muss die Konsequenzen ziehen.“, so Rendi-Wagner. Die FPÖ fordert dagegen den sofortigen Rücktritt.
(Quelle: Reuters)