Erdbeben und Corona in Kroatien: „Gestern haben sie gesagt, wir dürfen die Häuser nicht verlassen. Heute sagen sie, wir müssen aus Häusern raus!“
Das Erdbeben in Kroatien trifft die Menschen zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt. Eigentlich gelten, um eine Ausbreitung des Coronavirus zu verhindern, Ausgangsbeschränkungen. Jetzt stehen viele auf der Straße, weil die Häuser, insbesondere in der Hauptstadt Zagreb, vom Einsturz bedroht sind.
Das Erdbeben hat die kroatische Hauptstadt Zagreb aus dem Schlaf gerissen. Gegen halb sieben in der Früh begannen die Erschütterungen. Menschen liefen panisch auf die Straßen, denn das Erdbeben hatte eine Stärke von 5,3 auf der Richterskala und war damit das stärkste Beben seit 140 Jahren in dieser Region. Stark genug also, um die alte Bausubstanz in Zagreb nicht nur zu erschüttern, sondern in vielen Fällen auch sehr stark zu Beschädigen.
Am schlimmsten hat es den historischen Kern der kroatischen Hauptstadt getroffen: Zahlreiche Gebäude in der beliebten Unterstadt, sehen aus, als hätten Granaten eingeschlagen: Autos sind unter herabgestürztem Mauerwerk begraben. Manche Häuser sind komplett eingestürzt. Ärzte kämpfen um das Leben einer 15-Jährigen, es gibt etliche weitere Verletzte, die Spitze von einem der Zwillingstürme der Kathedrale ist abgebrochen.
„Wir haben jetzt zwei Krisensituationen“
Die Behörden haben die Bewohner aufgefordert, vorerst nicht in ihre beschädigten Wohnungen zurückzukehren. Die Menschen wurden gleichzeitig aufgerufen, wegen der Corona-Epidemie Abstand zu einander zu halten. „Wir haben jetzt zwei Krisensituationen“, sagte der kroatische Premier Andrej Plenkovic. Laut dem Vorsitzenden des Zivilschutzstabs, Innenminister Davor Bozinovic, ist das Coronavirus nach wie vor eine größere Herausforderung als das Erdbeben.
In Kroatien sind 235 Coronavirus-Infektionen bestätigt. 29 mehr als Samstag-Abend.
Der kroatische Premier kündigte an, dass die Bauexperten umgehend damit beginnen werden, die betroffenen Gebäude auf ihre Sicherheit zu prüfen. Mehrere Stadtteile sind ohne Strom und Wasser, diverse Straßenbahnlinien sind außer Betrieb, Straßen sind blockiert, Ampel stehen still, die Feuerwehren sind im Dauereinsatz. Die kroatische Armee ist zum Unterstützungseinsatz im Stadtzentrum ausgerückt.
Erdbeben trifft Krankenhäuser
Auch in den Krankenhäusern der Stadt sorgen die Erschütterungen für einen Ausnahmezustand. Mehrere Stationen wurden beschädigt, Patienten ins Freie evakuiert. Eine der größten Entbindungskliniken der Stadt musste vorübergehend geschlossen werden. Die Mütter mit den Neugeborenen wurden in ein anderes Krankenhaus verlegt, das bereits aufgestockt wurde, um Platz für Corona-Patienten zu haben.
Die Bewohner Zagrebs sind stark verunsichert, viele stehen nur mit dem Notwendigsten bekleidet auf den Straßen und trauen sich nicht in ihre teils beschädigten Häuser zurück. Die Feuerwehr und das Rote Kreuz bauen Zelte für jene auf, die nicht in ihre Häuser und Wohnungen zurückkehren können. Wichtig sei es, auch weiterhin nicht in Panik zu geraten und die Sicherheitsabstände einzuhalten, heißt es von Seiten des Zivilschutzes. Das Innenministerium appelliert an die Bürger, sich von beschädigten Gebäuden, von Strommasten und Kabeln fernzuhalten.
Nachbeben sind jederzeit möglich
Experten der Zagreber Fakultät für Naturwissenschaften versuchen die Bevölkerung, entsprechend vorzubereiten: „Machen Sie sich bereit für schwächere, aber zahlreiche Nachbeben, und zwar nicht nur heute, sondern auch in den kommenden Wochen“, warnt das Institut auf seiner Facebook-Seite. Der Zivilschutz rät, wichtige Dokumente, warme Kleidung, Medikamente und Geld griffbereit zu haben.