Echo: Wie eine Marvel-Actionserie zur Masterclass in Inklusion und Repräsentation wurde
Auf den ersten Blick könnte die neue Marvel-Serie „Echo“ wirken, wie jede andere Actionserie. Es ist brutal, blutig und es geht ein bisschen um Rache. Doch mit dem Projekt macht das MCU jetzt einen wichtigen Schritt in Richtung Inklusion und Repräsentation.
Für die Regisseurin der Serie eine absolute Notwendigkeit!
Repräsentation in Hollywood: Zwischen Whitewashing und Blackface
Wer darf wen spielen, welche Charaktere brauchen wir auf der Leinwand und wann gilt eine Produktion wirklich als repräsentativ für das reale Leben? Das Thema Repräsentation beschäftigt Hollywood in den vergangenen Jahren mehr und mehr. Und der Wunsch, dass die Leinwand auch das abbildet, was die Menschen Tag für Tag sehen und erleben, wird immer größer. Ihre Umsetzung kann aber schnell nach hinten losgehen.
Aus vergangenen Filmen und Serien kennen wir es etwa nur zu gut, dass Schauspieler:innen Rollen spielen, die mit ihnen nicht wirklich viel zu tun haben. Begriffe wie Blackface und Whitewashing gehören leider zum Alltag in Hollywood und finden sich auch heute noch auf den Kinoleinwänden. Berühmte Beispiele sind etwa Katharine Hepburn, die in „Dragon Seed“ eine japanische Heldin spielte – inklusive Maske und Make-up, das sie wohl „asiatischer“ aussehen lassen sollte. Oder Jake Gyllenhaal, der im Jahr 2010 die Rolle des „Prince of Persia“ übernahm.
Aber nicht nur Herkunft und Hautfarbe werden in Hollywood immer wieder zum Streitthema. Auch bei Charakteren, die eine Behinderung haben, wird nur allzu oft getrickst. Kiernan Shipka spielte in dem Horrorfilm „The Silence“ etwa eine gehörlose junge Frau und Sam Clafflin mimte in „Ein ganzes halbes Jahr“ einen querschnittsgelähmten Mann. Rollen, die auch von Menschen hätten gespielt werden können, die tatsächlich gehörlos oder querschnittsgelähmt sind. Doch der Wunsch nach einer authentischen Repräsentation wurde in den vergangenen Jahren nur allzu oft ignoriert oder erst gar nicht wahrgenommen.
„ECHO“ zeigt erste gehörlose Titelheldin im MCU
Doch so viele Negativbeispiele es auch gibt, Hollywood ist im positiven Wandel, wenn es um Inklusion und Diversität geht. Das betrifft nicht nur kleine Indie-Produktionen, sondern auch die großen Studios. Wie zum Beispiel im Hause Marvel. Denn nachdem die ersten Filme des MCU von weißen, gut situierten, able-bodied Helden geprägt waren, wandelt sich das Superheldengenre immer mehr in Richtung Repräsentation und Inklusion.
Mit der neuen Serie „ECHO“ (zu sehen auf Disney+) steht jetzt etwa erstmals eine indigene Figur im Fokus des Geschehens. Titelheldin Maya Lopez ist gleichzeitig auch die erste gehörlose Titelheldin im MCU und auch die erste Amputee, die diese Funktion bekommt. Eine Repräsentation, die für unzählige Menschen wohl eine ganz besondere Bedeutung hat. Vor allem, weil Alaqua Cox, die die Rolle der Maya übernimmt, all diese Aspekte auch tatsächlich lebt.
Die Rolle der Maya kennen MCU-Fans bereits aus der Serie „Hawkeye“. Dort durfte Alaqua Cox bereits in den Charakter schlüpfen und sich als knallharter Bösewicht etablieren. Maya ist vielschichtig. Sie definiert sich nicht über die Tatsache, dass sie ein Amputee ist oder gehörlos. Maya ist eine Kämpferin auf der Suche nach Antworten. Ihre Schicksalsschläge drängten sie in ein zwielichtiges Geschäft voller Lügen und Intrigen. Die junge Frau versucht jetzt, all das aufzulösen und ihre eigene Vergangenheit aufzuarbeiten. Es geht um Rache – aber auch um die Suche nach der eigenen Identität.
„Für mich war Repräsentation keine Frage von ‚falls‘, es war immer eine Notwendigkeit“
Es ist eben diese Vielschichtigkeit, die die Rolle besonders macht und ein wichtiger Schritt hin zu einer inklusiveren Hollywood-Welt ist, in der Behinderungen nicht nur als ein Leidensweg gezeichnet werden. Dennoch sind es Teile von ihr, die auch aktiv in der Serie gezeigt werden.
Teile der Show sind in Gebärdensprache, bei anderen wird der Ton ganz stummgeschalten. Auch ihre Beinprothese wird immer wieder gezeigt und ist für sie im Zweikampf auch immer wieder ein wichtiges Tool! Hinter den Kulissen wurde darauf geachtet, dass Inklusion ebenfalls großgeschrieben wird. Der Cast besuchte vorab etwa Gebärdensprache-Kurse und mehrere Dolmetscher:innen waren am Set.
Doch „Echo“ widmet sich auch stark der Repräsentation der indigenen Bevölkerung Amerikas. Der Cast besteht etwa fast ausschließlich aus indigenous Schauspieler:innen und die Kultur der Choctaw Nation steht immer wieder im Fokus der Handlung. Für Regisseurin Sydney Freeland ist die Kombination aus Mayas Herkunft und all den Dingen, die sie ausmachen, ein Aspekt, der für das Erzählen der Story ein Must-have war. „Für mich war Repräsentation keine Frage von ‚falls‘, es war immer eine Notwendigkeit“, verrät sie bei einer Pressekonferenz zur Serie.
„Jeder Stamm ist anders, jede Sprache ist anders, jede Kultur hat ihre eigenen Besonderheiten.“
Und das nahm die Regisseurin in allen Aspekten der Show sehr ernst, nicht nur bei der Besetzung der Charaktere. „Zum einen wollte ich die Choctaw Nation um Erlaubnis bitten, porträtiert zu werden. Denn ich habe das Gefühl, dass bei Geschichten der indigenen Bevölkerung die Leute kommen und sagen: ‚Wir werden euch die Geschichte erzählen, die wir erzählen wollen.‘ Und wir wollten einen anderen Ansatz wählen und die Menschen miteinbeziehen.“ Ziel war es, betont sie, so authentisch wie möglich zu sein. „Jeder Stamm ist anders, jede Sprache ist anders, jede Kultur hat ihre eigenen Besonderheiten. Ich bin Navajo und wir erzählen eine Choctaw-Geschichte. Also war es für mich eine absolute Notwendigkeit, dass wir die Choctaw Nation ermutigen, diese Geschichte zu erzählen“, so die Regisseurin.
Und auch Alaqua Cox betont, wie wichtig Repräsentation im TV ist. „Ich finde es großartig, dass authentische Menschen für diese Rollen ausgewählt wurden“, so die Schauspielerin. „Und wir sind in der Lage, sie auf dem Bildschirm zu zeigen und dadurch eine authentische Repräsentation zu haben.“