Der neue Kinofilm „Bros“ ist die erste Gay Rom-Com auf der großen Leinwand. Ein wichtiger Schritt, der leider viel zu lange gedauert hat. Umso größer ist jetzt der Leistungsdruck!

Kann die Rom-Com überzeugen?

Die erste gay Rom-Com aller Zeiten?

Wenn ihr an Rom-Coms denkt, was fällt euch dann als erstes ein? Dramatische Monologe über die Liebe, Julia Roberts, wie sie in „Pretty Woman“ lacht oder irgendein klischeehafter 80s Song wie „(I’ve Had) The Time of My Life“ (wir entschuldigen uns für den Ohrwurm).

Was euch bestimmt nicht einfallen wird, ist Diversity. Denn sieht man sich die legendären Rom-Coms von damals an, sieht man nicht nur hauptsächlich weiße Hauptdarsteller, sondern auch fast ausschließlich heterosexuelle Menschen (von ein paar ikonischen Nebenfiguren wie George in „Die Hochzeit meines besten Freundes“ einmal abgesehen).

Aber auch Rom-Coms müssen sich zum Glück weiterentwickeln und im Jahr 2022 ist es jetzt endlich so weit: die erste Gay Rom-Com kommt ins Kino. Und bevor ihr jetzt gleich kritisch kommentiert: Nein, es ist natürlich nicht die erste Story, in dem es um ein homosexuelles Paar geht. „Love, Simon“, „Alex Strangelove“ und die Netflix-Serie „Heartstopper“ haben diese Rolle in den vergangenen Jahren übernommen.

„Bros“: eine LGBT-Geschichte ohne extreme Dramen

Doch die meisten dieser Geschichten zeigten zwar LGBT-Leben, jedoch keine oder nur wenige tatsächliche LGBT-Mitglieder. In „Brokeback Mountain“ spielten etwa die beiden heterosexuellen Männer Heath Ledger und Jake Gyllenhaal ein schwules Paar. „Bros“ setzt jedoch auf ein Casting, das fast ausschließlich aus Mitgliedern der LGBTQIA+-Community besteht.

Zusätzlich liefen die Storys in der Vergangenheit alle recht ähnlich ab. Es ging um ein schwieriges Coming-out, Konflikte mit der eigenen Identität oder jede Menge andere Drama. Von all diesen herzzerreißenden Momenten will „Bros“ nichts wissen. Hier geht es stattdessen um den 40-Jährigen Podcaster Bobby. Ein stolzes Mitglied der LGBTQ-Community, das wie so viele andere auch auf der Suche nach einem Partner ist. Und in Zeiten von Grindr, Hook-up-Culture und Co ist das gar nicht so einfach. Zumindest bis er den eher stillen und gutaussehenden Aaron trifft – und gleich eine ganz besondere Verbindung zu ihm aufbaut.

Zwischen Lachkrampf und Tränenausbruch

Es kommt, wie es eben in kitschigen Rom-Coms kommen muss: die beiden beziehungsunfähigen Männer verlieben sich, streiten, finden wieder zueinander, haben unterschiedliche Ansichten und leben fast zwei Stunden lang ein Hin und Her, wie es nur die besten Rom-Coms schaffen. Das alles ist geschmückt von LGBTQ-Referenzen, Gastauftritten von Stars der Szene (wie etwa die Gewinnerin von „RuPaul’s Drag Race“ Symone) und unzähligen Witzen und Anspielungen auf die aktuelle Popkultur.

Den Großteil der Spielzeit konzentriert sich Drehbuchautor und Hauptdarsteller Billy Eichner dabei auf den Com-Teil der Rom-Com. Ein Witz jagt den anderen; ein One-Liner folgt auf den nächsten. Doch wenn es zum Schluss zum romantischen Teil kommt, dann richtig! Mit allen Klischees, die das Genre zu bieten hat (wir sagen nur kitschiger Song, der Lauf zur Liebe des Lebens und ein dramatisches „vor dem Fernseher bei kitschigen Filmen Essen futtern“). Und zwar mit Erfolg: Denn so herzhaft man zu Beginn auch lacht, am Ende gilt absoluter Taschentuch-Alarm.

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Aber wie bei jeder Rom-Com gibt es natürlich auch einige Mankos. „Bros“ verliert sich zeitweise in all den Dialogen und vergisst dabei auf die klassische „Show, Don‘t Tell“-Regel. Wir hören viel, sehen aber kaum unterschiedliche Szenarien oder Eindrücke, sofern sie nicht von Bobby kommentiert werden. Gegen Ende rächt sich das, denn all die eingefügten Handlungsstränge – vom Wunsch, ein Chocolatier zu werden bis hin zum Coming-out des heterosexuellen High-School-Crush – werden nämlich nur angeschnitten und haben keinen Platz, zu Ende erzählt zu werden.

„Bros“: eine Selbstverständlichkeit für heterosexuelle Menschen wird endlich für mehr Menschen zugänglich

Doch auch, wenn „Bros“ nicht perfekt ist, geht es in dem Film wohl um viel mehr. Denn so dramatisch das vielleicht auch klingen mag: es ist ein Meilenstein der Filmgeschichte, der endlich für die längst überfällige Repräsentation sorgt, die das Genre dringend braucht. Das zeigen auch die zahlreichen Reaktionen in den sozialen Medien. Denn Mitglieder der LGBTQ-Community bekommen jetzt endlich das, was für heterosexuelle Menschen jahrzehntelang eine Selbstverständlichkeit war: einen kitschigen Film zum Abschalten, in dem auch sie die Hauptrolle sein könnten!

Dass Billy Eichner den Film dann mit seiner Country-Kitsch-Hymne „Love is not Love!“ beendet, unterstreicht das noch einmal mehr. Denn jede Liebe ist anders – und jede Liebe verdient es, auch auf der großen Kinoleinwand repräsentiert und gezeigt zu werden!