Deutschland steuert auf härteren Corona-Lockdown nach Weihnachten zu
Deutschland steuert angesichts weiter steigender Corona-Infektionen auf einen härteren Lockdown nach Weihnachten zu.
Immer mehr deutsche Bundesländer erklären sich bereit zu dem Schritt, nach Weihnachten bis zum 10. Januar auch weite Teile des Einzelhandels zu schließen. Gefordert werden aber auch – etwa von Thüringen – Entschädigungszahlungen des Bundes. Noch am Donnerstag solle geklärt werden, ob und wann es eine neue Schalte zwischen Kanzlerin Angela Merkel und den 16 Ministerpräsidenten geben werde, erfuhr die Nachrichtenagentur Reuters aus Verhandlungskreisen. Eine Abstimmung könne etwa Sonntag oder Montag stattfinden.
RKI meldet neue Höchstzahl an Neuinfektionen in Deutschland
Das Robert-Koch-Institut meldete am Donnerstag mit 23.679 Fällen einen neuen Höchststand an Neuinfektionen binnen 24 Stunden. Die Gesamtzahl stieg den Angaben zufolge auf nunmehr 1.242.203. Zugleich erhöhte sich die Zahl der Corona-Toten um weitere 440. Damit wurde erstmals die Schwelle von insgesamt 20.000 Toten überschritten. Mediziner warnen, dass sowohl die Zahl der Intensivpatienten als auch der Toten in den kommenden Wochen weiter zunehmen werden, weil schwere Covid-Erkrankungen meist erst zwei Wochen nach einer Infektion ausbrechen.
Der Teil-Shutdown seit Anfang November reicht laut RKI-Präsident Lothar Wieler nicht aus, um das Coronavirus erfolgreich einzugrenzen. Die Kontakte der Bevölkerung müssten um mindestens 60 Prozent reduziert werden, die aktuellen 40 Prozent seien zu wenig. Irland und Belgien hätten mit einem harten Lockdown die Kontakte erfolgreich um mehr als 60 Prozent gesenkt und damit Ansteckungen reduziert. Zu härteren Maßnahmen gebe es auch in Deutschland keine gute Alternative, sollte man die Kontakte nicht noch vorher deutlich stärker reduzieren.
Immer mehr Bundesländer bereit für härteren Lockdown
Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) und seine Kollegin Manuela Schwesig (SPD) aus Mecklenburg-Vorpommern sagten, dass auch ihre Länder bei einem härteren Lockdown mitziehen würden. Das gilt als wichtig, weil beide Länder die mit Abstand niedrigsten Corona-Zahlen im Ländervergleich aufweisen. Allerdings stieg zuletzt auch im Norden die Zahl der Neuinfektionen. Im Süden und Osten Deutschlands sind bereits regionale Ausgangssperren in Kraft. Sachsen will ab dem 14. Dezember weite Teile des Einzelhandels schließen sowie den Präsenzunterricht in Schulen beenden. Im Norden gibt es bei Landesregierungen die Sorge, dass Gerichte zusätzliche drastische Maßnahmen wegen der vergleichsweise geringeren Infektionszahlen wieder kippen könnten. Gastronomie, Freizeit- und Kultureinrichtungen sollen in Deutschland ohnehin bis zum 10. Januar geschlossen bleiben.
Thüringens Gesundheitsministerin Heike Werner sagte im Deutschlandfunk, sollte es den Wunsch nach einem bundesweiten harten Lockdown geben, würde sich ihr Land nicht verschließen. Die Linken-Politikerin betonte, dass es dann aber auch Unterstützung etwa für den Einzelhandel geben müsse.
Mediziner drängen, Ökonomen bremsen
Mediziner und Ökonomen streiten dagegen über schärfere Corona-Beschränkungen schon vor Weihnachten. Während die Ärztegewerkschaft Marburger Bund dies forderte, lehnte Ifo-Chef Clemens Fuest zu schnelle Schritte ab. „Das ärztliche und pflegerische Personal arbeitet am Anschlag. Bundesweit steigt die Anzahl der Patienten, die wegen Covid-19 im Krankenhaus behandelt werden müssen, immer noch an“, sagt die Vorsitzende des Marburger Bunds, Susanne Johna, der Zeitung „Rheinische Post“. Eine Trendwende sei nicht erkennbar. Dagegen forderte der IfO-Chef in derselben Zeitung, dass sich alle Beteiligten erst auf einen härteren Lockdown einstellen müssten. Vor allem für die Schulen sei eine gewisse Flexibilität vor Weihnachten angemessen, damit wichtige Dinge wie Klassenarbeiten noch durchgeführt werden können, sagte Fuest. Kanzlerin Angela Merkel hatte gefordert, dass die Schulen nicht erst am 19., sondern schon am 16. Dezember schließen sollten, um Kontakte weiter zu reduzieren.
(Quelle: Reuters)