Der Vater von Jeffrey Dahmer gibt in einem Interview zu: Es gab Warnsignale, die er übersehen hat
Seit die Netflix-Serie „Dahmer“ die Streamingcharts dominierte, ist die Geschichte des Serienmörders Jeffrey Dahmer eines DER Themen in den Sozialen Medien. Viele stellen sich die Frage: wie konnte die Familie die grausamen Morde nicht bemerken?
Ein neu veröffentlichtes Video gibt jetzt Einblicke in die Familie.
Bisher unveröffentlichtes Interview zeigt Vater von Jeffrey Dahmer
Auch Monate nach der Netflix-Serie ist die Geschichte von Jeffrey Dahmer noch immer nicht abgeschlossen. Denn es bleiben so viele Fragen offen. Fragen, die oft auch die Familie von Jeffrey betreffen. Wie die Serie zeigt, hatte Dahmer schließlich schon sehr früh eine Vorliebe für tote Tiere und die Arbeit mit ihnen. Für viele Zuschauer:innen ein eindeutiges Warnzeichen. Aber sahen das Jeffreys Eltern genauso oder waren diese Warnzeichen vielleicht gar nicht so offensichtlich? Diese Frage stellten sich wohl viele nach der Serie „Dahmer“. Und jetzt scheint es darauf erste Antworten zu geben.
Denn Talkshowmaster Dr. Phil veröffentlicht ein dreiteiliges Special zu dem Serienmörder; Teil davon ist auch ein bisher noch nie gezeigtes Interview mit Jeffreys Vater Lionel aus den 1990er-Jahren. Lionel Dahmer und seine Lebensgefährtin sprechen darin offen über Jeffrey und seine Kindheit und die Frage, ob man die Morde hätte verhindern können.
„Das Spiel wäre aus gewesen“
Lionel erinnert sich etwa an einen Vorfall, der auch in der Netflix-Serie zu sehen ist: Nachdem Jeffrey bei seiner Großmutter eingezogen ist, beschwert sich diese über Pornographie, die sie im Haus vermutet. Lionel besucht die beiden dann und will der Sache auf den Grund gehen. Er fordert Jeffrey auf, eine verschlossene Holzkiste zu öffnen. Darin befinden sich in Wahrheit jedoch keine pornographischen Hefte, sondern der abgetrennte Kopf seines Opfers Anthony Sears.
Doch Lionel wird diesen Kopf nicht entdecken. Stattdessen überzeugt ihn Jeffrey davon, die Kiste nicht zu öffnen, um die Großmutter nicht aufzuregen. „Am nächsten Tag öffnete er sie und sagte: ‚Siehst du, das war es‘, und es waren pornografische Zeitschriften“, erinnert sich Lionel. Eine Situation, die ihn offenbar noch länger beschäftigte. Denn in dem Interview gesteht er: „In gewisser Weise bin ich froh, in gewisser Weise bin ich nicht froh, dass ich nicht darauf gedrängt habe, denn wenn ich die Schachtel geöffnet hätte und gefunden hätte, was da drin war, hätte ich die Beherrschung verloren.“
Als Jeffrey Dahmer schließlich im Gefängnis war, konfrontierte Lionel seinen Sohn noch einmal mit der Kiste. „Ich fragte ihn: ‚Was hättest du getan, Jeff, wenn ich es geöffnet hätte?‘, und er sagte so etwas wie: ‚Das Spiel wäre aus gewesen‘, etwas Unemotionales, Unverbindliches.“ Es sind Erlebnisse, die für Lionel eines schmerzlich klarstellen: es gab Anzeichen und Momente, in denen man den Serienmörder hätte stoppen können. „Ich hätte… mehr Leben hätten gerettet werden können“, gesteht Lionel schließlich.
Vater von Jeffrey Dahmer gesteht: Es gab Warnhinweise
Der Vater des Serienmörders erkennt rückblickend auch, dass es schon in Jeffreys Kindheit einige Warnsignale gab. Denn die Vorliebe von Jeffrey, tote Tiere aufzusammeln und zu bearbeiten, fiel dem Vater schon auf.
„Es gab definitiv Warnzeichen, die ich übersehen habe, aber ich habe es nicht geglaubt oder es war schwer zu glauben“, betont der Vater in dem Interview. „Ein Beispiel war etwa, als er zwischen 11, 12 bis 14 Jahre alt war, streifte er auf den Landstraßen umher, wo wir lebten und nahm auf seinem Fahrrad große Plastiktüten mit den Überresten von verschiedenen Tieren mit; Füchse, kleine Hunde, Tiere, die auf der Straße getötet wurden. Er brachte sie nach Hause.“ Erst später, bei Jeffreys Prozess fand Lionel heraus, dass sein Sohn diese Tiere aufbewahrte, sie „fühlte und erforschte, ihr Inneres, ihre Eingeweide und solche schrecklichen Dinge“, erzählt er. „Obwohl ich Freunde hatte, die mir erzählt haben, dass sie das Gleiche getan haben – aber das wäre ein Warnsignal gewesen.“
„Ich glaube, er hat jetzt den Preis dafür bezahlt.“
Denn Jahre später glaubt Lionel, dass dieser Bezug zu den Tieren ein Hinweis war auf die grausamen Taten, die er später tun würde. „Zuerst konnte ich nicht begreifen, wie er so weit gekommen war. Wir befinden uns alle auf einem Kontinuum, wir tun alle schlechte Dinge, wir sündigen alle. Er befand sich am äußersten Ende dieses Kontinuums. Ich konnte zunächst nicht verstehen, wie er diese Dinge tun konnte“, erzählt er Dr. Phil.
Doch rückblickend hat Lionel eine Theorie zu dem Verhalten seines Sohnes. „Ich denke, dass irgendwann zwischen 12 und 14 Jahren, als er aus der Pubertät kam, sein sexueller Motor auf Hochtouren lief. Und er berührte die Innereien dieses Tieres und, dass er sozusagen neural verdrahtet wurde, um sexuelles Vergnügen mit dieser Art von Aktivität zu verbinden, mit Eingeweiden, Innereien, Körpern – das ist die Art, wie ich darüber nachgedacht habe“, schildert er.
Doch ganz egal, ob Lionels Theorie stimmt oder nicht, letztlich will er in dem Video eines betonen: sein Mitgefühl mit den Opfern. „Es tut mir unglaublich unglaublich leid, dass das ihren Geliebten passiert ist. Wenn ich irgendetwas hätte tun können, um das zu verhindern, hätte ich es getan“, sagt er in dem Interview und fügt noch eine Bitte hinzu: „Ich würde sie [die Hinterbliebenen] bitten, Jeff zu verzeihen, was er getan hat. Ich glaube, er hat jetzt den Preis dafür bezahlt. Das mindert nicht ihren Schmerz, aber ich bitte sie um Vergebung.“