Coronavirus in Frankreich: Für alte Patienten gibt es im Elsass nur noch Sterbebegleitung mit Opiaten und Schlafmitteln
Wenige Kilometer von der deutschen Grenze, im französischen Elsass, herrschen längst dramatisch Coronavirus-Zustände wie in Norditalien: Die Spitäler sind überlastet und Patienten ab einem gewissen Alter werden nicht mehr beatmet – für sie gibt es nur noch Sterbebegleitung.
Stündlich muss im Elsass ein Patient mit schweren Atemproblemen in Spitälern aufgenommen werden, der kurz danach an die Beatmungsmaschine muss. Mediziner an der Universitätsklinik Straßburg müssen trotz Coronavirus-Infektion weiterarbeiten, es gibt keinen Ersatz für sie.
Wie in Norditalien oder Teilen Spaniens, ist auch die Hilfe für die ganzen Alten nicht mehr möglich. Es wurde entschieden, nur noch „Sterbebegleitung mit Opiaten und Schlafmitteln“ durchzuführen, schreiben die Mitarbeiter des Deutschen Instituts für Katastrophenmedizin in Tübingen in einem Bericht.
Elsass, das Corona-Epizentrum von Frankreich
Die deutschen Katastrophenmediziner besuchten die Universitätsklinik in Straßburg schon am Montag. Und bereits Anfang der Woche schlugen sie angesichts der dramatischen Entwicklung Alarm. Unter Annahme, dass sich die Entwicklung im Elsass bald in Deutschland einstellen werde, sei eine optimale Vorbereitung von „allerhöchster Dringlichkeit“.
Nadelöhr seien die zu beatmenden Patienten, heißt es in dem Papier. Seit dem Wochenende würden Patienten, die älter sind als 80 Jahre, an der Straßburger Klinik nicht mehr beatmet. Genauso werde auch mit Patienten in Pflegeheimen in diesem Alter verfahren, die beatmet werden müssten. Sie sollen durch den Rettungsdienst eine „schnelle Sterbebegleitung“ erhalten. Die Ethikkommission in Frankreich gebe diese Vorgehensweise vor.
Frankreich: Armee ist bereits im Coronavirus-Einsatz
Das Robert Koch-Institut (RKI) hatte die an Deutschland grenzenden ostfranzösischen Gebiete Elsass und Lothringen bereits vor rund zwei Wochen als Coronavirus-Risikogebiet eingestuft. Auch die Region Champagne-Ardenne, die eine Grenze mit Belgien teilt, gilt als Risikogebiet. Die drei Gebiete bilden zusammen die Region Grand Est. Sie grenzt an Baden-Württemberg, an das Saarland und an Rheinland-Pfalz.
Nach Angaben der regionalen Gesundheitsbehörde der Region Grand Est waren bis Mittwoch 3.068 Menschen mit einer Coronavirus-Infektion in Krankenhäusern untergebracht. Fast 651 davon sind Patienten auf Intensivstationen. Seit Beginn der Pandemie wurden in der gesamten Region mehr als 500 Todesfälle verzeichnet.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron kündigte bei einem Besuch einer neuen mobilen Armeeklinik am Mittwochabend im elsässischen Mülhausen (Mulhouse) eine Militäroperation zur Unterstützung der Bevölkerung an. Ein Sonderzug mit 20 Corona-Patienten an Bord verließ am Donnerstag Straßburg Richtung Westfrankreich, um die Intensivstationen in der betroffenen Region zu entlasten.
Intensivmediziner müssen unbedingt einsatzfähig bleiben
Intensivmedizinern und Notärzten komme in der Krise eine Schlüsselrolle zu, berichten die Katastrophenmediziner weiter. „Der Ausfall jeder einzelnen Person in diesen Bereichen wird am Ende Menschen das Leben kosten.“ Deshalb müsse für diese Fachkräfte eine Sonderrolle gelten. Frankreich gestatte auch infizierten Ärzten die Arbeit. „Einzig bei bestätigter Infektion und eigenen Symptomen wird die Arbeit wenige Tage unterbrochen“, schreiben die Mediziner über den französischen Rettungsdienst.