Coronavirus: Ärger über Tiroler Behörden wegen Ischgl
Die anfangs lasche Haltung der Tiroler Behörden gegenüber dem Coronavirus führt zur Frage: War der Tourismus wichtiger als die Gesundheit?
In Sozialen Medien wird derzeit heftig diskutiert: Was ist da in Tirol passiert? Weshalb wurde Ischgl zum Hotspot der Coronakrise in Österreich und führte dazu, dass sich der gefährliche Virus auch in anderen Ländern wie Norwegen ausbreiten konnte? Vor allem Tiroler wehren sich heftig dagegen, Ischgl als Negativbeispiel für einen fahrlässigen Umgang zu betrachten.
Coronavirus in Ischgl: Keine Schuldzuweisung, aber Fragen
Es geht allerdings weder um Schuldzuweisungen an einen Ort oder ein bestimmtes Bundesland, sondern um die nackten Fakten. Und die lauten: Die Tiroler Behörden haben nicht nur sehr spät, sondern teils auch falsch oder zumindest nachlässig reagiert. So wurde vor kurzem bekannt, dass Touristen aus den gesperrten Gebieten einfach nach Hause geschickt, obwohl eine hochgradige Ansteckungsgefahr bestand. Davor ließen sich die Behörden sehr lange Zeit, um Maßnahmen zu verhängen: Der Skibetrieb wurde entgegen der Warnungen von Medizinern noch tagelang aufrecht gehalten; auch das fröhliche Aprés-Ski-Treiben ging noch munter weiter. Dabei hatten isländische Gesundheitsexperten bereits am 5. März (!) vor der hohen Ansteckungsgefahr in Ischgl gewarnt und auch die Tiroler Behörden verständigt. Aus Norwegen melden indes Österreicher, dass dort der Coronavirus schon als „Skiferien-Krankheit“ bezeichnet wird, weil sich so viele Menschen in Tirol angesteckt hatten.
Dass der Virus in Ischgl entstanden sei oder sich ausschließlich dort ausgebreitet hat, wird niemand behaupten. Aber für Menschen, die sich dort angesteckt haben, wird auch die Reaktion des Tiroler Gesundheitslandesrat Bernhard Tilg einigermaßen verwunderlich sein. In einem Interview in der ZiB 2 mit Armin Wolf wollte er weder Fehler noch Versäumnisse sehen. „Alles richtig gemacht“ lautete seine Standardaussage. Er sieht eher die Schuld bei ausländischen Medien, die so tun würden, als sei der Virus in Ischgl entstanden. „Die Behörden haben alles richtig gemacht“, sagte Tilg. Dabei wurde am 7. März schon ein Barkeeper positiv getestet, am Tag danach erklärten noch Landesbehörden, die Ansteckungsgefahr in Bars sei ja ohnehin gering.
Steckte Geldgier dahinter, als Bergbahnen, Hotels und Bars trotz eindringlicher Warnungen von Medizinern offen hielten? Wollte man sich das Geschäft nicht entgehen lassen? Zumindest deuten die Fakten darauf hin, dass man nicht auf Umsätze verzichten wollte. Wie auch immer: Ischgl wurde zum Symbol der Nachlässigkeit und leider auch der Ignoranz. Die Reaktion der Politik scheint das zu bestätigten. Was nicht bedeutet, dass sich auch jeder Einzelne fragen muss, ob er sich vorsichtig genug verhalten hat.