Corona-Krise: Was bringen die Schuldenerlasse und Notkredite des IWF wirklich?
Der Internationale Währungsfonds IWF hat angekündigt 25 Mitgliedsländern sofortige Schuldenerleichterungen zu gewähren. Zudem gibt es für einige Länder Notkredite.
Damit möchte man den ärmsten Mitgliedern ermöglichen, während der Corona-Krise mehr ihrer knappen finanziellen Ressourcen für medizinische und andere Hilfsmittel zu verwenden. Sind diese Erlasse und Kredite aber tatsächlich eine Hilfe?
Notkredite für westafrikanische Länder und Schuldenerlasse für 25 weitere Staaten
Um die wirtschaftlichen Folgen der aktuellen Pandemie abzufangen, unterstützt der IWF die westafrikanischen Staaten Ghana und Senegal mit Notkrediten. So soll Ghana einen Kredit von einer Milliarde Dollar bekommen, Senegal etwa 440 Millionen. Ghana und Senegal befinden sich am Übergang vom Entwicklungs- zum Schwellenland. Zusätzlich möchte der Internationale Währungsfonds im Rahmen seines Krisenfonds „Catastrophe Containment and Relief Trust“ (CCRT) sofortige Schuldenerleichterungen für die 25 ärmsten Mitgliedsstaaten gewähren.
„Das gewährt unseren ärmsten und schutzbedürftigsten Mitgliedern Zuschüsse zur Deckung ihrer IWF-Schuldenverpflichtungen für eine erste Phase in den nächsten sechs Monaten und wird ihnen helfen, mehr ihrer knappen finanziellen Ressourcen für lebenswichtige medizinische und andere Hilfsmaßnahmen zu verwenden“, sagte IWF-Geschäftsführerin Kristalina Georgiewa.
Die Corona-Krise hat Folgen für die Wirtschaft
Das Coronavirus hat nicht nur Folgen für unsere Gesundheit, sondern auch für die internationale Wirtschaft. Der IWF rechnet mit der schwersten globalen Rezession seit fast hundert Jahren. In seiner letzten Prognose zur globalen Konjunktur rechnete der Währungsfonds damit, dass die Wirtschaftsleistung 2020 um drei Prozent zurückgehen könnte. Im Jänner hatte er noch ein globales Wachstum von 3,3 Prozent prognostiziert. „Es ist eine wirklich globale Krise, weil kein Land verschont bleibt“, sagte IWF-Chefvolkswirtin Gita Gopinath vor Journalisten. Es müsse mit einem deutlichen Anstieg der Arbeitslosigkeit gerechnet werden.
Der IWF fordert deswegen alle Regierungen weltweit auf, die Wirtschaft gezielt zu unterstützen. So möchte man die Folgen der Krise abfedern. Dazu gehören Kreditprogramme für betroffene Unternehmen ebenso wie zusätzliche Mittel des Staates, um betroffenen Branchen zu helfen. Durch gezielte Hilfen werde der Weg für eine Erholung im kommenden Jahr gelegt, hieß es vonseiten des IWF. Mehrere Staaten haben daher bereits beim IWF Notkredite beantragt, um ihre Gesundheitssysteme zu stärken und die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie einzudämmen. Der Internationale Währungsfonds kündigte zudem eben auch Schuldenerleichterungen für 25 der ärmsten Länder an. Darunter sind etwa Afghanistan, Haiti, Mali, Mosambik, der Kongo und der Jemen.
Was bringen die Schuldenerlasse?
Für Klaus Friesenbichler vom Wirtschaftsforschungsinstitut Wifo sind die Maßnahmen des IWF bereits ein Schritt in die richtige Richtung, der den betroffenen Ländern etwas mehr finanziellen Spielraum verschafft. „Für die 25 Länder hat man die Schulden nicht nur gestundet, sondern erlassen“, erklärt der Ökonom.
Ob die Schuldenerlasse tatsächlich etwas bringen, hängt laut Friesenbichler aber davon ab, wie das Geld in den Ländern vor Ort verwendet wird: „Es ist unklar, ob die Länder, die nun geschaffenen Freiräume auch tatsächlich dafür nutzen, um etwa in das Gesundheitssystem zu investieren.“ Denn die Gefahr besteht, dass Länder, die schon seit Jahren eine hohe Auslandsverschuldung haben, das Geld nun auch für andere Dinge verwenden, wie etwa um Unternehmensliquidität zu schaffen.
Reicht das Geld aus?
Die Schulden der Länder werden nun mit dem Geld aus dem Krisenfonds CCRT bezahlt. Der CCRT ist ein Sonderfonds des IWF. Er wurde während der Ebola-Krise 2015 genau zu diesem Zweck eingerichtet. In Krisenzeiten sollen daraus fällige Ratenzahlungen an den IWF erfolgen, um die Haushalte betroffener Staaten zu entlasten. Dass nun Mittel aus dem CCRT freigemacht werden, ist also nur logisch. Der Fonds wurde zwar für Ebola gegründet, in der Praxis hat man ihn aber bisher vor allem für regionale Katastrophen aufgebraucht.
Doch reichen die Gelder, die für eine regionale Katastrophe vorgesehen sind, auch bei einer Pandemie? Im Moment liegen 500 Millionen US-Dollar bereit. Das inkludiert Zusagen in Höhe von 185 Millionen Dollar aus Großbritannien, 100 Millionen Dollar aus Japan und nicht bezifferte Beträge aus China, den Niederlanden und anderen Staaten. IWF-Chefin Georgieva warb für eine Aufstockung des verfügbaren Betrags auf 1,4 Milliarden Dollar und rief auch andere Staaten auf, sich an Beitragszahlungen zu beteiligen. „Österreich scheint sich bis jetzt noch nicht gemeldet zu haben“, bemerkt Ökonom Friesenbichler.
Die Höhe der Erlasse ist für den Ökonomen Johannes Jäger nicht ausreichend: „Der Schuldenerlass ist grundsätzlich zu begrüßen. Leider ist der Betrag sehr gering. Die Maßnahme ist bei dieser Summe eher als symbolisch zu betrachten.“ Jäger ist Fachbereichsleiter für Volkswirtschaftslehre an der FH des BFI Wien. Vergleiche man die Beträge aus dem Krisenfonds etwa mit dem Schuldendienst der Länder, sei die Maßnahme des IWF wohl eher ein psychologischer Effekt als eine tatsächliche Hilfe. „Die Länder in Subsahara-Afrika allein hatten 2018 einen Schuldendienst von über 60 Milliarden US-Dollar.“
Helfen Notkredite weiter?
Schulden zu erlassen ist für Jäger zumindest der richtige Weg: „Diese Länder sind überschuldet. Es ist in der Regel so, dass sie auch oft viel mehr für den Schuldendienst bezahlen als sie an Entwicklungshilfe bekommen.“ Die Schulden würden den Gläubigerstaaten immer mehr Macht in die Hand geben, um den Ländern bestimmte wirtschaftspolitische Maßnahmen aufzuzwingen. „Vielfach sind das auch Maßnahmen, die zu Einschnitten und Einsparungen im Sozialbereich wie beispielsweise im Gesundheitsbereich führen. Das ist unter anderem ein Grund, warum viele dieser Länder schlecht dastehen.“
Schuldenerlasse bringen den ärmeren Ländern der Welt also Abhilfe. Doch jenen Ländern, denen man Notkredite zugesprochen hat, müssen diese auch wieder zurückzahlen. Neue Schulden also. Es wirkt wie ein Teufelskreis.