Corona in Afrika: Frauen und Mädchen besonders gefährdet
Über eine halbe Million Corona-Infektionen gibt es mittlerweile auf dem afrikanischen Kontinent. Immer mehr Länder verzeichnen dort einen starken Anstieg an Coronavirus-Fällen.
Frauen und Mädchen sind während der Corona-Krise besonders gefährdet.
Mehr als eine halbe Million Infizierte in Afrika
„Afrika muss aufwachen“, warnte WHO-Chef Tedros Adhanom bereits im März. Der Kontinent müsse sich auf das Schlimmste vorbereiten, mahnte er damals. Mittlerweile steigt die Zahl der Infektionen auf dem afrikanischen Kontinent weiter an. Inzwischen sind über eine halbe Million Corona-Fälle verzeichnet worden. Wie die WHO Anfang Juli mitteilte, seien außerdem 12.000 Menschen gestorben. Die Organisation sei besorgt, dass immer mehr Länder einen starken Anstieg von SARS-CoV-2-Infektionen verzeichnen. Im Juni hätten sich die Fälle in 22 Ländern auf dem Kontinent mehr als verdoppelt. „Die Gefahr, dass COVID-19 die schwachen Gesundheitssysteme auf dem Kontinent überwältigt, eskaliert“, erklärte die WHO-Chefin für Afrika, Matshidiso Moeti.
Die Pandemie erreichte Afrika im Vergleich zu anderen Teilen der Welt relativ spät. Zudem verbreitete sich das Virus dort recht langsam. Die meisten Länder verhängten sehr rasch strenge Maßnahmen, um die Ausbreitung von SARS-CoV-2 einzudämmen. Mittlerweile werden aber viele Maßnahmen wieder gelockert, meist wegen ihrer wirtschaftlichen Folgen. Die Ausbreitung der Fälle beschleunigt sich daher. Etwa 43 Prozent aller Fälle in Afrika sind laut WHO übrigens in Südafrika registriert worden. Auch Algerien, Ghana, Ägypten und Nigeria hätten eine sehr hohe Zahl. In einigen Staaten, wie etwa Eritrea, Gambia, Mali, den Seychellen und Togo breite sich das Coronavirus nur langsam aus.
Kapstadt als Brandherd der Corona-Pandemie
Besonders die südafrikanische Weststadtprovinz ist von der Pandemie stark betroffen. Dort breitet sich das Virus in einer Geschwindigkeit wie zuvor in China, Westeuropa, den USA und derzeit in Brasilien aus. Laut Detailanalysen verbreitet sich das Virus besonders schnell in den dicht besiedelten Slums und Townships der schwarzen Bevölkerung, wie etwa in Kayelitsha, Gugulethu oder Langa. Dass das Westkap wesentlich mehr Corona-Fälle als der Rest Südafrikas hat, heizt auch eine politische Debatte an.
Es ist die einzige südafrikanische Provinz, die nicht vom Afrikanischen Nationalkongress, sondern von der von Weißen dominierten Demokratischen Allianz regiert wird. Staatspräsident Cyril Ramaphosa besuchte vor Kurzem den Pandemieherd und kritisierte Provinzchef Alan Winde mit den Worten: „Ich akzeptiere die Entschuldigung nicht, dass es im Westkap zu wenig Gesundheitskräfte gibt“. Die Region brauche auch mehr Krankenhausbetten, fügte Ramaphosa hinzu: „Ich bin nicht glücklich mit der Zahl, die Ihr zu brauchen meint.“ Auch Tests müssten vermehrt und das Aufspüren von Ansteckungsherden verbessert werden, sagte der Präsident. Auf der anderen Seite klagt die Provinzregierung über mangelnde Ressourcen, vor allem Testkits und Gesundheitspersonal.
Corona-Pandemie verstärkt Ungleichheiten
Auch in anderen Ländern Afrikas zeigt die Pandemie politische und gesellschaftliche Ungleichheiten auf. Besonders hart trifft die Krise Frauen und Mädchen. „Wir sehen schon jetzt die katastrophalen Auswirkungen, die COVID-19 auf die weibliche Bevölkerung hat“, sagte etwa SOS-Kinderdorf Geschäftsführer Christian Moser. „Die Pandemie verstärkt die Ungleichheiten. Millionen Frauen und Mädchen brauchen jetzt Schutz und Unterstützung um ihre Rechte einfordern zu können!“ Denn durch die Krise sind oft frauenärztliche Vorsorgeuntersuchungen und medizinisch notwendige Behandlungen nicht möglich. Oft sind Verhütungsmittel nicht erhältlich. Durch die vielerorts verhängten Ausgangssperren sind nämlich Kliniken, Gynäkologen und Apotheken kaum zugänglich. Präventionsmaßnahmen gegen häusliche Gewalt seien nicht verfügbar. Dadurch steige auch das Missbrauchsrisiko auf engstem Raum für Mädchen und Frauen.
Während Schulschließungen in Österreich vor allem E-Learning zur Folge hatte, bedeutet die gleiche Maßnahme in Afrika oftmals, dass die Kinder nichts zu essen bekommen. „In weiterer Folge sind viele Mädchen davon bedroht, verheiratet zu werden“, erklärte Christian Moser von SOS-Kinderdorf. Durch die Ausgangssperre sind Frauen und Mädchen zudem verstärkt häuslicher und sexueller Gewalt ausgesetzt.
Frauen als Betreuerinnen
Auch die gesellschaftliche Rolle der Frau ist während der Corona-Krise in vielen afrikanischen Ländern ein wichtiges Thema. Frauen pflegen freiwillig und oft unbezahlt kranke Angehörige. Gegenüber der Deutschen Welle erklärte die simbabwische Soziologin Martha Mutisi: „Frauen wurden schon immer in die Rolle der Betreuerinnen gedrängt. Sie kümmern sich selbstverständlich um kranke Angehörige oder übernehmen den Unterricht ihrer Kinder, wenn die Schule, etwa wegen einer Pandemie, ausfällt.“