Corona-Hotspot Ischgl: Justiz ermittelt gegen vier Personen
Nach dem massiven Ausbruch des Coronavirus im Tiroler Skiort Ischgl im vergangenen Winter haben die österreichischen Behörden nun Ermittlungen gegen vier Personen aufgenommen.
Das gab die Staatsanwaltschaft Innsbruck am Mittwoch bekannt.
Fall Ischgl: Ermittlungen gegen vier Personen eingeleitet
Um wen es sich dabei handelt, wurde nicht mitgeteilt. In Ischgl, das als Partyhochburg unter den Skigebieten bekannt ist, hatten sich Tausende Urlauber infiziert und das Virus dann auf der ganzen Welt verbreitet. Kritiker werfen Behörden und verantwortlichen Politikern vor, zu spät und nicht angemessen reagiert zu haben.
Die Prüfung der über 10.000 Seiten Beweismaterial hätten nunmehr dazu geführt, dass die Umsetzung einiger Verordnungen näher untersucht wird, teilte die Behörde mit. Dazu zählen insbesondere Verkehrsbeschränkungen in Ischgl und die Quarantäne im umliegenden Paznauntal im vergangenen Winter. Hier gibt es Unklarheiten darüber, wann die Verordnungen in Kraft getreten sind und wie sie umgesetzt wurden.
Schadensersatzklagen gegen Österreich
Der Ausbruch in Ischgl hat schon zu ersten Schadenersatzklagen gegen die Republik Österreich geführt. Ein privater Verbraucherschutzverein, der im Namen von vier Personen Klagen eingereicht hat, wirft den Verantwortlichen vor, zu spät und fehlerhaft reagiert zu haben. Einer der Vorwürfe lautet, dass der Skibetrieb zu lange aufrechterhalten wurde. Zudem wird dem österreichischen Kanzler Sebastian Kurz vorgeworfen, durch die abrupte Verhängung der Quarantäne am 13. März eine chaotische Abreise von ausländischen Gästen ausgelöst zu haben und damit zur Verbreitung des Virus beigetragen zu haben.
Coronavirus in Ischgl: Von der Tiroler Skihütte nach ganz Europa
Ischgl in Tirol gilt in Europa als eine der Hotspots, von wo aus sich das Coronavirus in unzählige Länder verbreitet hat. Denn die Warnungen wurden dort zu lange ignoriert und die Quarantäne erfolgte zu spät. Die Folge: das Coronavirus verbreitete sich durch internationale Touristen in ganz Europa. Schon als die ersten Fälle mit Ischgl-Bezug auftauchten, erkannten die Behörden vor Ort die Gefahr nicht – Hotel- und Restaurantbetreiber wollten keine Geschäftseinbußen hinnehmen – der Ski-Spaß ging einfach weiter.
Island hatte Ischgl jedoch bereits am 5. März zum Gefahrengebiet erklärt und gewarnt. Isländische Urlaubsgäste mussten sich in eine 14-tägige Heimquarantäne begeben, wenn sie zurückkehrten. Offenbar hatte man vor Ort aber entschieden, das Wochenende noch „mitzunehmen“. Mit gravierenden Folgen.
Barkeeper aus dem Kitzloch war „Patient 0“
Bei dem Ischgler „Patienten 0“ handelt es sich um einen Barkeeper. Er arbeitete im sogenannten „Kitzloch„. Bereits am 9. März wurde über weitere Erkrankte berichtet, die sich dort angesteckt hätten. Von daher hätte es nahe gelegen, die Apres-Ski-Bar – und auch die anderen in dem relativ kleinen Ort – sofort zu sperren. Das ist aber nicht geschehen. Im Gegenteil: Die Parties gingen feucht-fröhlich weiter.
Das ganze Ausmaß wird erst bewusst, wenn man sich die Urlauberzahlen ansieht: Alle Berg- und Liftanlagen der Silvretta Arena befördern in der Hochsaison rund 96.533 Personen pro Stunde. Ischgl gilt heute als Beispiel für Massen- und Eventtourismus im Après-Ski. Der Tiroler Skiort wurde also zur tragischen „Drehscheibe des Virus“ für ganz Europa.
(Quelle: Reuters/red)