Conchita Wurst: „Ob ich feminin oder maskulin bin, ist vollkommen egal“
„From Vienna With Love“ – so heißt das neue Album von Song Contest-Gewinnerin Conchita, mit dem sie sich, wie sie selbst sagt, ein absolutes Geschenk gemacht hat. Die Kunstfigur wurde 2011 von Sänger Tom Neuwirth ins Leben gerufen. Dass sie sich nun wieder „männlicher“ gibt, sorgte in den vergangenen Tagen immer wieder für Schlagzeilen. „Oida, es ist so irrelevant“, sagt sie selbst über diese Diskussion. „Es tut nichts zur Sache, es ist immer die gleiche Person. Und ob ich feminin oder maskulin bin, ist vollkommen wurscht.“ Wir haben Conchita zum Interview getroffen.
Inwiefern ist „From Vienna With Love“ anders als das, was du bisher gemacht hast?
Conchita: Es ist nicht wirklich anders als das, was ich bisher gemacht habe. Es ist eigentlich – sag ich jetzt mal zynisch und lustig – das Album, das sich viele von mir nach dem Song Contest gewünscht hätten. Ich habe mir mit zehn Jahren schon vorgestellt, wie das wäre, diese großen Diven-Songs auf einer großen Bühne singen zu können und wie sich das anfühlen muss. Und jetzt bekomme ich genau das. Es ist ein absolutes Geschenk und ein Privileg. Dieses Album ist der krönende Abschluss – wobei „Abschluss“ so theatralisch klingt. Aber es rundet meine Geschichte einfach ab. Von dem kleinen Burschen, der zuhause singt, und der jetzt diese Songs mit diesem Orchester performen darf.
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Die Symphoniker sind ein Symbolbild für Tradition, die man mit einem eher konservativen Publikum assoziiert. Wie passt das zu der doch recht schrillen Kunstfigur Conchita?
Conchita: Darüber mache ich mir keine Gedanken. Es entscheidet immer das Publikum. Wir können Ideen haben ohne Ende, wir sind nicht die, die entscheiden was – so hässlich dieses Wort auch ist – funktioniert. Ich mache mir da weniger Gedanken über das, ich beschäftige mich einfach mit der Materie und genieße den Prozess. Ich habe diesbezüglich auch total viel dazugelernt. Ich kannte es damals nach dem Song Contest noch nicht, was es bedeutet, wo rein zu fallen, Kunst zu machen, dich selbst auszudrücken mit dem, was du zu Verfügung hast und das ist ja schön.
Du hast vorhin gesagt: Dieses Album hätte das Publikum so gerne nach dem Song Contest gehabt. Hast du das gemacht, um deinen Fans diesen Wunsch zu erfüllen oder machst du Musik einfach für dich selbst?
Conchita: Ich mache das, weil sich die Möglichkeiten bieten. Da sag ich nicht nein! Da wäre ich ja bescheuert. Nein, ich habe selten bis nie einen Plan. Ich sage immer: Ich werfe Dartpfeile und schaue einfach, welcher stecken bleibt.
Bist du sehr selbstkritisch? Also gibt es Dinge wo du sagst: „Ah, das hätte ich noch besser machen können“?
Conchita: Natürlich, absolut! Meine Freunde nervt des sogar schon ein bisschen, weil ich spiele dann immer die Sachen vor, die ich mache. So ist das zum Beispiel auch bei „The Way We Were“. Am Anfang wird gesummt und jedes Mal sage ich: „Nein, des hätte ich softer machen können, des hätte ich…“ Ein Freund hat dann gesagt: „Gott, kannst jetzt bitte die Bappn hoidn? Es is total sche, sei einfach still.“ Aber man selbst hört das natürlich anders. Ich zerfleische mich als Allererster. Ich sage immer: „Ich bin meine eigene Stagemum“.
In welchen Situationen stellst du dir vor, hören die Fans das fertige Album? Hören sie das alleine im Zimmer oder wenn sie mit der besten Freundin auf einem Roadtrip sind?
Conchita: Ich glaube, da bin ich auch ein bisschen egozentrisch. Ich denke da nicht viel darüber nach, wie das andere Menschen empfinden, sondern welche Bilder ich bekomme. Wenn ich im Studio stehe für Dinge, die erst im nächsten Jahr rauskommen, frage ich mich aber schon: „Wie reagieren die Leute wenn sie das hören? Staunen die dann oder denken sie sich: ‚Ach Gott, check i net!'“ Für mich habe ich definitiv schon kategorisiert, wo ich die Songs höre. Es gibt Songs, da denke ich mir: „Ach, da muss man in einem Cabrio sitzen und dem Sonnenuntergang entgegen fahren, weil da passt das einfach genau. Oder das muss bei Grey’s Anatomy laufen, wenn sie jemanden aus dem Auto zerren.“
Aber stellst du dir die Menschen vor, die es hören? Könntest du sagen, du kannst eine Zielgruppe definieren für dieses Album?
Conchita: Nein! Ich glaube, ich denke da an Leute, die ich kenne. Ich stell mir dann vor: Könnte das der Oma gefallen? Oder wenn Anastacia das Lied hört: Was denkt sie sich dann? Sowas stellt man sich vor. Absurdes!
Das neue Album von Conchita erscheint am 19. Oktober. Gemeinsam mit den Wiener Symphonikern wird sie „From Vienna With Love“ am 20. Oktober im Rahmen eines Galakonzerts im Wiener Konzerthaus präsentieren.