Es ist ein ungewohntes Bild bei den eleganten Haute-Couture-Schauen im Pariser Sommer: flache Schuhe, wo immer man hinschaut. Viele Besucherinnen kommen in Römersandalen, andere in Ballerinas oder der Herrenmode entlehnten Brogues. Bei jüngeren Designern wie der talentierten Bouchra Jarrar treten sogar die Pressedamen des Hauses in bodenständigen Schnürern auf. Wer auf hohen Heels herumstöckelt, gehört entweder schon der älteren Generation an oder ist ein Hollywood-Star und kann nicht anders.

 

Vieles spricht dafür, dass sich hinter der neuen Liebe zu Flats mehr verbirgt als ein kurzlebiger Trend. Karl Lagerfeld schickte schon bei seiner Couture-Schau für Chanel im vergangenen Januar die Models auf flachen Sneakers über den Laufsteg. Auch Designer Raf Simons zeigte bei Dior Sportschuhe. Da galt das noch als Sensation. Jetzt – im Juli – verpasste Lagerfeld ganz selbstverständlich den Chanel-Mannequins absatzlose Zehensandalen mit Schleifen an den Fesselriemen.

 

Bei den führenden Internet-Anbietern im hochmodischen Bereich wie „Mytheresa“ oder „Net-A-Porter“ hat sich das Angebot an flachen Schuhen deutlich vergrößert. „Vor ein paar Jahren gab es noch nicht so viele Varianten“, konstatiert Sasha Sarokin, Senior Buyer bei dem Londoner Netz-Modegiganten „Net-A-Porter“. „Hauptsächlich waren es Ballerinas und Turnschuhe, und oft dienten die als Freizeitlook am Wochenende.“ Heute könne man viel besser mit flachen Schuhen spielen – Brogues, Loafer, Sneakers, Creepers oder spitze Schuhe könnten mit allem kombiniert werden.

 

Es sind nicht nur die Schuhe, bei denen sich die weibliche Garderobe geändert hat. Ein neues Frauenbild hat sich leise und beharrlich aufgebaut. Im kommenden Winter wird es überall sichtbar. Dazu gehören ein weicher Oversize-Mantel, eine A-förmige wadenlange Hose aus Wolle, ein passendes, leicht gerundetes Tunika-Oberteil oder eine gut gearbeitete Bluse. Labels wie Acne aus Schweden oder The Row aus den USA verkörpern diesen Look.

 

Lanciert hat ihn aber – und das schon vor ein paar Jahren – maßgeblich eine Frau: Phoebe Philo (im Bild), die Designerin des Marke Céline. „Die Frau, die weiß, was Frauen wollen“, so nannte das Style-Magazin „T“ der „New York Times“ im vergangenen Februar eine Titelgeschichte über Philo. Die Designerin, schrieb Autorin Whitney Vargas, habe in den bisher sechs Jahren bei Céline stets Kollektionen entworfen, die den Lauf der Mode verändert hätten. Schön entworfene Kleider höchster Qualität, bei denen Komfort der höchste Luxus sei.

 

Anders als in den 1980er und 1990er Jahren, wo Jil Sander und Giorgio Armani Anzüge für Frauen der Businesskleidung für Männer entlehnten, spielen männliche oder weibliche Dresscodes und der Gegensatz von Arbeits- und Freizeitwelt keine große Rolle mehr. Die Übergänge sind fließend.

 

Dass deutsche Frauen nicht so aussehen wollten, als ob sie Teil der arbeitenden Bevölkerung wären, stellte die Literaturwissenschaftlerin Barbara Vinken kürzlich in ihrem Buch „Angezogen: Das Geheimnis der Mode“ fest. Die Mode hat ihre These jedoch fast schon wieder überholt. Moderne Frauen sehen so aus, als ob sie zwischen verschiedenen Aufgaben jederzeit switchen könnten. „Bei Kleidern geht es nicht mehr nur darum, schick auszusehen“, sagte Sasha Sarokin der Nachrichtenagentur dpa. „Sie sind auch komfortabel, so dass das gleiche Outfit den ganzen Tag lang getragen werden kann, vom Stadtbummel am Tag bis zum Dinner mit Freunden am Abend.“

 

Hauptsache, es wirkt lässig und eben bequem. Sogar Victoria Beckham, die früher gerne auf Stöckelschuhen lief, hat sich von High Heels abgewandt. Im Online-Magazin von „Net-A-Porter“ rät sie Leserinnen: „Trauen Sie sich an Flats. Es wäre unmöglich, in High Heels meinen Kindern hinterherzujagen oder in meinem Londoner Studio herumzurennen.“