Bedeuten getrennte Schlafzimmer das Ende einer Beziehung?
Er schnarcht, sie schnauft. Er träumt laut, sie wälzt sich, dass die Bettfedern quietschen. Und beide denken: „Was gäbe ich für ein Schlafzimmer für mich allein.“ Aber keiner traut sich, es auszusprechen. Denn zu einer glücklichen Beziehung gehört doch ein gemeinsames Schlafzimmer mit Doppelbett, oder etwa nicht? Zumindest fallen Paare mit getrennten Betten aus dem Rahmen des Gewohnten. Sollen sie es trotzdem wagen, wenn beide das Gefühl haben, es täte ihnen und ihrem Schlaf gut?
Gezielte Ursachenforschung
Gründe für getrennte Schlafzimmer lassen sich durchaus finden: Der eine muss immer früh raus, der andere kommt erst nach Mitternacht zur Ruhe. Der eine weckt den anderen mit nächtlichen Gängen zur Toilette. Oder macht immer das Fenster auf, obwohl der Partner so schnell friert. „Sehr häufig aber gibt es Klagen über das Schnarchen des Partners“, erzählt Friedhelm Schwiderski, Paar- und Sexualtherapeut aus Hamburg. Hier sind tatsächlich meistens die Männer die Übeltäter: „Männer schnarchen häufiger und auch lauter als Frauen“, sagt der Schlafmediziner Thomas Pollmächer.
Und es gibt noch weitere geschlechtsspezifische Unterschiede beim Thema Schlaf: „Man nimmt an, dass gesunde Frauen eher mehr Schlaf benötigen und auch länger schlafen sowie etwas mehr Tiefschlaf aufweisen als Männer“, sagt Johannes Mathis, Leiter des Schlaf-Wach-Zentrums am Inselspital in Bern. „Frauen leiden aber subjektiv häufiger an einer Schlafstörung.“
Schlafstörung als Belastungsprobe
Ganz gleich, was die Gründe sind: „Wenn der eine Partner sich durch den anderen ständig im Schlaf gestört fühlt, kann das die Beziehung belasten“, sagt Schwiderski. Denn er macht den anderen für seine Schlafprobleme verantwortlich. Wer wach liegt, weil der Partner Nacht für Nacht einen ganzen Wald zersägt, der wird bald das Gefühl entwickeln, dass das eigene Wohlergehen dem anderen egal ist. Obwohl dieser von den Problemen vielleicht gar nichts weiß – denn er schläft ja.
Kommunikation hilft
Das Problem gehöre deshalb auf den Tisch, wenn beide wach sind: „Ich würde das gemeinsame Schlafzimmer nicht vorschnell aufgeben, ohne zumindest nach einer anderen Lösung des Problems gesucht zu haben“, sagt der Paartherapeut. Das können Ohrstöpsel sein, unterschiedlich warme Decken oder ein Ausweichzimmer, falls der Job mal zu besonders frühem Aufstehen zwingt. Ganz auf ein gemeinsames Schlafzimmer zu verzichten, bedeute, „dass die Partner körperlich auf Abstand gehen“, sagt Schwiderski. Das setze einen Prozess in Gang, „der nur schwer wieder rückgängig zu machen ist.“
Die Berliner Psychologin und Familientherapeutin Dörte Foertsch sieht das weniger problematisch: „Eine Beziehung kann auch mit getrennten Schlafzimmern funktionieren.“ Schließlich gehöre es zum Wesen einer Partnerschaft, unterschiedliche Bedürfnisse nach Autonomie zu akzeptieren.
Wichtig sei das offene Gespräch über die Beweggründe. „Man könnte es beispielsweise so formulieren: „Ich kann im gemeinsamen Bett einfach nicht gut schlafen. Und ich möchte unsere Beziehung dadurch nicht gefährden““, sagt die Psychologin. Sich in eine Situation zu fügen, die einem nicht gut tut – also sich jede Nacht schlaflos neben dem schnarchenden Partner hin und her zu wälzen – berge nämlich viel mehr Sprengstoff für die Partnerschaft.
Aber: Möglicherweise sind die Schnarchgeräusche gar nicht der wahre Grund für den Wunsch, sich aus dem gemeinsamen Zimmer zurückzuziehen. „Vielleicht fehlt es einem Partner in Wahrheit an anderer Stelle der Beziehung an Raum“, sagt Schwiderski.
Uneinigkeit in der Wissenschaft
Wie es sich besser schläft – ob gemeinsam oder einsam – hat Schlafforscher immer wieder beschäftigt. Frauen schliefen allein erholsamer, Männer dagegen profitierten von der Nähe der Partnerin, lautete vor einigen Jahren das Fazit einer Studie an der Universität Wien. Der US-Forscher Paul C. Rosenblatt kam zu dem Ergebnis, dass das gemeinsame Schlafzimmer ein wichtiger Faktor in der partnerschaftlichen Bindung sei.
Für das Zusammengehörigkeitsgefühl eines Paares spiele das gemeinsame Bett durchaus eine Rolle, sagt auch der Schweizer Schlafforscher Mathis. Dabei gehe es nicht nur um Sex – der übrigens auch das Einschlafen fördere – sondern auch um andere beruhigende Rituale.
Wenn beide Partner es wollten, könne eine Beziehung mit getrennten Schlafzimmern sicher funktionieren, betont Paartherapeut Friedhelm Schwiderski, gibt aber zu bedenken: „Kernaspekt einer Partnerschaft ist doch, sich auch körperlich nah zu sein.“ Das könne man sich zwar abgewöhnen, „aber damit verzichtet man auf Ebenen der Kommunikation, die sich im Gespräch einfach nicht erreichen lassen.“
Schlafmediziner Thomas Pollmächer rät außerdem zur Gelassenheit, wenn sich der Schlaf mal nicht so schnell einstellt, wie eigentlich gewünscht: „Wir haben oft zu hohe Ansprüche an einen guten Schlaf. Zweimal in der Nacht kurz aufzuwachen oder 20 Minuten zum Einschlafen zu benötigen, ist vollkommen normal und beeinträchtigt auch nicht den Erholungseffekt des Schlafs.“