Auch wenn es manche nicht hören wollen: „Arielle, die Meerjungfrau“ ist der beste Disney-Film des Jahres!
Die Realverfilmung von „Arielle, die Meerjungfrau“ musste sich seit Bekanntwerden jeder Menge Anfeindungen und Shitstorms stellen. Was die meisten online-Trolle und rassistisch motivierte Meldungen aber gekonnt ignorieren: Der Film ist nicht nur richtig richtig gut, sondern auch eine gute Ergänzung für das Disney-Universum!
Und Halle Bailey ist die perfekte Arielle!
„Arielle“: Sind Realverfilmungen zum Scheitern verurteilt?
Wer schon den ein oder anderen Filmcheck auf dieser Seite gelesen hat, weiß: ich bin nicht gerade der größte Fan von Realverfilmungen. Denn in den meisten Fällen fragt man sich die ganze Zeit nur: „Warum hat es denn dieses Remake gebraucht?“ Von einem wirtschaftlichen Standpunkt ist die Antwort natürlich klar: Remakes bringen Geld und eine mögliche neue Zielgruppe, während die alte Zielgruppe – also jene Menschen, die mit dem Original großgeworden sind – aus Nostalgiegründen (und weil sie über die Qualität lästern wollen) den Film natürlich auch nicht verpassen wollen. Ein Gewinn, den Disney in den vergangenen Jahren so sehr ausnutzte, wie nur irgendwie möglich. Denn mittlerweile sind wir bei 20 Realverfilmungen; und nicht jede von ihnen hat einen guten Ruf.
Da wäre etwa „Pinocchio“, der online für Gelächter der schlechteren Art sorgte, weil niemand den Akzent von Tom Hanks ernst nehmen konnte. Oder „Mulan“, bei dem wirklich niemand nachvollziehen konnte, warum man denn die Musik – und Mushu – weggelassen hat.
Und täglich grüßt der Remake-Drang
Vor allem die Disney-Prinzessinnen haben es unter den Remakes nicht leicht. Kein Wunder, die legendären Figuren waren für viele wohl erste große Vorbilder und Figuren, zu denen man schon als kleines Kind aufgesehen hat. Einer der absoluten Lieblinge ist dabei wohl Arielle. Denn die Titelheldin von „Arielle, die Meerjungfrau“ sorgte für die sogenannte „Disney-Renaissance“ der 1990er-Jahre und die Geschichte der Meerjungfrau, die sich in einen Prinzen verliebt und ein Mensch sein will, prägte unzählige Kindheiten.
Für viele Kinder der 90er und 2000er – und damit auch für mich – war Arielle eine DER Heldinnen der Kindheit. Ihr bester Freund Fabius war als Stofftier mein treuer Begleiter, ihr Gesicht zierte meinen liebsten Trinkbecher und das Wort Dingelhopper ist bis heute mein absolutes Lieblingswort. Und da haben wir noch nicht mal von den Songs angefangen, die bis heute absolute Ohrwürmer sind und sofort für gute Laune sorgen! Und eben diese Perfektion soll noch einmal auf die Leinwand gebracht werden? Das ist doch eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit, oder?
Hitzige Debatten um Schwarze Meerjungfrau
Doch die Realverfilmung kämpfte zusätzlich zu dieser großen Challenge mit einer ganz anderen toxischen Kontroverse. Denn Arielle wird in der Neuauflage von Halle Bailey gespielt. Ein absoluter Skandal für manch einen rassistischen Internet Troll, der sich online über eine Schwarze Meerjungfrau beschwerte. Der Hashtag #NotMyAriel ging viral. Online hagelte es rassistische und rechtsradikale Kommentare sowie abstruse Theorien, warum Meerjungfrauen (ja genau, Fabelwesen!) denn nicht Schwarz sein können. Noch bevor es überhaupt den ersten Teaser oder konkrete Bilder vom Set gab, boykottierten manche den Film.
Wie wichtig es ist, dass auch junge Schwarze Mädchen endlich eine Form der Repräsentation bekommen und sich in einer so ikonischen Figur wie Arielle wiederfinden konnten, ignorierten da einige. Doch jetzt – vier Jahre nachdem das Casting erstmals bekannt wurde – ist „Arielle, die Meerjungfrau“ da. Und als eingefleischter „Arielle“-Superfan bleibt eigentlich nur eines zu sagen: Dieses Remake hat es absolut gebraucht!
Halle Bailey ist die geborene Arielle
Denn die Realverfilmung von „Arielle, die Meerjungfrau“ weiß ganz genau, wie man den Zauber des Originals wiederaufleben lassen kann. Von dem ersten Moment, als Prinz Erik auf seinem Schiff umherschwingt und wir seinen besten Freund, den knuffigen Hund Max, sehen, ist klar: das fühlt sich an wie damals! Vor allem Hauptdarstellerin Halle Bailey schafft es dann, den Zauber von damals über zwei Stunden lang zurückzubringen! Halle ist die perfekte Arielle, die die Mischung aus jugendlicher Naivität, einem starken Willen und dem Wunsch nach mehr perfekt auf die Leinwand bringt. Einfach jede Emotion, die sie zeigt, berührt. Sie schafft es einen großen Teil des Films über, ganz ohne Worte die Show zu stehlen. Am stärksten ist die 23-Jährige aber dann, wenn sie in ihrem Element ist – in der Musik. Denn ihre Version von „Part of Your World“ sorgt für absolute Gänsehaut, die lange Zeit nicht weggeht!
Apropos Songs: Die Lieder „Nur ein Kuss“ und „Die Armen Seelen in Not“ bekommen ein Upgrade. Im Vorfeld wurden diese Textänderungen – obwohl sie noch niemand gehört hatte – scharf kritisiert. Doch im Film wird klar: sie sind subtil und geben dem Remake das notwendige Upgrade ins Jahr 2023, ohne zu aufgezwungen zu wirken. (und ganz ehrlich: es schadet bestimmt nicht zu hören, dass man nicht einfach so ohne Erlaubnis irgendjemanden küssen sollte!)
Neue Songs und neue Themen
Auch die neuen Songs in „Arielle, die Meerjungfrau“ geben den Charakteren mehr Tiefe. Wir erfahren in „Unbekannte Fluten“, wie sehr sich Erik in die Meerjungfrau verliebt hat und hören, wie begeistert Arielle von der Welt der Menschen ist („Es fühlt sich neu an“). Es geht nicht nur darum, dass sie sich einen hübschen Prinzen angeln will. Sie möchte die Welt der Menschen kennenlernen und ein Teil von ihr werden – und das schon, bevor sie überhaupt weiß, wer Prinz Erik überhaupt ist.
Es ist eben dieser Fokus, den Charakteren mehr Tiefe zu geben, der die Realverfilmung von dem Original abhebt und legitimiert, warum es diese Realverfilmung gebraucht hat. Denn wirklich jede Figur bekommt im Vergleich zum Original noch ein bisschen mehr Geschichte und Hintergrund. Wir verstehen Eriks Drang nach Freiheit mehr, wissen, warum Ursula einen so großen Hass auf Triton hat und sehen sogar, wie Arielles Schwestern – die jeweils für eines der sieben Weltmeere stehen – sich um den Müll und die Verschmutzung kümmern müssen, die die Menschen im Meer anrichten!
War Melissa McCarthy die richtige Wahl?
Bei all den aufregenden Neuerungen und Highlights gibt es aber auch einige Chancen, die „Arielle, die Meerjungfrau“ versäumt. Denn obwohl Melissa McCarthy eine fantastische Ursula ist, die teilweise sogar die Show stiehlt und dem Charakter eine Hintergrundstory gibt, die ihrer Figur deutlich mehr Bedeutung verleiht, hätte es gerade bei dieser Besetzung die Möglichkeit für ein kleines Risiko gegeben. Denn zur Erinnerung: die originale Ursula war inspiriert von der Drag Queen Divine.
In der Realverfilmung eine Drag Queen zu casten hätte vor allem mit Blick auf die aktuellen Debatten und Diskriminierungen der Szene ein klares Statement für die LGBTQIA+ Community gesetzt – und ganz nebenbei auch für jede Menge Spaß und sassy Drama auf der Leinwand gesorgt. Doch es ist ein Schritt, den Disney offenbar (noch) nicht gehen wollte. Stattdessen betont McCarthy bei Interviews zum Film gerne, dass sie sich von der Szene hat inspirieren lassen und zelebriert die Drag Kultur in ihren Statements.
Und auch Fabius – Arielles bester Freund – enttäuscht im Vergleich zum Original. Und zwar nicht nur optisch. Denn Fabius sieht deutlich realistischer – und dadurch weniger knuffig – aus und bekommt auch inhaltlich einen seichteren Plot. Auch Arielles Schwestern bekommen leider nicht genug Aufmerksamkeit im Film; oder ist ihr Auftritt etwa nur ein Hint auf ein kommendes Spin-Off?
Cameo von originaler Arielle
Dass ein paar Charaktere zu kurz kommen, ist aber wenig überraschend, wenn man sich all die Aspekte ansieht, die „Arielle, die Meerjungfrau“ schaffen will. Denn neben dem Upgrade und der moderneren Erzählung galt es ja auch, optisch einiges herzumachen. Das Ergebnis sind kunterbunte Unterwasserwelten, die im starken Kontrast zu Ursulas extrem finsterem Exil stehen. Große Shownummern wie „Unten im Meer“ bringen den Zauber der 90er in die „Realität“. „Nur ein Kuss“ versetzt uns dann sofort wieder in eine Zeit, als wir mit unseren Barbie-Puppen Arielle und Erik nachgespielt haben.
Und dann, zwischen all den großen Showeinlagen und pompösen Auftritten ist es ein kleiner, unscheinbarer Moment, der für Fans die wohl größte Bedeutung hat. Denn die Original-Arielle Jodi Benson hat einen Cameo-Auftritt und übergibt den Dingelhopper buchstäblich an die neue Arielle. Ein kleines Augenzwinkern, mit dem wohl auch Disney sagen will: manchmal wird es einfach Zeit, die Dinge neu zu interpretieren. Denn auch, wenn die Realverfilmung für uns alleine aus Nostalgie-Gründen das Original nie übertreffen kann, hat sich bei „Arielle, die Meerjungfrau“ das Experiment Remake auf jeden Fall gelohnt.