So ist es, Opfer von Alltagsrassismus zu sein
Rassismus ist immer noch ein Problem, dem entgegengewirkt werden muss. Oft ist es so, dass Rassismus offensichtlich ist, dass es keine Debatte darum gibt, ob und wie schlimm es ist. Aber in Alltagssituationen kann es passieren, dass rassistische Äußerungen als Humor eingestuft werden.
Eine Betroffene erzählt, wie es ist, sich täglich mit Rassismus auseinandersetzen zu müssen, den die meisten Menschen, die davon nicht betroffen sind, als harmlos abstempeln.
Rassismus versteckt sich oft da, wo der Alltag beginnt
Valerie* erzählt mir, dass es kaum einen Tag gibt, an dem sie nicht mit Rassismus zu kämpfen hat. Oder Vorurteilen, denen sie ausgesetzt ist, obwohl man sie nicht kennt. Valeries Eltern kommen aus China, Valerie wurde in Wien geboren. Sie spricht fließend deutsch, chinesisch und englisch. Als sie ein Kind war, lebte sie eine Zeit in China. Hin und wieder besucht sie Verwandte, die dort leben. Aber ihr Hauptwohnsitz ist in Wien, sie studiert hier und hat sich so ihr Leben aufgebaut.
Valerie studiert Medizin, hat die Schule mit ausschließlich guten Noten abgeschlossen und möchte in der Allgemeinmedizin Fuß fassen. Sie kann gut mit Menschen, sie ist offen und kommunikativ. Der Rassismus, der ihr widerfährt, den nennt sie subtil. Sie meint, oft bemerken Menschen nicht, dass sie sich falsch verhalten. Oft passiert es, dass ihr in einer Gruppe von Menschen als einzige eine englische Speise-Karte gereicht wird. Wenn sie mit ihrer Familie essen geht, dann reden Kellner sofort englisch. „Es ist unangenehm, wenn davon ausgegangen wird, nur, weil ich ausländisch aussehe, dass ich es auch bin.“
Rassismus ist weder Humor, noch eine Meinung
Valerie ist nicht nur Österreicherin, sie fühlt sich auch so. Aber ihr tägliches Leben wird ihr durch Rassismus erschwert, oft auch deswegen, weil sie sich für Dinge rechtfertigen muss, die für andere Österreicher klar sind. „Ich werde oft gefragt, warum ich in Wien bin. Was ich hier mache, vorhabe und was meine Ziele sind. Warum ich mich nicht für China entschieden habe und wieso ich als Asiatin sage, dass meine Heimat Österreich ist.“
Wenn Valerie mit der U-bahn fährt, dann wird sie angeschaut. Weil sie anders aussieht, meint sie. Es passiert auch oft, dass ihr eingedeutschtes Chinesisch hinterhergerufen wird. Angeblich soll es lustig sein, meint Valerie. Aber tatsächlich darüber lachen kann sie nicht. Wenn sie abends unterwegs ist, dann wird sie angegriffen und als Ausländerin beschimpft. „Ich habe einfach keine Lust mehr mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren, in der Universität zu sitzen, abends auszugehen oder im Kaffeehaus zu sein, wenn sich so oft eine unangenehme Situation daraus entwickelt.“ so Valerie. Sie erzählt mir auch oft, dass ihr Menschen versuchen zu erklären, dass es lustig gemeint ist oder es eben harmlose Ansichten sind, die manche Menschen haben. Aber Valerie weiß, egal um welche Art von Rassismus es sich handelt, es ist weder Humor, noch eine akzeptable Ansicht, eine Meinung.
Valerie wünscht sich Verständnis
Valerie wünscht sich, verstanden zu werden, wenn sie den Mund aufmacht. „Ich habe gelernt, dass sich nichts ändern wird, wenn ich nichts sage. Wenn ich jedoch möchte, dass etwas passiert, muss ich den Mund aufmachen. Und das tue ich – oft. Nur stößt das meist auf Unverständnis, mir wird gesagt, ich solle es mit Humor nehmen.“ Aber Valerie möchte nicht darüber lachen, dass sie diskriminiert wird. Und nur, weil es für Menschen, die es nicht selbst erleben, halb so schlimm wirkt, heißt das nicht, dass es auch für Valerie so sein muss.
*Name von der Redaktion geändert