Beziehungsunfähig: Gibt es das überhaupt?
„Er ist einfach beziehungsunfähig“: Wie oft hat unsere BFF das schon gesagt, um uns nach einer gescheiterten Beziehung wieder aufzumuntern? Oder man hat es uns selbst schon einmal vorgeworfen, weil wir uns gerade von einer unglücklichen Beziehung verabschiedet haben.
Gibt es das aber überhaupt? Beziehungsunfähige Menschen?
Wer ist beziehungsunfähig?
Beziehungsunfähigkeit bezeichnet umgangssprachlich das Problem von Personen, die sich zwar eine Beziehung wünschen, sie aber nicht aufrecht halten können. Besonders gerne wirft man dieses Wort jüngeren Menschen an den Kopf. Millennials oder Angehörige der Gen Z scheinen sich nämlich durchschnittlich häufiger zu trennen als noch ihre Großeltern beziehungsweise Urgroßeltern. Das kann viele Gründe haben. Beispielsweise die Veränderung der Gesellschaft. Immerhin sind Scheidungen akzeptierter, man heiratet später und man geht die Liebe prinzipiell ganz anders an. Altmodische gesellschaftliche Strukturen brechen auf. Frauen gehen arbeiten und möchten eine Karriere verfolgen. Es wird in unserer schnelllebigen Welt vielleicht auch schwieriger, ein gemeinsames Leben aufzubauen.
Doch ist man gleich beziehungsunfähig, wenn man mehrere gescheiterte Beziehungen in seiner Vergangenheit hat? Immerhin ist das Bedürfnis nach Liebe und Geborgenheit angeboren. Wenn man Single ist, bedeutet es außerdem nicht gleichzeitig, dass man keine Beziehung führen kann. Immerhin gibt es da noch Freunde und Familie. Auch mit diesen Personen führt man eine Beziehung. Es handelt sich hierbei zwar nicht um die klassische Liebesbeziehung, sie ist aber genauso kompliziert und komplex.
Beziehungsunfähigkeit gibt es nicht
In der Psychologie gibt es den Begriff „Beziehungsunfähigkeit“ gar nicht. Immerhin stecken hinter diesem angeblichen Phänomen meist andere Probleme, die in der Vergangenheit begründet sind. So können viele Gründe zum Schluss machen führen. Geringes Selbstwertgefühl oder der gesellschaftliche Druck sind nur zwei Beispiele. Oder die Personen, die in der Partnerschaft sind, können einfach nicht mehr miteinander klarkommen. Wenn es um Beziehungen geht, gibt es viele verschiedene Situationen. Jedes Pärchen hat seine ganz eigenen Hintergründe.
Im Interview mit „Jetzt“ erklärt die Psychologin Stefanie Stahl, dass Beziehungsprobleme eine ganz normale Erscheinung seien: „Menschen hatten schon immer Probleme mit ihren Beziehungen. Das hat auch nichts mit der Generation zu tun, auch wenn das momentan jeder nachplappert.“ Sie sagt aber auch, dass Menschen bindungsängstlich beziehungsweise bindungssüchtig sein können. Dies führe eben zu Problemen in der Partnerschaft.
Freiheitsliebende und Klammeraffen
Denn ebenso wie das Bedürfnis nach Liebe und Geborgenheit ist auch der Drang nach Autonomie und Freiheit angeboren. Das bestimmt übrigens nicht nur unser Liebesleben. Die Bindung an die Mutter im Mutterleib über die Nabelschnur, der ersten Schritte in die Freiheit oder die Bindung an die Eltern als Kleinkinder: Liebe und Freiheit gehen Hand in Hand.
Die Vielfalt an Menschen ist wahnsinnig groß. So gibt es beispielsweise, jene die ihre Freiheit genießen und daher Angst davor haben, eine feste Bindung einzugehen. Dann gibt es wiederum andere, die in einer Beziehung Klammeraffe spielen, weil sie Angst haben, den Partner zu verlieren. Beides bedeutet allerdings nicht, dass man eine grundlegende Unfähigkeit besitzt, eine Partnerschafts zu führen.