Gleichzeitig mit ihrem neuen Album „This is Me… Now: A Love Story“ veröffentlicht Jennifer Lopez auch eine Art visuelles Album zu den Songs. Was vermutlich eine künstlerische Bearbeitung ihrer Lovestory sein sollte, ist für uns am Ende nichts anderes als 65 Minuten Cringe.

Wegschauen konnten wir trotzdem nicht!

Jennifer Lopez veröffentlicht „This is Me… Now: A Love Story“

Wir sind ja eigentlich ziemliche J.Lo-Stans. Immerhin zierte sie das erste Cover der miss, war der Star auf unserer 20-jährigen Jubiläumsausgabe und auch wer online durch miss.at scrollt findet immer wieder Artikel über J.Lo, den J.Lo-Effekt und ihre unterschiedlichen Looks und Karrierehighlights. Aber wie heißt es so schön: Man muss seine Idole auch kritisieren können! Und dafür hat uns die 54-Jährige die perfekte Vorlage geliefert. Denn gleichzeitig mit ihrem neuen Album „This is Me… Now“ (der Fortsetzung ihres Erfolgsalbums „This is Me… Then“) wollte Jennifer Lopez auch einen Musicalfilm veröffentlichen, der die Inhalte der Songs widerspiegelt. Das Ergebnis: „This is Me… Now: A Love Story“.

Die Idee dahinter ist für Pop-Fans alles andere als neu. Eines der berühmtesten Beispiele der vergangenen Jahre ist wohl Beyoncés Lemonade“, das als „Visual Album“ im Jahr 2016 für jede Menge Begeisterung und Euphorie sorgte. Ein Erfolg, den Jennifer vielleicht ja im Hinterkopf hatte, als sie an ihren eigenen Visuals arbeitete. Denn im Vorfeld versprach die Sängerin in der offiziellen Beschreibung ein Filmspektakel, das „genreübergreifend“ sein sollte und „fantastische Kostüme, atemberaubende Choreografien und hochkarätige Cameos“ beinhaltet. Inhaltlich zeigt es „Lopez‘ Reise zur Liebe“, die sie aus ihrer Sicht erzählt. Im Fokus steht dabei die Musik aus ihrem neuen gleichnamigen Album, zu dem sie durch die wieder aufflammende Beziehung zu Ben Affleck inspiriert wurde. Die Messlatte legte sie im Vorfeld also gleich relativ hoch.

Was genau will sie uns damit sagen?

Das konnten wir uns natürlich nicht entgehen lassen. Und eines kann man J.Lo lassen: Ein Spektakel hat sie geschaffen. Jedoch vermutlich nicht so, wie sie es gerne hätte. Denn „This is Me… Now“ ist ein einziges Cringefest; und zwar in wirklich jeder Sekunde. Jennifer Lopez wollte mit dem einstündigen Film ihren Weg als „Hopeless Romantic“ nachzeichnen. Die junge J.Lo (in dem Film als „The Artist“ bezeichnet) ist von ihrem großen Heartbreak gezeichnet, als sie von einer Beziehung zur nächsten springt. Untermalt von den Songs aus dem Album sehen wir, wie Jennifer Lopez in nur einem einzigen Song ihre drei Ehen für kurze Zeit zelebriert, bevor alle drei dann in die Brüche gehen. Natürlich immer durch ein Verschulden der Männer!

Aus einer gewalttätigen und toxischen Beziehung macht J.Lo eine Choreonummer und Therapie-Sitzungen werden mit einer „Singin‘ in the Rain“-ähnlichen Performance beendet. Und von den Sternzeichen-Anspielungen haben wir noch gar nicht angefangen. Denn offensichtlich ist Jennifer Lopez ziemlich begeistert von Astrologie (gut, das können wir ja noch nachvollziehen). Wann immer eine Beziehung nicht klappt, haben die Sterne also Schuld. Und die einzelnen Tierkreiszeichen überwachen obendrauf noch ihr Liebesleben. Nope, wir machen hier keine Witze, das ist ein tatsächlicher Plot in dem Film. Wenn wir ehrlich sind auch einer der einzigen, die irgendwie Entertainment bieten. Denn die Sternzeichen werden von richtigen Superstars wie Jane Fonda, Keke Palmer und Post Malone gespielt.

Sind Hopeless Romantics wirklich solche Einzelfälle?

Dass die sich für so eine Rolle hergegeben haben, verstehen wir zwar wirklich nicht (die Freundschaft zu J.Lo muss offenbar wirklich groß sein), aber zumindest bekommen wir ein bisschen Abwechslung von dem nicht enden wollenden Selbstmitleid, in dem „The Artist“ 65 Minuten lang badet. Denn sie will doch einfach nur die große Liebe finden (andere Probleme gibt es in dieser Welt nicht und nein, Single bleiben ist auf Dauer auch keine Option)!

Sogar die große – und extrem vorhersehbare – Selbstfindung am Ende bekommt ihren Höhepunkt durch die Begegnung mit der großen Liebe – aka Ben Affleck. Dieser spielt sich in dem Film übrigens nicht selbst, sondern einen Nachrichtensprecher, der uns rein optisch aus irgendeinem Grund an Donald Trump erinnert.

Wer hatte die Idee, aus einer gewalttätigen Beziehung eine Choreo zu machen?

Doch obwohl „The Artist“ am Ende ihr Happy End findet – wir sind mit dem Ende alles andere als happy. Denn „This is me… Now: A Love Story“ findet in den 65 Minuten nicht den Grund – oder die Berechtigung – warum es notwendig war, überhaupt produziert zu werden. Die Geschichten passen zwar zueinander, durch die optisch unterschiedlichen Bereiche (von J.Los Wohnung, die aussieht, als hätte man sie bei den „Sims“ gebaut bis hin zu ihrem Herzen bei einem Heartbreak, das aussieht wie eine Rosenfabrik) wirkt der Film am Ende doch nur wie die Aneinanderreihung von mehreren Musikvideos.

Aber nicht alles in diesem Film ist schlecht. Die Momente, in denen sich J.Lo wirklich der Schauspielerei widmet, sind überraschend authentisch und echt. Man wünscht sich teilweise, dass die 54-Jährige stattdessen vielleicht mehr Arbeit in ein tatsächliches Biopic gesteckt hätte. Make-up und Outfits sind beeindruckend, wenn teilweise auch ein wenig over the top. In den Momenten, in denen die Choreografie nicht komplett unpassend wirkt (wir sind noch nicht über den toxischen Beziehungstanz hinweg), zeigen die Tänzer:innen beeindruckende Choreos. Das alles täuscht aber nicht über den riesigen Cringe-Faktor hinweg!

Jennifer Lopez bestätigt: Niemand wollte diesen Film finanzieren

Denn irgendwie ist „This is Me… Now: A Love Story“ am Ende nichts anderes als Jennifer Lopez, die uns allen noch einmal um die Nase binden möchte, dass Bennifer so glücklich wie nie zuvor ist. Aus ihren eigenen Liebesdramen will sie eine XXL RomCom machen; prinzipiell ja keine schlechte Idee – die Umsetzung sollte sich aber nicht ganz so unangenehm anfühlen, wie sie es in diesem Fall tut. Nicht alles in dem Film sei autobiografisch, betonte Jennifer Lopez im Vorfeld und lobte wieder und wieder die Meta-Ebene, die „This is Me… Now: A Love Story“ ihrer Meinung nach habe. Wir sehen hier ja nicht viel Meta und stattdessen nur jede Menge Plattitüden und uralte Klischees, die wieder aufgewärmt werden.

Mindestens genauso oft stellte J.Lo übrigens in den Fokus, dass sie selbst das Projekt finanziert hatte. Laut „Variety“ griff sie dafür ganz schön tief in die Tasche: Das Album, die Visuals und eine zusätzliche Dokumentation sollen sie insgesamt 20 Millionen Dollar gekostet haben, berichtet „Variety“. Geld, das Jennifer Lopez investieren wollte – und auch musste, wenn sie wollte, dass ihr Film jemals produziert wird. Denn im Interview mit „AP“ betonte die 54-Jährige: „Niemand wollte das Projekt machen. Das ist traurig, weil ich mich daran erinnere, wie ich aufgewachsen bin und es geliebt habe, diese Musikprojekte von meinen Lieblingskünstlern zu sehen, aber sie sehen es einfach nicht so. Ich wusste, dass es ein großes Risiko sein würde, aber irgendetwas trieb mich an, es wirklich durchzuziehen.“

Zwar kaufte Amazon das Projekt, sobald es fertig war; dennoch könnte J.Los Erfahrung für uns alle eine Lehre sein. Denn auch, wenn es immer heißt, man soll an den Dingen dranbleiben und die eigene Meinung vertreten: wenn wirklich JEDER sagt, dass das eigene Projekt keine gute Idee ist, sollte man vielleicht doch darauf hören. Denn auch, wenn Lopez mit ihrem Album und den Streams des Films bestimmt die Kosten wieder hineinbekommen wird: Wir werden dieses Cringe-Gefühl so schnell nicht mehr los.