Dass der durchschnittliche Römer kein Kind von Traurigkeit war, ist allgemein bekannt. Dass das Sexleben der Römer aber auch auf eine lange und befriedigende Geschichte von Sexspielzeugen wie dem eines Dildo zurückgreifen kann, eher weniger. Das beweist nun der Fund eines 2.000 Jahre alten Holzphallus in Originalgröße.

Die Forscher vermuten, dass der als „Stopfwerkzeug“ titulierte Schatz wahrscheinlich ein Dildo ist.

Die Geschichte der Sexspielzeuge ist ziemlich alt

Wer denkt, das moderne Sexleben wäre locker und tolerant – der irrt. Denn schon die alten Römer waren alles andere als prüde. Noch lange bevor das Christentum mit Höllenfeuer und Weihwasser ankam, zelebrierten die Römer versaute Rollenspiele bis zu hemmungslose Orgien. Ihre „Dirty Secrets“ brachten Wissenschaftler spätestens bei den Ausgrabungen von Pomeji (Ende 19 Jh.) zum Erröten.

Ihr buntes Treiben dürfte auch Archäologen in Nordengland bei Ausgrabungen eines römischen Kastells im Jahr 1992 etwas peinlich gewesen sein. Damals entdeckten sie ein rund 16 Zentimeter langes, behutsam zurecht geschliffenes Holzstück. Wahrscheinlich war das Teil einst größer, da Holz im Laufe der Jahre zum Schrumpfen und Verziehen neigt. Die Nähe zu einem Penis dürfte selbst 5-jährigen Betrachtern schnell klar gewesen sein. Die damaligen Wissenschaftler zogen es aber vor, das hölzerne Teil als „Stopfwerkzeug“ zu interpretieren. Mit dieser Titulierung fand, das gute Stück dann auch Eingang in die Sammlung des Museums von Vindolanda.

Das „Stopfwerkzeug“ ist ein Dildo

30 Jahre später bedurfte es einer Studie, die feststellt, dass die Bezeichnung „Stopfwerkzeug“ nicht ganz daneben – aber dennoch irreführend sei. Denn es handle sich tatsächlich um einen Holzphallus in lebensechter Größe. Das stellten die beiden Archäologen Rob Cross von der Uni Newcastle und Rob Sands vom University College Dublin nun in einem kürzlich in der Fachzeitschrift „Antiquity“ erschienenem Fachartikel klar. Die Analyse ergab, dass es sich damit um das erste bekannte Beispiel eines körperlosen Holzphallus der Römerzeit handelt. Ob dieser tatsächlich zum Einsatz kam, bleibt für die beiden Archäologen allerdings unklar.

Laut den Forschern bestehe auch die Möglichkeit, dass der Holzpenis nicht nur Tränen der Lust und Freude hervorgerufen hat. Denn in der Römerzeit wurden ähnliche Teile auch als Folterwerkzeug benutzt: „Manchmal wurden sie [Dildos] nicht immer zum Vergnügen benutzt“, so Cross im Gespräch mit The Guardian. „Sie können Folterinstrumente sein, daher verwende ich den Begriff Sexspielzeug sehr bewusst. Hoffentlich wurde es dafür verwendet. Das ist die aufregendste und faszinierendste Möglichkeit.“

Phallus als Glücksbringer, und Schutzsymbol

Eine weitere im Paper zur Diskussion gestellte Theorie besagt, dass das handliche Stück für kulinarische Zwecke zum Einsatz kam. Darauf könnten Bearbeitungsspuren an der Spitze hindeuten. Eventuell zum Zermahlen von Gewürzen, Heilkräutern oder Kosmetik. Die Form könnte dabei als vermeintlich magische Zutat gedient haben. Ähnlich dieser Annahme könnte der Vindolanda-Phallus auch als eine Art Glücksbringer Teil einer Statue gewesen sein. Passanten hätten das Berühren als Schutz vor Unglück gedient. Eine nicht unübliche Tradition im Römischen Reich.

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Bei all diesen Theorien ist eines fix: sämtliche Hinweise deuten darauf hin, dass das „Stopfwerkzeug“ in einem Innenraum aufbewahrt wurde. Eventuell gut aufbewahrt in einer Schatulle im Schlafzimmer ;-).