Shitstorm: Weight Watchers bewirbt mit Fake-Tinderprofil von Paul Ripke seine Abnehmprogramme
Das Abnehm-Unternehmen Weight Watchers startete auf Tinder eine ausgefallene Kampagne. Wer mit dem Fotografen Paul Ripke matcht, bekommt nämlich kein Date, sondern einen Link zur Weight Watchers Anmeldung. Eine Aktion, die ganz schön nach hinten losging.
Denn online gab es dafür einen heftigen Shitstorm!
Wer Paul matcht bekommt einen Link zum Abnehm-Unternehmen
Für viele Singles gehört das Tinder-Swipen mittlerweile wohl zu einem allabendlichen Ritual. Man wischt vorbei an Menschen, die man noch nie gesehen hat, Leute, die man irgendwie doch schon kennt und den immer gleichen Profilen inklusive geangeltem Fisch, Bergsteiger-Ästhetik und der Erkenntnis, wie wichtig die Körpergröße doch eigentlich (nicht) ist. Und dann stößt man endlich auf jemanden, den man eigentlich ganz interessant findet.
So ging es wohl einigen Frauen, die auf das Tinderprofil von Paul Ripke stießen. Denn auf den ersten Blick wirkt hier alles ganz schön interessant. Paul ist „angehender Meisterkoch“, was er auch gleich mit einem Foto von sich in der Küche beweist. Er ist Fotograf und Podcaster und steht auf Abwechslung „also in der Küche natürlich“, scherzt er auf seinem Profil.
„Ich probier richtig gerne neue Rezepte aus und versuche, mich ausgewogen zu ernähren“, schreibt Paul und betont auch, dass er gerne Sport macht. „Hast du auch Lust auf gesunde Gewohnheiten? Dann lass uns mal zusammen kochen!“, schließt die Bio schließlich ab. Worte, die sicher die ein oder andere überzeugen. Ein Mann der sich gesund ernährt, Humor hat und kochen kann – warum denn nicht mal sein Glück probieren.
Weight Watchers wirbt auf Tinder
Doch wer bei Paul nach rechts wischt, erlebt schnell eine sehr unangenehme Überraschung. Denn Paul ist eigentlich gar nicht Paul, sondern eine Werbung – und zwar ausgerechnet für „Weight Watchers“. Wer mit Paul matcht, bekommt also kein klassisches „Hey, wie gehts“ oder ein Kompliment für das eigene Profil, sondern eine Werbung für das Unternehmen. Denn obwohl Pauls Name bei dem Profil steht, heißt es anschließend, dass man ein Match mit Weight Watchers hat. „Du + gesunde Gewohnheiten= ❤️ Ich bin schon länger dabei und habe damit endlich zu mir und meiner Mitte gefunden“, heißt es in der Nachricht.
„Du sehnst dich auch nach Inspiration und Support auf deiner Reise zu mehr Balance und einem gesunden Lebensstil? Melde dich jetzt bei Weight Watchers an und komm auf den Geschmack neuer Gewohnheiten.“ Statt einer lieben Grußbotschaft schließt die Nachricht dann mit einem Link zur Anmeldung.
Ganz schön bizarr, oder? Das dachten sich auch einige Nutzerinnen, die auf die Werbung aufmerksam machten. Denn dass es sich bei Pauls Profil, der übrigens verheiratet ist und drei Kinder hat, eigentlich um eine Werbung handelt, war für sie beim Swipen schlichtweg nicht ersichtlich. Hinter Paul steckt übrigens der Starfotograf und Podcaster Paul Ripke. Er macht seit einigen Monaten Werbung für Weight Watchers, ist unter anderem einer der Hosts des Podcasts „Vitamin W“ und zeigt auf der Webseite des Unternehmens sogar eigene Rezepte. Von dieser Partnerschaft ist auf seinem vermeintlichen Dating-Profil zunächst jedoch nichts zu lesen.
Shitstorm gegen „grenzüberschreitende“ Aktion
Eine „richtig krasse“ Aktion, findet Podcasterin Kim Hoss, die schon Mitte November auf das Profil aufmerksam macht. Viele Follower:innen schreiben ihr daraufhin, wie entsetzt sie von der Aktion sind und wie negativ überrascht sie von dem Match waren. „Da fällt einem nichts mehr zu ein. Ich bin sprachlos. Und wütend. Das ist systematische Herabwürdigung“, schreibt ihr etwa eine Followerin. „Nicht nur, dass sich Frauen eh schon mit genug Deppen auf Tinder und sexueller Belästigung rumschlagen müssen. Nein, jetzt bekommt man auch noch sowas? Ungefragt auf ein gefaktes Match? […] Eine absolute Frechheit, grenzüberschreitend und respektlos“, betont eine andere.
Viele betonen online auch, dass sich das Match nicht mehr auflösen lässt. Nachdem Kim Paul Ripke in ihren Storys immer wieder markiert, meldet dieser sich schließlich per Sprachnachricht bei ihr und betont: „Die Werbung haben wir jetzt gestoppt auf Tinder. Vielen Dank, dass du das gesehen hast.“
Doch die Aufregung wird damit nicht geringer. Denn immer mehr Menschen werden auf das Thema aufmerksam. TikTok-User Steffen Geldner teilt die Geschichte etwa in einem Video und schildert auch, wie Weight Watchers selbst auf die Kritik reagiert. In einem Mail schreibt die Pressechefin des Unternehmens ihm nämlich: „Die Kampagne war von WW initiiert, Paul über entsprechende informiert. Wir haben verstanden, dass die Maßnahme in der Community auf Unverständnis gestoßen ist. Daher haben wir uns entschieden, diese umgehend einzustellen.“ Das Unternehmen betont außerdem, dass es „zu keiner Zeit unsere Absicht war, jemanden zu verletzen oder Irritationen hervorzurufen.“
Paul Ripke beendet Weight Watchers Kampagne
Zahlreiche weitere Userinnen betonten unter dem Video aber, wie verletzend die Aktion in ihren Augen ist. „Frage mich, ob sie das mit einem weiblichen ‚Brandambassor‘ auch gemacht hätten und dies dann Männern zugeschickt hätten. Bezweifle dies stark“, kommentiert etwa eine Userin. Die Aufregung wurde letztlich so groß, dass sich Paul Ripke jetzt selbst auf seinem Instagram-Profil dazu geäußert hat.
Und er betont, so wie die Werbung letztlich geschaltet wurde, hatte er die Aktion nicht erwartet. In einer Instagram-Story schreibt er nämlich, dass ihm die Idee vorgeschlagen wurde, dass alle Testimonials ein Profil bekommen, seines jedoch darauf ausgelegt wäre, einen „Koch-Buddy“ zu finden. Das Profil, das jedoch auf Tinder kursierte, war „sowohl ein anderes Foto als auch ein anderer Text“. Ripke betont, dass er bei diesem Profil absolut nachvollziehen kann, dass es „als übergriffig wahrgenommen“ wurde.
Er selbst habe Weight Watchers deshalb gebeten, das Profil zu entfernen. Er betont zwar, dass das Profil sehr wohl als Werbung gekennzeichnet war, weiß aber, dass es von den Nutzerinnen nicht als solche wahrgenommen wurde. Es war also eine „dumme Idee“, betont der Fotograf und hat abschließend klare Worte: „Ich möchte mich bei allen, die diese Werbung ausgespielt bekommen haben, persönlich entschuldigen.“ Seine Zusammenarbeit mit dem Unternehmen sei bis zum 1. Jänner 2023 beendet.