Kürzester Tag seit Aufzeichnungen gemessen: Warum dreht sich die Erde gerade schneller?
Habt ihr das Gefühl, dass die Zeit gerade noch schneller vergeht, als sonst? Das ist jetzt sogar wissenschaftlich belegt. Denn am 29. Juni 2022 kam es zu einem besonderen Phänomen: An diesem Tag hat sich die Erde so schnell gedreht, dass sie einen Rekord aufgestellt hat.
Nämlich jenen des kürzesten Tages seit Beginn der Messgeschichte mittels Atomuhren.
Rekord: Erde dreht sich schneller
Wir haben bestimmt alle schon einmal gesagt, dass die Tage wie im Flug vergehen. Doch während wir meistens Stress und viel Arbeit dafür verantwortlich machen, gibt es jetzt tatsächlich einen Grund, warum wir dieses Gefühl haben. Denn am 29. Juni 2022 stellte die Erde einen neuen Rekord auf. Sie drehte sich um ein Vielfaches schneller, weshalb der Tag auch kürzer war. Seine Rotation hat der Planet bereits vor zwei Jahren beschleunigt, doch so schnell wie Ende Juni hat er sich seit Beginn der Messgeschichte mit Atomuhren nicht gedreht.
Normalerweise besteht ein Tag aus insgesamt 86.400 Sekunden. Der Rekordtag war jedoch um 1,59 Millisekunden kürzer als die sonst üblichen 24 Stunden, wie die Betreiber des seit 1998 bestehenden Webportals timeanddate.com meldeten. Natürlich ist diese Zeitspanne für uns Menschen nicht spürbar gewesen – aber dennoch tut es irgendwie gut, einen Grund dafür zu finden, warum gerade alles schneller vergeht und wir uns Mitte August bereits Gedanken über den Jahreswechseln machen, oder etwa nicht?!
Forscher stehen vor Rätsel
Aus welchem Grund die Erde jetzt plötzlich begonnen hat, Gas zu geben, ist noch nicht erforscht. Doch Wissenschaftler:innen vertreten hier mehrere Thesen. So könnten etwa die Kontinentalverschiebung, der steigende Meeresspiegel oder auch die Klimaerwärmung dafür sorgen, dass die Rotationsgeschwindigkeit der Erde beeinflusst wird. Laut der US-Raumfahrtorganisation Nasa könnten auch die starken Winde des El Niño für den Rekord verantwortlich sein. Dabei handelt es sich um ein alle vier Jahre auftretendes Klimaphänomen, bei dem sich die Oberflächentemperatur und die Meeresströmung im Pazifik um den Äquator herum stark verändern.
Einige Forscher:innen vermuten außerdem einen Zusammenhang zwischen Tageslänge und Polschwankung. Damit meint man die langsame und irregulär schwingende Verlagerung der Erdachse. Diese wird im Englischen auch als „Chandler Wobble“, also „Chandler-Bewegung“ bezeichnet. Fest steht jedenfalls, dass sie Erde durch eine Zeitbeschleunigung denselben Punkt etwas früher passiert, als bisher. Selbst wenn es sich nur um weniger als zwei Millisekunden handelt.
Werden die Tage jetzt immer kürzer?
Eigentlich kennt man das Phänomen, dass die Tage immer kürzer werden, hauptsächlich im Winter. Das liegt jedoch daran, dass es früher finster wird und wir das Gefühl haben, dass der Tag bereits um 18 Uhr endet. Doch verlieren wir in Zukunft wirklich Zeit, wenn sich die Erde immer schneller dreht? Langfristig betrachtet lautet die Antwort hier: Nein. Ganz im Gegenteil.
Denn einige Forscher:innen beziehen sich auf das Muster einer längeren Zeitskala, das besagt, dass die Erde dazu neigt, sich zu verlangsamen. Bereits in den 70er-Jahren haben Wissenschaftler diese Rechnung erstellt. Das könnte auch am Mond liegen – denn tatsächlich verlangsamt der Himmelskörper langfristig die Rotation der Erde.
Vergleicht man den aktuellen Zeitpunkt außerdem mit jenem, der vor 1,4 Milliarden Jahren stattgefunden hat, waren die Tage damals nämlich erheblich kürzer. Statt den heutigen 24 Stunden, hat man hier nur 18 Stunden und 41 Minuten gemessen. Das beweisen auch wissenschaftliche Berechnungen aus dem Jahr 2018.