Seit der #MeToo-Bewegung hat sich auch auf Filmsets einiges verändert. Stars wie Keira Knightly („Fluch der Karibik“) oder Phoebe Dynevor („Bridgerton„) wollen keine Sexszenen mehr mit einem männlichen Regisseur drehen. Dazu kommt ein neues Berufsfeld aus Hollywood: Intimkoordinatoren.

Wir haben uns mal umgehört und sind auf Amanda Blumenthal gestoßen. Im miss-Interview verrät sie uns das Geheimnis ihres Jobs.

Was machen Intimkoordinatoren?

Die #MeToo-Debatte hat in Sachen Liebesszenen am Filmset einiges ins Rollen gebracht – US-Serien wie „The Deuce“ oder „Euphoria“ haben bereits einen Intimkoordinator, sogar „James Bond“ hat einen. Aber was genau macht so ein Intimkoordinator eigentlich?

Amanda: Die Hauptaufgabe in diesem Job ist es, dass sich die Schauspieler während des Filmens von intimen Szenen am Set wohlfühlen. Intimkoordinatoren haben mehrere Kernfunktionen, zum einen sind sie die Vertreter der Schauspieler – das gilt natürlich auch für die LGBTQIA+-Besetzung. Zum anderen sind sie aber auch das Verbindungsglied zwischen Schauspielern und Produktion, stellen sicher, dass Protokolle von simuliertem Sex und Nacktsein am Set eingehalten werden, und sind oft auch Choreografen oder Bewegungscoaches.

Du warst zuletzt bei der HBO-Serie „Euphoria“ am Set und hast mit Stars wie Zendaya hautnah zusammengearbeitet. Wie sieht denn ein typischer Arbeitstag bei dir aus?

Amanda: Es gibt nicht wirklich einen typischen Arbeitsalltag für mich, denn jede Szene ist einzigartig. Die meiste Zeit bereite ich mich zu Hause auf die Szenen vor. Ich bin eigentlich nur am Set, wenn geprobt wird, oder an den richtigen Drehtagen. Das ist jetzt nicht wirklich glamourös, aber die meisten meiner Tage beginnen mit E-Mails. Wenn ich dann am Set bin, gehe ich zuerst zur Kostümabteilung und vergewissere mich, dass wir vorbereitet sind, erst dann rede ich mit den Schauspielern.

Die Hauptaufgabe in diesem Job ist es, dass sich die Schauspieler während des Filmens von intimen Szenen am Set wohlfühlen.

Wie reagieren die Leute am Set, wenn sie mitbekommen, welchen Job du machst?

Amanda: Die meisten sind eigentlich angenehm überrascht. Viele wissen zwar, dass der Beruf existiert, haben aber noch nie mit so jemandem zusammengearbeitet. Außerdem zeigen sich viele von ihrer besten Seite, weil sie fürchten, dass ich von der Human-Resources-Abteilung komme, was ich aber nicht tue. Stellen wir uns mal vor, du bist gerade am Set.

Sitzt du nur dort und siehst beim Dreh zu oder darfst du auch dazwischengehen?

Amanda: Genau, ich bin direkt am Set, wenn eine intime Szene gedreht wird, und stehe neben dem Regisseur. Da kann ich dann gleich mit ihm darüber sprechen, wenn mir etwas auffällt. In Amerika dürfen wir zwar nicht „Cut!“ rufen, aber wir dürfen den Regisseur darauf aufmerksam machen.

Ich denke, dass unsere Kultur für so einen Job vor der #MeToo-Bewegung leider noch nicht bereit gewesen wäre.

Ist es für die Schauspieler Pflicht, dass sie dann mit dir reden, oder können sie das freiwillig entscheiden?

Amanda: Momentan gibt es keine Pflicht in der Film- und Serienbranche, dass ein Intimkoordinator engagiert werden muss. Selbst wenn ich an einem Set arbeite, kann es sein, dass ein Schauspieler es nicht für notwendig hält, mich dabeizuhaben; an anderen Sets wiederum haben die Schauspieler vom Regisseur her keine Wahl. Ich glaube aber sowieso, dass dieser Job in den nächsten Jahren zum Standard wird – genauso, wie es Stuntkoordinatoren am Set gibt.

Denkst du, dass der Beruf des Intimkoordinators ein bisschen zu spät kommt? Hätten die Vorfälle in der Filmbranche, die zum Auslöser der #MeToo-Bewegung wurden, verhindert werden können, wenn es den Beruf bereits seit Längerem gegeben hätte?

Amanda: Ja, ich glaube, der Beruf kommt sehr spät. Aber ich denke, dass unsere Kultur für so einen Job vor der #MeToo-Bewegung leider noch nicht bereit gewesen wäre. Ich glaube, dass es jetzt weniger Fälle von sexueller Belästigung an Sets geben wird, nachdem der Job des Intimkoordinators immer geläufiger wird. Aber ein Allheilmittel ist das bestimmt nicht.

Wie, denkst du, wird sich der Job entwickeln? Gibt es Intimkoordinatoren bald auch in Europa?

Amanda: Der Job entwickelt sich sehr schnell. Es ist zwar noch ein sehr junges Berufsfeld, aber es kommt definitiv auch nach Europa. Momentan arbeite ich an einem Projekt in Tschechien. Ich denke, es ist nur eine Frage der Zeit, bis die globale Filmindustrie aufspringt und Intimkoordinatoren zum Standard gehören.

Amanda Blumenthal verrät uns das Geheimnis ihres Jobs.
Bild: bereitgestellt

Mehr Infos dazu gibt es unter intimacycoordinator.com.