So schlecht steht es um die Rechte der LGBTI-Community in Ungarn
Die ungarische Regierung beschneidet zunehmend die Rechte der LGBTI-Community. Nun will das Land sogar Geschlechterdefinitionen in die Verfassung schreiben. Homosexuelle und Transmenschen werden gezielt unter Druck gesetzt.
Sogar die Menschenrechtskommissarin des Europarats, Dunja Mijatovic zeigte sich besorgt über die Lage von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgender und intergeschlechtlichen Menschen (LGBTI) in dem EU-Land. Der Europarat mit Sitz im französischen Straßburg setzt sich für die Wahrung der Menschenrechte in seinen 47 Mitgliedsstaaten ein. Er ist aber kein Organ der Europäischen Union.
„Mutter eine Frau, Vater ein Mann“
„Ich bin alarmiert ob der offensichtlichen Eskalation der Stigmatisierung von LGBTI-Menschen und der Beeinflussung ihrer Würde und Rechte zum politischen Vorteil“, so Mijatovic. Als Beispiel nannte sie ein Gesetzesvorhaben der ungarischen Regierung, durch das die Adoption von Kindern von Singles und gleichgeschlechtlichen Paaren nur noch mit Ausnahmegenehmigung möglich wäre. Die Regierung von Ministerpräsident Viktor Orbán will in die ungarische Verfassung schreiben lassen, dass „die Mutter eine Frau ist und der Vater ein Mann“.
Das ist aber nur ein Vorstoß von einem ganzen Bündel an Gesetzesentwürfen. Sie sollen etwa regeln, dass „die Basis einer Familie die Ehe ist“. Auch die ungarische Gleichstellungsbehörde EBH will man abschaffen und für Kinder „eine Erziehung gemäß der Werte, die auf Ungarns verfassungsmäßiger Identität und christlicher Kultur basieren“ sichern. Die Regierung von Ungarns rechtskonservativem Ministerpräsidenten Viktor Orbán scheint in der Verfassung Definitionen von Elternschaft und Geschlecht festlegen zu wollen. Diese richten sich gegen Homosexuelle und Transgenderpersonen. Man möchte festlegen, dass das Geschlecht eines Menschen bei der Geburt definiert und nicht mehr änderbar ist. Seit Mai ist es in Ungarn bereits verboten, eine Änderung des Geschlechts bei den Behörden eintragen zu lassen. Mit diesem Gesetz berücksichtigt man intersexuelle Kinder ebenso wenig wie Trans-Menschen.
Bereits seit 2012 ist in Ungarn die Ehe kraft der Verfassung als „Vereinigung aus Mann und Frau“ definiert. Homosexuelle Paare sind damit sowohl von einer Hochzeit als auch von einer Kindesadoption kategorisch ausgeschlossen.
Grundrechtecharta der EU
Doch Ungarn ist ein EU-Land. Und die Grundrechtecharta der EU sieht auch einen Schutz sexueller Minderheiten vor. Die EU und Ungarn liegen schon länger im Streit um die Einhaltung der Charta. Laut dem Rechtsstaatsmechanismus, der an das neue Sieben-Jahre-Budget der EU gekoppelt sein soll, könnte man bei Verstößen gegen die Grundrechtecharta künftig Zahlungen an die Mitgliedsstaaten kürzen. Orbán hat laut der Nachrichtenagentur AFP der EU-Kommission mit einem Veto gegen das EU-Budget gedroht, sollte man an dem Rechtsstaatsmechanismus festhalten. Das EU-Budget muss einstimmig von den Mitgliedsstaaten verabschiedet werden.
Warnung vor Folgen
Menschenrechtskommissarin Mijatovic warnte im Zusammenhang mit den verfassungsändernden Vorhaben vor stark negativen Folgen für Menschenrechte in Ungarn. Sie befürchte, dass mehrere Entwürfe des Gesetzespakets die Demokratie, die Rechtsstaatlichkeit und die Menschenrechte in Ungarn unterwandern könnten. „Solch weitreichende Gesetzesvorhaben, insbesondere Verfassungsänderungen, sollte man nicht während eines Notstandes einführen“, sagte Mijatovic. Sie rief das ungarische Parlament auf, mit der Abstimmung über die genannten Vorhaben bis nach dem Notstand zu warten.